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Siehe auch hier, hier, hier und hier!
Jung-Stilling rechtfertigt seine „Theorie der Geister=Kunde“ 1810:
Als ich meine Theorie der Geisterkunde schrieb, da fiel es mir nicht von ferne ein, daß es erweckte wahre Christen geben könnte, die meinen, gewiß heilsamen Zweck verkennen würden: da es auf der einen Seiten so viele Leute unter dem gemeinen Volk giebt, die sich so gar sehr für Gespenster fürchten, so wollte ich ihnen beweisen, daß unter hundert Geister=Erscheinungen kaum eine einzige Wahr, und diese auch weder zu suchen noch zu fürchten seye.
Ferner: da es auch verschiedene und besonders unter einer gewissen Menschenclasse, Männer giebt, die mit Heißhunger nach dem Umgang mit Geistern lechzen, um von Ihnen zu lernen und Geheimnisse zu erfahren, so wollte ich Ihnen zeigen, daß man von Geistern nicht allein nichts lernen, sondern an dessen Stelle häßlich betrogen werden könne. Ferner: da es besonders seit hundert Jahren her, so viele Propheten und Prophetinnen giebt, die in die nahe Zukunft hinein zu sehen wähnen, so was mir eine grose Angelegenheit zu zeigen was von solchen Geistersehern und Wahrsagern und Wahrsagerinnen zu halten sey, nämlich ganz und gar nichts, weil es eigentlich nichts mehr und nichts weniger als eine Nervenkrankheit sey; dies bewieß ich aus meinen vielen Erfahrungen vom thierischen Magnetismus, und aus andern philosophischen Gründen, und endlich: da wir uns einer Zeit nahen in welcher der falsche Prophet, und das Thier aus dem Abgrund, die Menschen mit vielen lügenhaften Zeichen und Wundern täuschen und zu verführen suchen werden. so hatte ich auch die Absicht zu zeigen, daß es viele verborgene Kräfte in der leblosen und menschlichen Natur gebe, die wenige Menschen kennen und deren Würkungen gar leicht für göttlich angesehen werden können; wodurch dann entsezliches Unheil entstehen kann.
Ueberhaupt aber, und vornämlich war mein Hauptzweck, dem (nach des seel. Luthers Ausdruck) grosen Haufen von der falschen Aufklärung zu zeigen daß es doch gewiß wahr sey daß die Seele nach dem Tod fort lebe, und daß ihre grose Weisheit durchaus auf falschen Vordersätzen beruhe. Wer mein Buch aufmerksam liest, der wird das Alles wahr finden, was ich hier gesagt habe; daß es Freygeistern und Neologen ein Dorn in den Augen ist, weil sie mit Grund die darinnen erzählten Thatsachen nicht läugnen und mich auch auf keine Weise widerlegen können, und daher keinen andern Rath wissen, als meiner zu spotten, mich verächtlich zu machen und wo sie können, das Lesen dieses Buchs zu verhindern, das ist begreiflich, aber das nicht, daß es wahrhaft fromme, erweckte, und im Grund verständige und gelehrte Männer giebt, die dies Buch als höchst gefährlich erklären, und besonders junge Leute für dem Lesen desselben warnen, denen es doch ein wahres Verwahrungs=Mittel gegen den Unglauben, und die Gefahren der nahen Zukunft seyn würde. Diesen Männern sage ich hier frey und öffentlich, daß es ihnen dereinst schwer werden wird, gegen den Stachel zu lecken, dann, wann mir so viele junge Zweifler für die Rettung ihrer Seelen durch dieses Buch dancken werden. Daß dies gewiß geschehen wird, davon habe ich schon verschiedene schriftliche Beweiße in Händen.
Schrecklich ist es, wie weit schon der giftige Hauch des Drachen ins Heiligthum eingedrungen ist, so daß verehrungswürdige und heilige Männer davon angeweht, dunkel und betäubt, solche lichthelle Sachen ansehen. Aber bald, bald, wird der Drache aus dem Himmel auf die Erde herabgeworfen, dann aber wehe auch denen, die darauf wohnen!
Die ehrwürdigen Baseler Theologen hab ich hier nicht im Auge; ich weiß nun das Verhältnis und die Quelle aus welcher ihr Gutachten geflossen ist, und bin mit Ihnen wohl zufrieden.
Dieses muste ich voran gehen lassen, ehe ich folgende Bemerkung meinen lieben Lesern mittheilen konnte. Ich habe in gedachter Theorie der Geisterkunde durch Erfahrungen bewiesen, daß es Leute gebe, welche Geister sehen können, und zwar da, wo andere nichts sehen. Gewöhnlich ist das Täuschung der Einbildungskraft, sie wähnen etwas zu sehen, das nicht existirt; hieher gehören die Phantome die Herr Nikolai in Berlin sahe, und die er durch abführende Mittel wegbannte;
Friedrich Nicolai (1733-1811) hatte im Februar 1799 eine Erscheinung, worüber auch eine 38seitige Schrift broschirt 8° in Berlin erschien. - 1808 las man in einer Zeitung: „Es ist bekannt, was Nicolai in einer Vorlesung vor der Academie in Berlin von sich erzählte: nach Genesung von einer Krankheit seyen ihm immer schwarze Gestalten vorgeschwebt, nach Anlegung von Blut=Ygeln [Blutegel; Hirudo medicinalis] seyn sie immer dünner geworden, und endlich gar verschwunden.“
aber es giebt auch Fälle, wo der Eine würklich etwas Geistiges sieht, das ein Anderer nicht sehen kann; der Beweiß hievon steht 2 Kön. 6. Man lese das Capitel ganz! Der König von Syrien gerieth mit dem König von Israel in einen Krieg; nun hatte dieser den Propheten Elisa bey sich, der ihm immer die geheimen Anschläge der Syrer au göttlichem Eingeben sagte.
