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Lehrsätze / der / Naturgeschichte / für / Frauenzimmer / von / Joh. Heinr. Jung gen. Stilling. / - [eL 68 mm] / Karlsruhe / bey Gottlieb Braun. / 1816. /
Dieses Buch schrieb Jung-Stilling für das Erziehungsinstitut der Frau von Graimberg. – Bereits im Jahr 1784 hatte er ein ähnliches Werk für die bäuerliche Bevölkerung geschrieben. Neben vielen Übereinstimmungen finden sich entsprechend dem Fortschritt in Forschung und Wissen auch Änderungen. Ein Vergleich ist lohnend.
Manche Bezeichnungen konnte ich nicht auflösen; für jede Hilfe bin ich dankbar.
Der Gedanke des Tierschutzes ist schon ansatzweise vertreten; der Nutzen geht aber voran.
Das Verzeichnis der Paragraphen findet sich am Schluß des Buchs.
[S. 1]:
Lehrsätze
der
Naturgeschichte
für
Frauenzimmer
von
Joh. Heinr. Jung gen. Stilling.
- [eL 68 mm]
Karlsruhe
bey Gottlieb Braun.
1816.
S. 2 = S. 1v = vakat. – [S. 3]:
Der
Verehrungswürdigen Stifterin
des
Graimbergischen Frauenzimmer=Instituts,
Freyfrauen
Amalien von Graimberg
gebornen Freyin von Budberg,
Erzieherin der beiden Durchlauchtigsten Prinzessinnen
Louise und Josephine von Baden
Vater: Carl Ludwig Friedrich (geb. 8.06.1786; Regent seit 10.06.1811; Ehe seit 7.04.1806), Mutter: Stephanie Louise Adrienne (geb. 28.08.1789). – Luise/Louise Amalie 5.06.1811-1854. – Josephine Friederike Louise 21.10.1813-1900.
gewidmet
vom
Verfasser.
---- [Wellenlinie]
Einleitung.
-
1. Die Naturgeschichte lehrt alle Erzeu=
gungen der Natur kennen, in sofern sie in die Sinne
fallen.
2. Alle Erzeugungen der Natur bestehen aus
Materie, die durch die Naturkräfte ausge=
bildet wird.
3. Zu unserm Zweck ist hinlänglich, wenn wir
die vier Elemente, den Aether, die Luft, das
Wasser und die Erde annehmen.
4. Die Naturkräfte sind ursprünglich die
ausdehnende und die zusammenziehende
Kraft; diese werden durch die Verhältnisse der
Materie unendlich vervielfältigt.
5. Die Lehre von der Materie und den
Naturkräften werden wir im Elementar=
reich abhandeln.
6. Unser Erdkörper nebst Wasser und
Luft ist der Behälter aller Erzeugungen der Natur.
7. Die einfachsten Erzeugungen sind die Pro=
dukte des Steinreichs oder die Mineralien.
8. Organisch nennt man einen Körper, wenn
er aus bestimmten Werkzeugen, Organen besteht,
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die alle zu einem Zweck, zum Leben, und zur Fort=
pflanzung ihres Geschlechts wirken.
9. Die Mineralien sind blos aus verschie=
denen Materien zusammen gemischte Körper,
also nicht organisch.
10. Die Mineralogie lehrt die Erzeugungen
des Mineralreichs kennen.
11. Die organischen Erzeugungen theilten sich
ins Pflanzenreich und ins Thierreich.
12. Die Botanik lehrt die Erzeugungen des
Pflanzenreichs kennen.
13. Die Pflanzen sind organische Körper,
welche auf der Stelle der Erde, wo sie geboren
werden, auch leben und sterben.
14. Die Thiere können sich von einer Stelle
zur andern bewegen. Sie haben sinnliche Em=
pfindungen.
15. Die Zoologie lehrt die Erzeugungen des
Thierreichs kennen.
Vom Elementarreich.
16. Die Lehre von den Elementen handelt von
der Materie und von den Naturkräften.
17. Es giebt viererley Materien, der Aether,
die Luft, das Wasser und die Erde.
18. Der Aether ist so fein, daß er zwischen
Geist und Körper das Mittelglied ausmacht. Er
füllt den unermeßlichen Raum aus, und fällt nicht
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anders in die Sinnen als durchs Licht; er ist
der Sitz der ausdehnenden Kraft.
19. Die Elektrizität ist vermuthlich eine
Wirkung des Aethers, sie erzeugt Licht und Feuer.
20. Es giebt Licht ohne Feuer, und Feuer ohne
Licht.
