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Die "Theorie der Geister=Kunde" 
 
1808 
 
 
 
 
 
 
Auf einer separaten Seite finden Sie: 
 
 
Die Prophezeiung von Cazotte über die Französische Revolution (kommentiert)  
 
 
 
 
 
Siehe hier, hier, hier und hier
 
Dieses Werk ist das wohl bekannteste von Jung-Stilling. Aber auch das, was bisher am wenigsten untersucht worden ist. (Siehe dazu hier.) Bereits 1805 kündigte Jung-Stilling es so an: 
Auf sehr wichtige und ehrwürdige Veranlassung und Aufforderung, werde ich künftigen Herbst und Winter ein Werk über Visionen und Ahnungen ausarbeiten, und dem Freunde Raw zum Verlag übergeben, es wird den Titul haben: Theorie der Geisterkunde, als Resultat vieljähriger Prüfungen und Beobachtungen, Vernunft= und Schriftmäsig erwiesen, und in ein richtiges Lehrgebäude geordnet, von u. s. w. ich hoffe dadurch dem Unglauben und dem Aberglauben ihr bestimmte Gränzen anzuweisen, und die Gemüther von solchen Dingen ab, und auf das eine Nothwendige zu leiten. 
Zugleich äußerte sich Jung-Stilling im selben Jahr umfangreich und sehr kritisch zu Hexen, Ahnungsvermögen, Tagwählen, Zauberei, Beschwörer, Wahrsager, Zeichendeuter; Kometen; Kaffeesatzleserei und anderen „okkulten“ Erscheinungen. Dieser Text ist bisher nicht im Zusammenhang mit der „Theorie der Geister=Kunde“ behandelt worden. Wegen seiner Länge findet er sich auf dieser Seite. 
 
Auch wenn dieses Werk in mehreren Nachdrucken vorliegt, so ist es sicherlich nützlich, hier das Inhaltsverzeichnis wieder zu geben. – Hier ist Grundlage die Ausgabe Nürnberg: Raw 1808. 
 
Ich empfehle die Ausgabe von 1979 (ISBN 3-8067-0832-0; Texte zum Literarischen Leben um 1800. Hrsg. v. Ernst Weber [Bd.] 8) mit dem Nachwort und wegen dieses Nachworts von Michael Titzmann. 
Michael Titzmann „Zu Jung-Stillings „Theorie der Geisterkunde“: Historischer Ort und Argumentationsstruktur“ in der Ausgabe: „Johann Heinrich Jung-Stilling / Theorie der Geisterkunde. / Mit einem Nachwort / von Michael Titzmann. / Gerstenberg Verlag Hildesheim / 1979“ = Texte zum Literarischen Leben um 1800. Hrsg. v. Ernst Weber [Bd.] 8. (= Reprographischer Druck der Ausgabe Nürnberg 1808.) ISBN 3-8067-0832-0. – XXVIII, 380 S. zuzügl. Nachwort S. 381*-417*. 
 
In diesem Zusammenhang mögen die rechtfertigenden Text stehen, den Jung-Stilling 1810 und 1813 schrieb und die bisher nicht berücksichtigt worden ist; sie sind hier nachgedruckt (s. o.). 
 
Hingewiesen sei auf das im Inhaltsverzeichnis der "Theorie" nicht genannte fünfte Hauptstück, das in 55 Paragraphen eine Übersicht der gesamten Schrift darstellt. Diese 55 Paragraphen sind kommentiert und um andere Texte ergänzt zu finden in: 
Johann Heinrich Jung-Stilling. Geister, Gespenster und Hades. Wahre und falsche Ansichten. Hrsg. u. eingel. v. Gerhard Merk. Siegen: Jung-Stilling-Gesellschaft (1993. ISBN 3-928984-05-5) = Jung-Stilling-Studien Bd. 1.  
„Diese Basis ermöglicht eine weiterführende Auseinandersetzung mit einem der bekanntesten Bereiche in Jung-Stilling Lebenswerk, der zugleich am meisten umstritten ist.“ (Klaus Goebel). –
 
Diethard Sawicki: Leben mit den Toten. Geisterglauben und die Entstehung des Spiritismus in Deutschland 1770-1900. Paderborn usw.: Schöningh 2002, ISBN 3-506-77590-1, S. 56-58; vgl. zu Sawicki auch hier
 
 
Ungeklärt bleibt der Hinweis, dass die „Theorie“ bereits 1803 (!) in einer ersten Auflage bei Raw in Nürnberg erschienen sein soll. Dem widerspricht auch die obige Ankündigung von 1805. Es dürfte sich um einen Druckfehler aus dem Jahr 1881 handeln, der übernommen worden ist von 
Walter Hahn: Der „Verlag der Raw’schen Buchhandlung“ und die Deutsche Christentumsgesellschaft in Nürnberg 1789-1826. – In: Zeitschrift für Bayerische Kirchengeschichte 45, 1976, S. 83-173, hier S. 152, Nr. 99.
 