Dies ärgerte den König von Syrien, und er glaubte, es müste jemand von seinen Leuten mit dem König von Israel in gutem Vernehmen stehen, und ihm seine Kriegsplane berathen; da ihm aber jemand sagte, der Prophet Elisa entdecke ihm alles, so suchte er ihn in seine Hände zu bekommen; er erkundigte sich also, wo sich der Prophet aufhalte, und da er erfuhr, daß er in dem Städtchen Dothan wäre, so sandte er ein starkes Commando dahin, um den Propheten gefangen zu nehmen, und zu ihm zu bringen. Dieses Commando kam in der Nacht zu Dothan an als die Thore geschlossen waren; die Syrer umringten die Stadt, damit er ihnen nicht entwischen konnte, und wartete bis den Morgen. Als es nun Tag war, so sahe der Bediente des Propheten Elisa durchs Fenster, und entdeckte mit Schrecken, daß die Syrer die Stadt eingeschlossen hatten, flugs sagte er das mit Angst seinem Herrn.
Dieser aber tröstete ihn mit den Worten: fürchte dich nicht, denn derer ist mehr, die bey uns sind, als derer die bey ihnen sind. Dann bätete er: Herrr öfne ihm die Augen! und nun sahe der Bediente, daß er und sein Heer mit einer himmlischen Heerschaar umgeben war.
Wenn auch uns die Augen geöfnet wären, so würden wir sehen, daß wir ganz mit geistigen Wesen umgeben sind, die uns theils zur Bewahrung dienen, theils aber auch, aus göttlichem Zulassen, uns auf alle Weise zur Sünde zu reizen, und zu verführen suchen. Es ist also gewiß daß es Leute giebt, die etwas sehen können, das Andere nicht sehen: Hier öfnete Gott dem Bedienten die innern Augen. Wem sie aber von Natur geöfnet sind, der sieht so etwas ohne unmittelbare göttliche Einwürkung; dies ist aber kein Beweiß daß auch solche Leute vorzüglich von Gott begnadigt sind; denn ich weiß Beyspiele gnug, daß auch schlechte liederliche und ausschweifende Leute würklich Aussichten ins Geisterreich und in die nahe Zukunft haben. Diese Eigenschaft ist vielmehr eine Krankheit der Nerven, als eine göttliche Gnade.
Eine andere, hieher gehörige Bibelstelle, finden wir im Propheten Daniel, Cap. 10. V. 7. Im dritten Jahr der Regierung des Königes Cyrus in Persien, bey dem sich Daniel im Schluß Susan aufhielt, überfiel diesen Propheten eine schwere Traurigkeit, die Schicksale seine Volks lagen ihm schwer auf dem Herzen; drey Wochen lang festete er, und trauerte; nun gieng er mit einigen Freunden am Fluß Hidekel spatzieren; auf einmal sahe er eine furchtbar majestätische männliche Gestalt vor sich, die derjenigen ganz ähnlich war die auch Johannes in seiner Offenbarung Cap. 1 sahe. Daniel sahe dies Gesicht allein, und die Männer die bey ihm waren sahen es nicht, aber es überfiel sie ein Schrecken, so daß sie flohen und sich verkrochen. Das was Daniel hier sahe, war keine Täuschung; Er sahe in der That einen Engel, wie aus dem Verfolg erhellet. Er war ein Prophet dem der innere Sinn geöfnet war, eben weil ihm [sic] Gott zum Propheten zubereitet hatte, seine Begleiter aber hatten diese Eigenschaft nicht, darum sahen sie auch nichts. Endlich kommt auch noch etwas ähnliches bey der Bekehrung Pauli vor: Ap. Gesch. 9. In der Nähe von Damaskus überfiel ihn plözlich ein Licht vom Himmel, und eine Stimme redete ihn an, u. s. w. die Männer aber die bey ihm waren hörten eine Stimme und sahen niemand. Hier sind also drey biblische Zeugnisse, daß es Leute giebt, die ohne Täuschung würklich Geister sehen können, und andere nicht. Dies muß also wahre Christen die an die Bibel glauben, überzeugen, daß meine Aeusserungen über diesen Punct, in meiner Theorie der Geisterkunde in der heiligen Schrift gegründet sind. Ich habe auch in gedachtem Buch der sonderbaren Erscheinung gedacht, daß ein Mensch bey seinem Leben, an einem entfernten Ort erscheinen kann, und auch wahre, und sehr merkwürdige Beyspiele davon angeführt; dieser giebt es so viele unzweifelbare, daß gar keine Einwendung dagegen statt findet. Noch vorm Jahr erzählte mir ein groser Gelehrter, und in einem ansehnlichen Amt stehender Mann, NB. der auch unter die Classe der Philosophen gehört, daß ihm an einem Morgen ein entfernter Freund in Schlafkappe und Schlafrock erschienen sey, und ihm gesagt habe: Freund! ich sterbe, wenn Sie meine Stelle bekommen, so sorgen sie für meine Frau und Kinder – einige Tage nachher bekam er Briefe von dorther, die ihm den Tod seines Freundes der etwas später als die Erscheinung erfolgt war, ankündigten. Dieser Mann zeigte mir nun die Briefe, die er mit einem andern Freund über diesen gewechselt hatte. Diese Geschichte ist also schlechterdings keinem Zweifel unterworfen.