21. Das Licht ohne Feuer, wie z. B. im
faulen Holz, Johanneswürmchen u. dgl.
scheint der erste Grad der Lichtbewegung im Aether
zu seyn.
22. Der Aether ist nirgends rein und un=
vermischt als in der Sonne: denn durch den
Umschwung des Sonnensystems entfernen sich alle
Materien vom Mittelpunkt gegen den Umkreis, und
der Mittelpunkt ist alsdann nur reiner Aether.
23. Wo der Aether vollkommen rein und im
Umlaufen der Bewegung ist, da entsteht durch
die Elektrizität eine leuchtende Kugel, die Sonne.
24. Die Sonne setzt den Aether in Be=
wegung und erzeugt das Licht, und bey harten
Körpern die Wärme; je dichter ein Körper ist,
desto heißer wird er bey gleichem Grad der Wärme.
25. Die magnetische Kraft ist vielleicht
auch eine mit dem Aether vermischte, noch unbe=
kannte Materie.
26. Der Metallreiz ist ebenfalls eine Wir=
kung, die mit dem Aether in Verbindung steht,
vermuthlich auch der Galvanismus.
27. Die Luft, der Dunstkreis, Atmosphäre,
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besteht aus dem Aether und aus unzähligen Dün=
sten aus der Erde, den Pflanzen, den Thieren
und Menschen.
28. Zunächst an der Erde ist die Wärme am
stärksten; diese nimmt mit der Entfernung von der
Erde ab; je höher je kälter, daher ewiger Schnee
und Eis auf den Alpen.
29. In der Wärme sind die wässerichten Dünste
unsichtbar, weil sie die ausdehnende Kraft
enthält.
30. In der Kälte werden die Dünste zusam=
mengezogen und sichtbar, daher in der oberen Luft
die Wolken.
31. Wenn die Luft an einem Ort stärker mit
Dünsten angefüllt ist, oder durch eine stärkere Hitze
mehr ausdehnt, oder durch stark andringende
Wolken fortgeschoben wird, so entsteht ein Luft=
strom, den wir Wind nennen.
32. Der Wind kann so stark werden, daß er
die stärksten Eichen mit der Wurzel aus der Erden
reißt, dann heißt er Orkan.
33. Wenn der Wind vom Meer herkommt,
so bringt er Regen, von großen Ländern her
Trockene, von Norden Kälte, von Süden
Wärme.
34. Wenn der Wind aus der Lybischen Wüste
in Afrika kommt, so wird er durch den heißen Sand
heiß, in Syrien und Arabien heißt er dann
Sunun, oder Sanuel, in Italien Sirok=
Im Grauen Mann H. 25, S. S. 240 lautet die Anm.: "Smum ein tödtender Wind in Asien"
ko, in der Schweiz Pfön.
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35. Die Wolken sind wässerichte Dünste, wenn
siemit Wasser ü berladen werden, oder wenn sie die
Winde stark zusammen treiben, so entsteht Regen.
36. Wenn die Wolken durch die Wärme bis in
die kalte Luft=Region gehoben werden, so entsteht Regen.
36. Wenn die Wolken durch die Wärme bis in
die kalte Luft=Region gehoben werden, so frieren
die Regentropfen zu Eis, und fallen herunter, das
ist dann der Hagel.
37. Wenn sehr viel wässerichte Dünste aus der
Erde aufsteigen, oder wenn es so kalt ist, daß sie
nicht in die Höhe steigen können, so bilden sie den
Nebel.
38. Wenn der Nebel in der mittlern Luft friert,
so heißt er Schnee.
39. Die Ausdünstungen der Erde heißt in kühlen
heitern Nächten Thau, wenn dieser Thau friert,
so heißt er Reif.
40. Durch die allgemeine Fäulniß in der Erde
entwickeln sich verschiedene Dünste oder Luftarten,
die sich mit der Luft vereinigen.
41. Die entzündbare Luft brennt und
schlägt wie Schießpulver, wenn sie von faulenden
Substanzen abgeschieden wird.
42. Wenn sehr viel entzündbare Luft ausdün=
stet, und sich mit der Luft vermischt, so sagt man
es ist schwül oder geschwül Wetter.
43. Wenn die Wolken durch das Reiben elek=
trisch werden, so entzündet sich die entzündbare
Luft, dies nennt man Blitzen.
44. Wenn sich die entzündbare Luft ohne den
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elektrischen Funken entzündet, so nennt man's
Wetterleuchten.