Hahn übernimmt die Angaben von:
Buch- und Kunst-Katalog. Gesammt-Verlags-Katalog des Deutschen Buchhandels. – Ein Bild deutscher Geistesarbeit und Cultur. Vollständig bis Ende 1880. [Bd.:] VIII. Leisnig –Nürnberg. München, Hauptstadt von Bayern. - Münster i/W. 1881. Adolph Russell’s Verlag. Leipzig: E. F. Steinacker; hier Sp. 1302-1303. 
 
 
Die „Theorie“ führte in Württemberg zu einer Änderung des Zensurwesens, wie eine gelehrte Untersuchung aus dem Jahr 1995 nachweist. 
 
Man vgl. auch die interessante Nacherzählung der Theorie durch Georg Michael von Weber. 
 
Vgl. ganz allgemein: 
 
Diethard Sawicki: Leben mit den Toten. Geisterglauben und die Entstehung des Spiritismus. Paderborn: Schönigh 2002, ISBN 3-506-77590-1. 
 
Gero von Wilpert: Die deutsche Gespenstergeschichte Motiv – Form – Entwicklung. Stuttgart: Kröner (1994. ISBN 3-520-40601-2) = Kröners Taschenausgabe Bd. 406, S. 185-187. 
 
(Zur möglichen Erheiterung siehe man den Aufsatz „Misshandlung eines Gespenstes“ Von Albert Hellwig.“ in der Zeitschrift des Vereins für Volkskunde 24, 1914, S. 175-182, worin eine 1907 stattgefundene Mißhandlung eines Gespenstes juristisch verfolgt wurde.) 
 
 
Gerade diese "Theorie der Geister-Kunde" aber ist es neben den „Szenen aus dem Geisterreiche“, das Jung-Stilling fälschlich in die Ecke der Esoterik, gar der Sektiererei brachte. So erschien zwischen 1880 und 1922 das folgende Buch, das Jung-Stillings Intention völlig missachtet: 
Zehntes und Elftes / Buch Moses / oder Theorie der / Geisterkunde / Was von Ahnungen, Gesichten und Geistererschei- / nungen geglaubt und nicht geglaubt werden müßte. / - / Mit einem Porträt: „Die weiße Frau.“ / - / Inhalts-Verzeichnis. 
[= S. 1; verso vakat; Text S. (3)-342; S. 343 „Inhaltsverzeichnis.“, S. (344): „Berlin-Weißensee. / Druck von E. Bartels.“] 
 
Am rechten Rand finden sich drei schwarze Siegelabdrücke. 
 
Durch das Hineinstellen der „Theorie“ in den Zusammenhang mit Zauberbüchern (6. und7. Buch Mose = „Das legendäre magische Grimoire“; = Zauberbuch), die als „berüchtigt“ bezeichnet werden, ist Jung-Stilling eindeutig fehlplaziert. –
 
 
Es handelt sich um eine Ausgabe aus dem Jahr 1921 bzw. 1922, denn zu dieser Zeit erschien eine „Theorie der Geister-Kunde“ in „Berlin-Weißensee / Verlag von H. W. Theodor Dieter“, worin es S. 344 heißt: „Verlagsdruck von E. Bartels, Berlin=Weißensee.“ Das Porträt der „Gräfin von Orlamünde“ ist ebenso identisch, wie der Druckstock.  
 
Allein nahm man nun voluminöseres Papier und statt der Fadenheftung wurden Metallklammern verwendet. Unklar ist noch, ob die Klebebandstreifen auf Titelblatt und letztem Blatt der Versiegelung dienten; die drei Siegel liegen jedoch über diesen Stoffstreifen.
 
 
Damit bestätigt sich das, was Stephan Bachter feststellt: daß ein Titel wie „x-tes Buch Moses“ zugkräftig ist, und eine bestimmte Klientel bedient (siehe diesen URL).
 
Zudem werden unterschiedlichste Texte unter diesen Titeln herausgebracht; ein fester Inhalt ist nicht gegeben. – Interessant ist auch, daß gerade der Stuttgarter Verlag von Johann Scheible 1849 das erste erhaltene Druckexemplar des 6. und 7. Buchs Mosis verlegte.
Bei Scheible erschienen von 1835 bis 1838 Jung-Stillings „sämmtliche Schriften“, von „Dr. J. N. Grollmann“ herausgegeben, über den wir bisher nichts wissen. – Ein heutiger Verlag (siehe diesen URL) bietet mittlerweile „Das 13. Buch der Moses-Bibel“ an; alle Bände sind „mit einem Totenkopfsiegel versiegelt“. Die „Theorie der Geister-Kunde“ Jung-Stillings fehlt hier allerdings (noch ?). 
 

Nachtrag:

Das sechste und siebente Buch Mosis ist der Titel mehrerer Publikationen seit 1797; 1849 in einem Band beim Verlag Scheible in Stuttgart erschienen. Es wurde 1851 und 1853 mit Zusätzen neu gedruckt; in dieser Form erlebt es seither bis heute neue Auflagen. So steht das folgende Werk in einer Traditionslinie.