Fragt man mich: Aber wozu soll das Alles dienen? so antworte ich: man bestrebt sich ja auf alle Weise, die Erscheinungen in der Körperwelt zu untersuchen, und das ist auch recht und löblich; aber warum will man dann die Erscheinungen in der viel wichtigern Geisterwelt nicht auch untersuchen? – Daß es der Philosoph nach der Mode nicht leiden kann, ist natürlich, aber daß der Christ sich hier auf seine Seite schlägt, das ist nicht natürlich, dessen soll er sich billig schämen. Fürchtet er Aberglauben, so ist ja mein Buch deswegen geschrieben, um den Aberglauben zu verhüten; oder glaubt er, die Kinder möchten sich wider für Gespenster fürchten, so antworte ich da Nämliche: denn wer das glaubt, was ich geschrieben habe, der braucht sich nicht zu fürchten, und wer es nicht glaubt, und siehr dann hernach etwas in der Art, der fürchtet sich dann desto mehr.
Jung-Stilling rechtfertigt seine „Theorie der Geister=Kunde“ 1813:
Kein Buch der neuern Zeit hat aber mehr Widerspruch gefunden, und mehr schiefe Urtheile veranlaßt als Stillings Theorie der Geisterkunde, und würklich dadurch ist wieder unter den Erweckten die Spaltung vermehrt worden:
denn Viele halten dies Werk für die nächstkünftige Zeit besonders nöthig und nüzlich, Andere dagegen für höchstschädlich. Ich bitte um Gottes= und der Wahrheit willen folgende Satze genau zu prüfen:
Da die heut zu Tage herrschende Denkart, die aus der falschen Aufklärung entstanden ist, die Bibellehre von Engeln, Geistern, von der Fortdauer der menschlichen Seele nach dem Tod, und ihrem Schicksalen nicht annimmt, so frage ich jeden auf sein Gewissen, ob es nicht Pflicht sey, die unzweiffelbaren Erfahrungs=Zeugnisse von Erscheinungen verstorbener Menschen öffentlich bekannt zu machen und dadurch die Bibellehre zu bewahrheiten?
Wer dieser Beweise nicht bedarf, der kann ja das Buch ungelesen lassen, aber er soll es nicht verurtheilen. Daß den Ungläubigen Bibel= und Religionsfeinden ein solches Werk ein Dorn in den Augen ist, das läst sich begreifen, denn sie können wahrhafte Thatsachen nicht läugnen, wenn sie aber wahr sind, so ist ihre ganze Aufklärung falsch, dies ist ihnen nun unerträglich, daher bleibt ihnen nichts übrig, als Schimpfen, Spotten, und Lästern, um so viel möglich das Publikum vom Lesen abzuschrecken. Man nennt Stilling einen Geisterseher, so gar einen berüchtigten Geisterseher, der doch in seinem Leben keinen Geist, oder irgend etwas Uebernatürliches gesehen hat. Daß aber nun Erweckte, so gar erleuchtete und gelehrte Erweckte, in den nämlichen Aufklärungston mit einstimmen, und für der Geisterkunde mündlich und schriftlich warnen, das ist mir eine unbegreifliche Erscheinung. Dies war also der erste Grund warum die Theorie der Geisterkunde im Druck erschien, aber es giebt noch einen zweyten:
Im 2ten Brief an die Thessalonicher im 2ten Capitel V. 9. 10. u. 11. heist es: Deß welches Zukunft geschieht nach der Wirkung des Satans, mit allerley lügenhaftigen Kräften und Zeichen und Wundern, und mit allerley Verführung zur Ungerechtigkeit, unter denen die verlohren werden, dafür daß sie die Liebe zur Wahrheit nicht haben angenommen, daß sie selig würden, darum wird ihnen Gott kräftige Irrthümer senden daß sie glauben der Lügen, u. s. w.
Wie sehr paßt diese Weissagung schon zum Theil auf unsere Zeit? – Da haben wir schon einen Beweiß mehr, daß die Zukunft des Herrn nicht mehr fern ist. Diese lügenhaftige Kräfte Zeichen und Wunder, diese kräftige Irrthümer, zeigen sich und würken um so viel gefährlicher, wenn sie in himmlischer Lichtsgestalt, durch Entzückungen, Träume und Ahnungen die erweckten aber noch unerfahrne Seelen täuschen, und auf eine erbärmliche Art nach und nach auf Abwege leiten, und endlich ins Verderben stürzen. Davon hat Stilling in seinem Theobald oder die Schwärmer wahre Thatsachen bekannt gemacht, und ihre Gefahr lebhaft geschildert. Da nun in diesen unsern Ahnungsvollen wichtigen Zeiten solche lügenhaftige Zeichen, Wunder, und kräftige Irrthümer am allergefährlichsten sind, weil sich ihrer der auf die Erde geworfene Drache bedient, auch wenns möglich wäre, die Auserwählten zu verführen, so ist ja nichts nöthiger und nichts dringend wichtiger, als dem christlichen Publikum zu zeigen was von solchen Entzückungen, Träumen, und Ahnungen zu halten ist; und daß sie mehrentheils, wo nicht gar alle, Würckungen, einer natürlichen Nerven=Verfassung, und überspannten Phantasie sind, auf welche dann die guten und bösen Geister diese in Lichtengels Gestalt, einfliesen, und solche falsche Wunder und kräftige Irrthümer bewürken. Daß solche inspirirte Personen vieles voraus sagen das eintrift, beweißt deswegen nichts, weil sie eben so vieles prophezeyen das nicht geschieht.
Für dieses kräftigen Irrthümern warnt die Theorie der Geisterkunde durch unwiderlegbare Gründe, darüber tobt nun der Feind der Wahrheit mit seinen Anhängern, und leider! auch Freunde der Wahrheit eifern mit Unverstand dagegen; muß man dann nicht alle Erscheinungen in der Natur untersuchen, um sich dadurch zu belehren? Warum schreckt man dann jeden Wahrheitsfreund auf eine so unedle und spöttische Weise von der Untersuchung der allerwichtigsten Erscheinungen zurück? – Dann würde sich ja finden was Täuschung und Wahrheit und Aberglauben ist.