45. Bey dem Blitzen donnert und regnet es,
bey dem wetterleuchten nicht.
46. In allen Körpern macht die Luft auch einen
Bestandtheil aus; durch die Fäulniß wird sie ent=
wickelt, und wieder mit der Luft vereinigt; sie
heißt fixe Luft.
47. Aus dem Pflanzenreich vorzüglich entwickelt
sich auch die Natursäure oder der Sauerstoff.
48. Aus dem Thierreich entwickelt sich vorzüg=
lich die entzündbare Luft. Diese und der
Sauerstoff bilden die Salpetersäure.
49. Die Luft läßt sich in einen engern Raum
zusammen drücken, und wenn der Druck nachläßt,
so dehnt sie sich wieder aus; sie ist also elastisch.
50. Wenn die Luft lang eingeschlossen ist, so
verliert sie ihre Elastizität, und dient nicht mehr
zum Odemholen,
51. Die Elastizität ist die Ursache des Steigens
und Fallens der Barometer.
52. Das Feuer giebt der Luft ihre Elastizität
wieder, z. B. Schießpulver, Knallgold.
Knallgold: Goldoxyd (Goldsäureanhydrid) Au2O3.
53. Das Feuer erfordert reine und elastische
Luft, an einem Ort, wo ein Licht von selbst ohne
Wind auslöscht, ist die Luft schädlich.
54. Der Kohlendampf in geschlossenen Zim=
mern benimmt der Luft die Elastizität, und Men=
schen und Thiere ersticken.
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55. Zur gesunden Luft gehören drey Eigen=
schaften, Reinigkeit, mäßige Wärme und
Elastizität.
56. Das Wasser ist in seinem reinsten Zu=
stand ganz ohne Geschmack, ohne Geruch, und
ohne Bodensatz.
57. Das reinste Wasser in der Natur ist das
Schneewasser nach heiterem kaltem Wetter.
58. Das Regenwasser ist nicht rein, denn
es setzt einen Bodensatz ab.
59. Das Wasser dünstet in der Wärme aus,
und steigt in Dünsten in die Luft.
60. Je wärmer die Luft, und je größer die
Oberfläche des Wassers ist, desto stärker ist die
Ausdünstung.
61. In der Kälte verdicken sich die Dünste, und
werden wieder zu Wasser.
62. Wenn die Kälte bis auf einen gewissen
Grad steigt, so wird das Wasser zu einem festen
Körper, zu Eise.
63. Das Wasser macht im Steinreich einen
Bestandtheil verschiedener Mineralien aus, im
Kalk vorzüglich.
64. Im Gewächsreich ist das Wasser der
flüssige Bestandtheil der Säfte, aber es wird auch
Bestandtheil der festen Theile.
65. Im Thierreich ist das Wasser ebenfalls
die Ursache der Flüssigkeit des Geblüts, und auch
hier ist es Bestandtheil der festen Theile.
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66. Das Meer ist der große allgemeine Be=
hälter des Wassers, von ihm dünstet nur süßes
Wasser aus.
67. Diese Dünste verdicken sich in der Luft zu
Wolken. Diese werden durch die Winde über die
ganze Erde verbreitet, und befeuchten sie durch
Regen, Hagel und Schnee.
68. Dieses Wasser senkt sich in die Erde, und
sammelt sich in Behältern, aus denen es in Brun=
nen wieder hervorquillt.
69. Aus den Brunnen entstehen Bäche,
Flüsse, Ströme, Sümpfe und Seen, die
das Wasser wieder ins Meer zurückführen.
70. Wenn das Wasser in der Erde auflösbare
Materien, z. B. Steinsalz, antrifft, so ent=
stehen daraus die Salzquellen.
71. Durch Auflösung verschiedener minerali=
schen Substanzen verbindet es sich mit den Theilen
derselben, und bildet die Wasser zum Baden und
Trinken.
72. An vielen Orten quellen die Wasser warm,
oder auch kochend heiß aus der Erde hervor. Dies
entsteht wahrscheinlich durch unterirdisches Feuer,
das in den feuerspeyenden Bergen seinen Luftzug hat.
73. Die vierte Grundmaterie ist die Erde,
aus welcher der feste Theil unseres Planeten, den
wir bewohnen, besteht.
74. Die Erde enthält Erdarten und Steine,
Metalle, Erdharze und Salze.
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75. Die Steine sind verhärtete Erde, und
die Erdarten sind aufgelöst'e Steine, beyde sind
ihrer Natur nach nicht verschieden.