Jung-Stilling äußert sich kritisch über "okkulte" Erscheinungen
Der folgende Text aus dem Jahr 1805 ist eine Art Vorläufer der 1808 erschienenen "Theorie der Geister=Kunde" und bisher bei Untersuchungen der "Theorie" noch nicht berücksichtigt worden. Darum sei er hier wiedergegeben.
Das Opfern und Verbrennen der Thiere war von Anbeginn an im Gebrauch, und aus bekannten Ursachen von Gott befohlen worden; um also ein recht wichtiges Opfer zu bringen kam man auf den abscheulichen Gedanken, ein Kind zu opfern, und dies geschah entweder um ein groses Unglück abzuwenden, oder ein groses Glück in der Welt zu erlangen; um seelig zu werden that man zu der Zeit nichts, weil man von einem glücklichen, oder unglücklichen Zustand nach diesem Leben entweder noch gar keinen, oder doch einen nur dunkeln und unrichtigen Begrif hatte. Diese Art zu opfern war gräßlich! und geschahe auf zweyerley Weise, entweder machte man ein Bild von Kupfer, mit einem Ochsen=Kopf, welches inwendig hohl war, glüend, und warf das Kind durch eine Oefnung hinein, oder man ließ nur das Kind durch ein flammendes Feuer laufen, oder führte es hindurch, wodurch es gewöhnlich bey dem Leben erhalten, und wieder geheilt wurde. Diesen teufelischen Gebrauch nannte man dem Moloch opfern. Auf eine so grobe Weise geschieht dies wohl nun nicht mehr, aber man opfert sie nun der Aufklärung, wodurch sie selbst der ewigen Seligkeit verlustig werden.
Die Weissager waren Leute, welche ein entwickeltes Ahnungs Vermögen hatten, und also öfters Dinge, die in der nahen Zukunft geschehen würden, voraus sahen, sich dann damit grosmachten, und nun alle Mittel anwendeten, um dies Ahnungs Vermögen noch mehr zu entwickeln, und dadurch dann den Leuten zukünftige Dinge vorherzusagen, theils um sich Güter zu erwerben, reich zu werden, theils auch um das Ansehen einer besondern Heiligkeit zu bekommen; die falsche Propheten des alten Testaments, unter andern auch Bileam waren von dieser Art. Auch uner uns findet man dergleichen Weissagereyen sehr häufig. Hysterische Frauenspersonen und hypochondrische Männer, haben gar oft Träume, Gesichte, und Entzückungen, in welchen sie zukünftige Dinge vorhersagen, oder auch anzeigen, was in der Ferne geschieht, und beydes trift ein, dies hat aber einen natürlichen Grund in der menschlichen Seele, und ist nichts übernatürliches und noch weniger etwas göttliches, sondern wieter nichts, als eine Nervenkrankheit, wodurch die Seele vom Körper mehr oder weniger entbunden wird, folglich freyer würkt, und gleichsam in einen erhöhten Zustand geräth. Zu unsern Zeiten hat man die Kunst erfunden, Leute, welche kränklich sind, und sehr empfindsame Nerven haben, in diesen Zustand zu versetzen; man nennt diese Kunst, den thierischen Magnetismus.
Da man die Krankheit des entwickelten Ahnungs=Vermögens nicht kannte, und zugleich glaubte, kein Mensch könne irgend etwas von er Zukunft ahnen, so sahe man die Sache als etwas Göttliches an, und bezog sie auf die Propheten des alten Testaments; die Kranken glaubten dies nun selbst, ihre glüende Imagination alterirte das Ahnungs=Vermögen, und so kamen abscheuliche Sekten und Schwärmereyen zum Vorschein, die Christum und seine Religion entehrten. Wenn jemand auf irgend eine Weise etwas ahnet, das hernach eintrift, und es ist eine Warnung gewesen, die man befolgt hat, und man ist dadurch für einem Unglück bewahrt geblieben, so danke man Gott dafür, übrigens aber mach man ja nichts Göttliches, oder gar eine göttliche Offenbarung daraus, am wenigsten aber soll man Leute die diese Krankheit haben, fragen, oder zu Rath ziehen: denn ein solcher Vorwitz ist dem Herrn ein Gräuel; wir sollen durch aus die Zukunft nicht erforschen, und überhaupt das nicht wissen wollen, was wir auf den erlaubten gottgefälligen natürlichen Wegen nicht erfahren können, und was uns Gott durch den Geist der Weissagung nicht offenbart hat, und nicht offenbaren will.
Unter den Tagwählern werden Leute verstanden, welche entweder aus den Sternen, oder sonst aus abergläubischen Ursachen bestimmen wollen, ob ein gewisses Geschäft an einem gewissen Tag mit Glück vorgenommen werden könne oder nicht? daß auch die Vorherbestimmung eines glücklichen oder unglücklichen Ausgangs einer Sache eine schwere Sünde sey, erhellte aus zweyen Ursachen: denn
1.) ist es abermals eine vorwitzige Erforschung der Zukunft, welche Gott durchaus verbotten hat, und
2.) setzt es die allesregierende Vorsehung in die Lage, Rücksicht auf solche elende abergläubische Mittel zu nehmen, um ihre Zwecke zu erreichen, wie wir davon Ezech. 21, v 21. 22. ein Beispiel finden, wo nämlich Jehovah durch den Propheten vorher sagt, der König zu Babel werde durch Pfeile loosen und die Eingeweide der Thiere besehen um zu erfahren, welche Stadt er zuerst angreifen solle; und die Wahrsagung werde auf Jerusalem deuten – hieraus ist klar, daß wenn man sich solcher nichtswürdiger Mittel bedient, um den Willen Gottes zu erfahren, die Vorsehung auf diese Mittel würken müße, damit das geschehe, was geschehen soll: dies ist also ein Eingrif in die Majestäts=Rechte Gottes, und eigentlich das was man Gott versuchen nennt.
Das Tagwählen war von jeher leyder! auch in der Christenheit ein herrschendes Verbrechen, und wenigstens unter den gemeinen Leuten, ist es noch bei weitem nicht ausgetilgt; den Beweiß davon findet man, in dem grosen Absaz so vieler Calender, die noch immer enzeigen, an welchem Tage gut Aderlaßen, gut schrepfen, gut Haar abschneiden, gut Holzfällen u. d. g. sey. Auf diesen Unfug sollen die Prediger genau acht haben, und dann den Leuten auf der Canzel lebhaft vorstellen, daß die Beobachtung solcher grundlosen Regeln wahre Tagwählerey und dem Herrn ein Gräuel sey.
Das achten auf Vogelgeschrey, oder auch auf den Flug der Vögel, um daraus zu weissagen, und zu erfahren, ob ein anzufangendes Werk gelingen werde oder nicht, war bei den alten heidnischen Völkern sehr gewöhnlich: wenn also die Vorsehung wollte, daß dieser oder jener Fürst, oder Kriegsheld, ein gewisses wichtiges Geschäfte unernehmen sollte, so mußte sice sich nach seinem Aberglauben bequemen, und die Vögel so schreyen, oder so fliegen laßen, wie es der abgöttische Aberglaube erforderte, denn sonst geschahe das nicht, was dem Weltregierungsplan gemäß war; ist das nun nicht abscheulich? – Hieher gehört auch, der elende Aberglaube unter uns, daß nämlich eine gewisse Eulenart durch ihr Kreischen am Fenster, besonders des Nachts, den nahen Tod eines Menschen in dem Hauße anzeige; dies hat öfters die traurigsten Folgen: denn wenn Leute in einem solchen Hauß schwächlich sind, so verursacht ein solches Vögelgeschrey Schrecken, und eine Erwartung, die dem Gebrauch zweckmäsiger Mittel sehr nachtheilig ist; daher geschiehts dann oft, daß jemand stirbt, der ohne das Quiecken des Vogels nicht gestorben wäre, und so wird dann der Aberglaube immermehr bestärkt.
Die Zauberer sind solche Menschen, welche durch natürliche geheime, und abergläubische Mittel, Würkungen hervorzubringen suchen, welche auf den gewöhnlichen Wege der Natur nicht erfolgen, wobey sie sich dann entweder selbst einbilden, oder doch wenigstens andere glauben zu machen suchen, sie stünden mit gewissen auch bösen Geistern im Bündnis, die ihnen in ihren gottlosen Handlungen beystünden; gewöhnlich würkten diese bösen Menschen andern zum Schaden, und sind daher mehr als alle andere dem Herrn ein Gräuel.
Unter den heidnischen Völkern war, und ist noch die Zauberey in grosem Ansehen; in wie weit nun solche Menschen entweder blos natürliche aber geheime Künste, oder auch zugleich mit magische Mittel gebrauchen, um die Leute zu täuschen und zu betrügen, das gehört nicht hieher, gnug die Zauberey ist eine höchst strafwürdige und abscheuliche Sünde, welche leyder! leyder! auch unter uns, besonders unter den gemeinen Leuten noch im finstern schleicht, ob es gleich fast immer ein grundloser Verdacht ist, den man gewöhnlich gegen alte mehrentheils schuldlose Frauen hat, die sich aber dann auch zuweilen aus dummer Einfalt das Ansehen geben, als ob sie würklich mehr wüsten, als andere ihres gleichen.
Daß man in Teutschland gewöhnlich nicht so wohl Männer als vielmehr alte Weiber im Verdacht der Zauberey hat, beruht auf folgendem Grund: die alten heidnischen Teutschen hatten Priester, welche man Druiden nannte; diese machten einen eigenen Orden aus, der gewisse geheime Gebräuche und Cäremonien hatte, die sie in Verbindung mit Opfern in düstern Waldungen, und auf hohen Bergen celebrirten. Diese Druiden nahmen auch alte Frauen in ihren Orden auf und ihr Geschäfte bestand darinne, daß sie sich auf die Kräuter und Arzneykunde legen, und die Kranken und Verwundeten verpflegen musten; dies geschahe dann unter Zumischung abergläubischer Beschwörungen und allerhand Gauckeleyen, wodurch die Einbildung des Kranken gespannt, und sein Glaube so exaltirt wurde, daß manchmal wunderbare Curen durch solche Weiber geschahen.
Eine solche Frau stand in grosen Ansehen, und man fürchtete und ehrte sie, und ihr Ehrentitul war Druide oder auch Haxa, woher dann endlich der Schimpfname Hexe entstanden ist. Diese Hexen hatten auch ihre Mysterien, sie versammelten sich in einer mondhellen Nacht auf gewissen hohen Bergen; im nördlichen Teutschland war der Brocken oder Blocksber auf dem Harz desfalls sehr berühmt, und man weiß, daß noch vor anderthalb hundert Jahren alte Weiber in der Walburgisnacht Zusammenkünfte daselbst gehalten, und ihre Gauckeleyen getrieben haben. Da aber die Obrigkeit den Feuertod auf den Unfug gesezt hatte, so wurde er allmälig seltener, und hörte nach und nach ganz auf, so daß nun nicht mehr die Rede davon seyn kann.