76. Die Erdarten sind: 1) Kieselerde,
2) Kalkerde, 3) Thonerde, 4) Schwer=
erde, und 5) Bittererde.
77. Die Kieselerde scheint die eigentliche
reine Elementarerde zu seyn. Sie ist ein na=
türliches Glas, und aller Dinge endliches Ziel
ist auch Glas.
78. Die reinste Kieselerde ist der Bergkri=
stall, dann auch die Feuersteine. Die gemei=
nen Kieselsteine oder der Feldspath sind gewöhn=
lich mit etwas Eisenerde vermischt.
79. Man kennt die Kieselsteine daran, wenn
sie am Stahl Feuer geben; sie werden mit dem
Alkali geschmolzen zu Glas.
80. Alles Sand besteht aus mehr oder weniger
Kieselerde, der weiße Sand ist am reinsten.
81. Man hat von jeher den Diamant für
Kiesel gehalten, allein die berühmte Kaiserprobe
hat bewiesen, daß er von allen Erdarten verschie=
den ist.
82. Alle Edelsteine werden in ganze und hal=
be getheilt; die ganzen sind durchsichtig, die halben
nur zum Theil oder auch gar nicht.
83. Der Rubin, franz. Rubis, ist carmosin=
roth; er behält die Farbe im Feuer. Auf der Insel
Cyelon und in Pegu findet man die kostbarsten.
Pegu: Golf von Martaban oder Pegu; Teil des Golfs von Bengalen, am Fluß Pegu in Asien.
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84. Der Saphir ist schön blau, er verliert
aber im Feuer seine Farbe. Der Rubin und der
Saphir sind durchsichtig.
85. Der Topaß ist weingelb; diesen und den
Saphir findet man auch am schönsten auf der
Insel Ceylon.
86. Man findet auch in Brasilien Dia=
mante, Saphir, Rubine und Topase; sie
sind aber nicht von der Güte wie die Orientalischen.
87. Der Smaragd, franz. Emeraude, ist
grasgrün, er behält die Farbe auch im Feuer.
88. Der Chrysolith ist Pistaziengrün: der
Chrysoberyll hält die Mitte zwischen Spar=
gelgrün und Citronengelb, opalisirt ins Blaue;
er findet sich in Brasilien.
89. Der Beryll oder Aquamarin Berg=
grün, mit mancherley Nüancen ins Himmelblaue
und Honiggelbe. Kommt aus dem östlichen
Rußland.
90. Der Hyacinth oder Lyncur ist dunkel
Orangengelb ins Feuerfarbne.
91. Der Granat ist dunkelbluthroth, theils
in Violette übergehend; er findet sich in Ostin=
dien, Böhmen, auch auf dem Schwarzwald.
92. Obsidian, Isländischer Agat, ist ganz
schwarz und undurchsichtig, läßt sich sehr gut po=
liren; er kommt vom Hekla in Island.
93. Schörl oder Turmalin sind faserigte
Steine; der Turmalin wird elektrisch, wenn
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er gewärmt wird. Man findet den Schörl in
allerhand Farben.
94. Der Asbest ist fasericht, läßt sich wie
Flachs bearbeiten, spinnen und weben; man findet
ihn hin und wieder in den Gebirgen.
95. Quarz ist gewöhnlich milchweiß, er besteht
fast ganz aus Kieselerde; man findet ihn häufig in
Gebirggegenden.
96. Der Aventurino ist ein zimmetbrauner
Quarz mit vielen Goldpünktchen; man findet ihn
in Spanien, er wird durch Kunst nachgemacht.
97. Der Bergcrystall ist der reinste Kiesel;
man findet ihn in sechseitigen Säulen mit sechs=
seitigen Spitzen hin und wieder, besonders auch
in der Schweiz.
98. Der Amethyst ist ein violetter Crystall;
der schönste kommt aus Ostindien und Persien.
99. Der Rauchcrystall oder Topaß findet
sich vom hellsten rauchbräunlichen, bis zum ganz
schwarzen in allen Abstufungen.
100. Der Hornstein, pierre de Corne,
ist unansehnlich braun; er gehört zwar unter die
Kieselarten, aber nicht zu den Edelsteinen; er ist
nicht so hart als der Feuerstein.
101. Der Feuerstein, pierre à feu, oder
pierre à fusil, ist grau, halb durchsichtig, bricht
muschelicht, findet sich häufig in Kreidebergen;
hieher gehören auch die Melonen vom Berg
Carmel.
Melones petrefacti, melones montis Carmel, melonis petrefactis Mutschenesis; Achatkugeln in Form einer Melone.