Es ist schrecklich, bedauernswürdig, und abscheulich, wenn man die sogenannten Hexenprotokolle in den alten Archiven liest, welche gräuliche Dinge darinnen vorkommen – die armen Sünderinnen erzählten Dinge von sich, was sie gesehen und gethan hätten, so daß einen Schauder und Entsetzen ankommt – sie erzählen vor und nach der Folter ihre nächtlichen Reisen auf den Brocken mit allen Umständen wie sie dort getanzt, geschmaust, und den grosen Bock geküßt hätten, und daß das alles gewiß wahr seye, darauf sterben sie. Dies hat manchem Wahrheitsforscher Stunden des Grübelns verursacht, nach deren Ablauf er eben so klug war, wie vorher.
Der ganze wahre Aufschluß ist folgender: Daß es immer noch in den dunkelsten Gegenden, besonders unter dem gemeinen Volk, alte Weiber giebt, die noch ins geheim die alten Gräuel treiben, daran ist nicht zu zweifeln, und daß diese dann immer noch wieder andere annehmen, und unterrichten, das ist gewis; aber die ganze Sache besteht in weiter nichts als in gewissen betäubenden Kräutertränken, welches sie zu sich nehmen, wenn ihre Einbildungskraft vorher mit den abscheulichsten Bildern angefüllt und aufs höchste gespannt worden; wenn sie nun hernach einen solchen betäubenden Trank nehmen und schlafen, so träumen sie alles abscheuliche was sie nur träumen wollen, und dies halten sie nun hernach für Wahrheit; gewöhnlich mischt sich dann auch das hysterische Uebel dazu, vermöge desselben bekommen sie nun Entzückungen, und so wie fromme Wieber in diesem Zustand glauben mit Engeln, und mit Christo selbst umzugehen, so unterhalten sich diese mit dem Satan und bösen Geistern, und ergeben sich ihnen mit Leib und Seel, wogegen ihnen dann goldene Berge, aber auch Dinge versprochen werden, die zu abscheulich sind, als daß man ihrer nur von ferne gedenken darf. Daß das alles bloser Trug der erhizten und grundverdorbenen Phantasie sey, das gebe ich in den mehresten Fällen zu; daß sich aber auch würklich böse Geister zu Zeiten mit einmischen, davon bin ich überzeugt.
Daß diese Hexerei eine schreckliche Sünde und ein Gräuel vor Gott sey, daran ist nicht zu zweifeln; indessen wissen solche arme Weiber nicht einmal recht was sie thun, es ist mehrentheils Dummheit, Mangel an richtiger Erkenntniß Gottes und der Religion, und ein abergläubisches Streben nach sinnlichem Genuß, und verborgenen verbottenen Künsten. Strafbar sind solche arme Geschöpfe immer, und die Obrigkeit ist hochverpflichtet, sie aus der menschlichen Gesellschaft zu verbannen; aber sie zu verbrennen, das ist zu hart. Wenn eine solche Person noch niemand vergiftet oder sonst ums Leben gebracht hat, so soll sie nicht sterben, sondern man bringe sie in ein Zuchthaus, und laße sie da gehörig unterrichten, damit sie einsehen könne welch eine schreckliche Sünderin sie seye und sich also bekehren können; hätte sie aber wirklich Mordthaten begangen so müste sie dann doch mit dem Schwerdt, vom Leben zum Tode gebracht werden.
Hier muß ich aber noch einer gewöhnlich unerkannte, aber sehr schweren Sünde gedenken, welche besonders unter dem gemeinen Volk häufig begangen wird; nämlich: wenn an Menschen oder Vieh irgend ein Unfall, oder eine Krankheit entsteht deren Ursache man nicht sogleich begreifen kann, so schreibt mans zuweilen einer Zauberey zu; und was nun das schlimmste ist, man beschuldiget so leicht diese oder jene unschuldige Person der Hexerey, und wenn nun dieser Verdacht unter das Volk kommt, so ist eine solche Person höchst unglücklich; sie und ihre Familie wird gescheut und verachtet bis ins dritte und vierte Glied; bey der Verheurathung der Kinder, im Umgang, und im Handel und Wandel entstehen solche verdriesliche Folgen, daß gar oft das ganze häusliche Glück dadurch ruinirt wird. Wehe dem der ein solches Unglück verursacht! – und es ist der Mühe werth, und die höchste Pflicht der Polizey, diese teuflische Gerüchte streng zu untersuchen und dann den Ursächer derselben, mit schweren Leibesstrafen zu belegen.
Die Beschwörer sind solche Menschen, welche durch Segensprechen, Beschwörungen, abergläubische Briefchen, und Formeln, Geister bannen, Schätze aufsuchen und finden, auch wohl Krankheiten an Menschen und Vieh heilen wollen; wobey dann oft der Name Gottes und Christi schändlich gemisbraucht, der niedrigste und dummste Aberglaube befördert, und das Gebet, Vertrauen auf Gott und der Gebrauch rechtmäsiger, und Gottgefälliger Mittel ganz vernachläsiget wird. Auch dieser Gräuel schleicht noch immer unter dem gemeinen Volk umher, ohne daß von Seiten der Obrigkeit und der Prediger etwas Würksames dagegen unternommen wird; man hat zwar hin und wieder Strafen darauf gesezt, allein man beobachtet dann die juristische Regel, wo kein Kläger ist, da ist kein Richter, und bedenkt nicht, daß die Polizey der allgemeine Ankläger solcher abscheulichen Sünden und Unordnungen seyn muß: – denn, wie viele Sünden und Verbrechen werden begangen, wo eigentlich niemand beleidigt wird als Gott, wo also niemand klagt, und die doch wegen ihrer schrecklichen Folgen, durchaus und ernstlich bestraft werden müssen – hier muß also die wachsame Polizey der Kläger seyn.
Die Wahrsager wollen verborgene und zukünftige Dinge erforschen, und bedienen sich dazu allerhand verbottener und satanischer und abergläubischer Mittel. Leider ist dieser Gräuel bei uns weit mehr in Uebung als man sich vorstellt: wenn einem Bürger oder Bauern etwas gestohlen worden, ein Mensch oder Vieh auf eine ungewöhnliche Art krank wird, oder sonst etwas Ungewöhnliches und Unangenehmes in seiner Haushaltung vorfällt, so schleicht der Hausvater, oder sonst jemand den er sendet, zu einem sogenannten Teufelsbanner, der dann geflissentlich die Ursachen bey Geistern, und am oeftesten bey der Zauberey findet; wo er sich dann erbietet, gegen Bezahlung, die Geister zu bannen, oder anzuzeigen wer die Hexe sey, eben so erbietet er sich auch den Dieb anzugeben, und ihm, auf Verlangen ein Aug auszustechen, und was dergleichen Abscheulichkeiten mehr sind.
Dies alles geschieht gewöhnlich so geheim, daß es niemand erfährt; indessen weiß man doch gemeiniglich wer die Teufelsbanner sind; diese soll man sorgfältig beobachten, und wo etwas Verdächtiges vorfällt, nicht ruhen, bis man hinter die Werke der Finsternis gekommen ist, und dann soll man sie exemplarisch bestrafen, auch nach Befinden aus der menschlichen Gesellschaft, in sichere Verwahrung bringen, damit niemand ferner durch sie verführet werden möge. Wer nicht vertraulich unter dem gemeinen Volk gelebt hat, der ahnet diese Gräuel nicht, selbst die Prediger auf dem Lande werden wenig davon gewahr, daher empfehle ich ihnen die genaueste Aufmerksamkeit auf solche Gräuel: denn wie kann der Saame des göttlichen Worts in einem Herzen Wurzel schlagen, as mit einem so giftigen Unkraut, mit Zutrauen zu satanischen und abergläubischen Mitteln angefüllet ist? eine Einbildungskraft, die beständig der Seelen Bilder und Larven aus dem Höllenreich vorstellt, kann nicht mit himmlischen Dingen erfüllt werden.
Hieher gehören auch das sogenannte Leichensehen: man findet oft Menschen, gewöhnlich Todengräber, Nachtwächter, Hebammen, oder auch sonst alte abergläubische Männer und Weiber, welche theils durch natürliche Anlagen, theils durch Misbrauch starker Getränke, dann auch durch immerwährende Vorstellungen von Geistern Gespenstern, Vorbedeutungen, u. d. g. ihr Ahnungs=Vermögen entwickeln, und dadurch dann oft Dinge, die in der nahen Zukunft geschehen werden, voraus empfinden, sie erzählen, und so den Leuten angst und bange machen; da nun solche Ahnungen gewöhnlich eintreffen, so wird der Glaube an solche Wahrsagereyen gestärkt, das Gemüth bekommt seine Richtung dahin, und das Vertrauen auf die väterliche Leitung und Führung Gottes geht verlohren. Da aber nun solche Leichenseher und Wahrsager selbst nicht wissen, daß sie sündigen, sondern so gar etwas Göttliches und Groses daraus machen, so muß man sie sorgfältig unterrichten, und ihnen die Strafwürdigkeit ihres Wahrsagens lebhaft vorstellen; man muß ihnen sagen, daß ihr Vermögen so etwas vorauszusehen eine Krankheit sey, daß sie, wenn sie etwas sehen, solches bei hoher Strafe niemand entdecken, sondern alles sorgfältig verschweigen, auch sichs durchs Gebet und andere zweckmäsige Mittel von diesem Uebel befreyen sollen; wenn die dann diesem Rath nicht folgen, sondern in ihrer Wahrsagerey fortfahren, so straft man sie nachdrücklich.
De [sic; Die] Zeichendeuter sind solche Menschen, welche aus allerhand Erscheinungen am Himmel, und auf Erden, und überhaupt in der Natur, die Zukunft errathen wollen; hieher gehörte vor Alters das Besehend der Eingeweyde in den Opferthieren, jezt aber sind mancherley thörichte Irrthümer an die Stelle gekommen; folgende sind besonders merkwürdig. Die Erscheinung eines Cometen soll Krieg oder sonst schwere göttliche Gerichte verkündigen; dies ist aber falsch: denn die Cometen sind Himmelskörper, die eben so wie andere Sterne ihren bestimmten Lauf haben, und mit den Schicksalen der Menschen in keiner Verbindung stehen. Ueberhandnehmendes sittliches Verderben ist das sicherste Zeichen herannahender göttlicher Gerichte.
Wenn glüende Kugeln in der Luft herunter fallen, oder feurige Gestalten hin und her fliegen, und wenn des Nachts Irrlichter umher schweben; so soll das immer allehand Unglück bedeuten, und an dem allen ist kein wahres Wort; denn das sind lauter natürliche Erscheinungen, die aus schädlichen Dünsten entstehen, und nichts weiter anzeigen als daß die Luft unrein ist, welches dann freylich wohl Krankheiten verursachen kann, vorzüglich wenn sie häufig gesehen werden, übrigens aber haben sie auf die moralische Handlungen der Menschen keinen Einfluß.
Ein uralter, aber sehr schädlicher und verächtlicher Aberglaube, ist das Zeichendeuten aus de Lineamenten der Hand: dies wird besonders von den Zigeunern ausgeübt. So grundlos auch diese Art Wahrsagerey ist, so häufig schleicht sie noch unter den gemeinen Leuten im Finstern, wenn sich nun jemand seine künftigen vermeintlichen Schicksale hat vorlügen laßen, so wird er auch wo er nur kann, und Gelegenheit dazu findet, seine Lebensplane darnach einrichten, und also die väterliche Leitung Gottes vereiteln. Man sollte die Zigeuner in wohlverwahrte Häuser bringen, sie da ordentlich arbeiten laßen und unterrichten, und ihre Kinder ordentlich christlich erziehen, ohne sie von ihren Eltern zu entfernen; auf dieser Art könnte diese ganze versäumte Nation noch gebessert und dem Reich Gottes und dem Staat brauchbar gemacht werden.
Das weissagen aus dem Bodensatz des Caffee's, ist so läppisch, und doch in geheim so gewöhnlich und schädlich, daß nicht genug dafür gewarnt werden kann. Ich weiß eine berühmte Residenzstadt, in welcher vor mehreren Jahren die Vornehmsten und Standspersonen sich einer Betrügerin bedienten, die ihnen ihre künftige Schicksale auf diese Art voraus sagen wollte, da es nun natürlich ist, daß hier und da etwas eintrift, so glaubte man ihr, dadurch entstanden Unordnungen und Vorfälle, welche die höchste Stelle veranlaßten, dem Unfug ein Ende zu machen. Es ist unglaublich, und och eine gewisse Wahrheit.
Oefters werden auch dergleichen Zeichendeutereyen blos zum Spaß als gesellschaftliche Spiele gebraucht, aber auch dies kann ich nicht billigen: denn wenn so etwas eintrift, so macht es Nachdenken, und beunruhigt das Gemüth. Man hat gedruckte Fragen die sich auf die Zukunft beziehen; die Antworten stehen auf besondern Blättchen, die man dann wie ein Loos aus der Menge herauszieht; dies Spiel wurde auf einmal in einer grosen Gesellschaft zum Zeitvertreib gespielt, nun befand sich in derselben eine gewisse Familie, welche in den nächsten Tagen eine grose Seereise antretten muste, einer aus ihr bekam auf die Frage eine Antwort, die alle Anwesende erschütterte, nämlich: es stünde ihnen auf ichrer Reise ein groses Unglück bevor; nun war gar nichts gefragt worden, das auf eine Reise Bezug hatte, sondern die Frage war im Allgemeinen auf die nahe Zukunft gerichtet; dies war so auffallend, daß man den Abschiednehmenden die Bestürzung ansehen konnte; indessen reisten die guten Leute glücklich, und es traf sie kein Unfall, aber sie waren doch alle in Angst und Besorgnis bis die Reise vollendet war. Solche Zeitverkürzungen sind gewiß Gott misfällig: denn sie sind eine Art des Looses, und mit diesem soll man nie leichtsinnig umgehen.
Man hat noch ein abscheuliche Zeichendeuterey im Gebrauch, nämlich das Siebdrehen, wodurch man einen Dieb, oder sonst eine geheime Sache erfahren will, unter den Bauersleuten ist dies Satansspiel sehr gewöhnlich; ich weiß eine gewisse, und vom Reichskammergericht zu Wetzlar sehr gerecht abgeurtheilte Geschichte, vermög welcher ein ehrlicher braver Hausvater auf die unschuldigste Weise, blos durch das Siebdrehen seines Nachbars ins gröste Unglück gestürzt wurde: er war vereist, während dem zeigte ihn das Sieb als den Thäter eines beträchtlichen Diebstals an, der elende Richter glaubte dem Sieb so treulich, wie der, der es gedreht hatte, und als der bedaurungswürdige Mann nach Haus kam, so hatte man seine Frau und Tochter tod geprügelt, ihn stellte man an den Pranger, und confiscirte sein ganzes Vermögen; dies bekam er nun zwar wieder, der Richter wurde cassirt, und nach Verdienst bestraft, aber Frau und Tochter konnte man ihm doch nicht restituiren, und überdem hatte er alle den Jammer unschuldiger Weise erdultet.
So schrecklich herrscht noch die Finsternis unter dem gemeinen Volk, und der Herr wird dereinst von denen schwere Rechenschaft fordern, denen die Aufsicht über solche Seelen anvertraut ist, die Jesus Christus mit seinem Blut erkauft hat. Man entschuldige sich ja nicht mit der Unwissenheit; ein Beamter oder Prediger dem das Heyl seiner Untergebenen am Herzen liegt, und dergleichen Gräuel wissen will, kann sie leicht erfahren: denn immer offenbaren sie sich in einem Stadt= oder Dorfgeschwäzze, das man nicht der Mühe werth achtet; und gerade da soll man mit Vorsicht und Ernst so lang untersuchen bis man auf den Grund gekommen ist, und dann mit Belehrung und Strafe nicht säumen.
Endlich ist auch das Frage der Toden ein höchst sträflicher und empörender Aberglaube: Zu unsern Zeiten gehöret hieher, das Zitiren der Geister, und der Umgang mit ihnen, wodurch man Dinge erforschen will, die wir in unserm irdischen Leben nicht wissen sollen. Es ist hier der Ort nicht zu untersuchen, was in dieser dunkeln Sache wahr oder falsch, vorsezlicher Betrug, oder Folge einer zerrütteten Imagination ist, sondern das lege ich nur jedermann ans Herz, sich durchaus mit dergleichen höchstgefährlichen Dingen nicht abzugeben; der Mensch ist in seinem Erdenleben nicht zum Wissen, sondern zum Glauben angewiesen; er soll hier seine Seeligkeit mit Furcht und Zittern schaffen, der Heiligung nachjagen, und sich allein durch den heiligen Geist und durch das Wort Gottes führen laßen, im Uebrigen aber alles vorwizzige Forschen verborgener Dinge sorgfältig meiden, denn dadurch sind viele gutwillige Seelen auf schreckliche Irrwege und ins Verderben gerathen.