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102. Der Chalcedon ist milchblau, er ent=
hält oft Moosbäumchen oder auch Insekten; im
ersten Fall nennt man sie Dendriten.
103. Der Achat ist ein Chalcedon, der mit
Metallfarben auf mancherley Art gemischt ist.
104. Der Carniol, franz. Cornaline, in=
carnatroth, etwas durchscheinend, ist ein rother
Chalcedon.
105. Der Onyx ist rauchbraun, enthält oft
Lagen von Chalcedon, daher die Cameen der
Alten. Kommt aus dem Orient.
106. Der Heliotrop, dunkel lauchgrün, mit
rothen Punkten. Vorzüglich schön im Orient und
Egypten.
107. Der Chrysopras ist apfelgrün, opali=
sirt ins bläulichte, ist durchscheinend, bricht zu
Kosewiz in Schlesien.
108. Der Jaspis, Jaspe, ist undurchsichtig,
auf mancherley Weise bunt und gefärbt. Der
Blutjaspis im Schwarzwald; der Bän=
derjaspis.
109. Der Egyptische Kiesel, Caillon
d'Egypte, ist ein bunter Jaspis, mit sonder=
baren Zeichnungen.
110. Der Feldspath findet sich allenthalben
in den Bergen, unter dem Namen Kieselstein; er
unterscheidet sich vom Quarz durch seine aufeinan=
der liegenden Blättchen.
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111. Der Labrador=Stein ist schwärzlich
grau, mit spielenden Regenbogenfarben. Findet
sich in Labrador und Ingermannland.
112. Der Mondstein, pierre de Lune.
Von weißem Perlenmutterglanz mit blauem Wi=
derschein.
113. Das Katzenauge, Oeil de chat, ist
meist gelblich oder grünlich, auf der geschliffenen
Oberfläche mit einem leuchtenden Widerschein.
Von der Kalkerde.
114. Die Kalkerde schmelzt für sich allein
nicht; man findet sie in allen Schaalenthieren des
Meers, in allen Knochen der Menschen und Thiere,
und auch als Steine in den Gebirgen.
115. Die Kalkerde hat wahrscheinlich ihren
Ursprung von den Schaalenthieren des Meers,
entweder vor der Mosaischen Schöpfung oder in
der Sündfluth erhalten.
116. Wenn die Kalkerde, Muscheln oder
Steine im Feuer gebrannt wird, so wird sie scharf
ätzend und wasserbegierig.
117. Wenn die Kalkstein, oder überhaupt die
Kalkerde an der Luft verwittert, so zieht sie den
Sauerstoff aus der Luft an, und heißt dann
Kreide.
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118. Der Stalactit oder Tropfstein findet
sich in den großen Felsenhöhlen, wo er oft seltsame
Gestalten bildet.
119. Die Salzquellen und auch andere
mineralische Wasser setzen oft eine kaltkartige Ma=
terie ab, durch welche Pflanzen und Thiere in=
crustirt werden, so daß sie wie versteinert aussehen.
120. Den eigentlichen Kalkstein findet
man in ordentlichen Steinbrüchen, entweder in
dichter feiner Mischung, oder als gewöhnlichen
Stein.
121. Der Kalkstein in seiner Mischung, so daß
er sich schön poliren läßt, heißt Marmor. Der
kostbarste ist der schneeweiße Parische Mar=
mor, an dessen Stelle braucht man jetzt den
Carrarischen.
122. Den bunten Marmor findet man auf
mancherley Weise gefärbt und gezeichnet.
123. Der Jaspis unterscheidet sich vom bun=
ten Marmor durch mehrere Feinheit und daß er
durch Säure nicht angegriffen wird.
124. Der Marmor mit Schwefelsäure gesättigt
heißt Alabaster.
125. Der gewöhnliche Kalkstein mit Schwefel=
säure gesättigt ist der Gyps.
126. Der Mergel, Marne, ist eine verwit=
ternde Kalksteinart, die aber gewöhnlich mit aller=
ley andern Erdarten vermischt ist. In der Erde
ist der Mergel oft hart, aber an der Luft zerfällt
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er; er dient zum Düngen der Felder, im Noth=
fall auch zu Kalk, wenn er vorher gebrannt
worden.
127. Der Stinkstein oder Saustein,
pierre puante, ist ein Kalkstein, der mit vielem
Erdharz durchdrungen ist; er riecht wie gebrannt
Horn, wenn man ihn schabt.
128. Der Flußspath, spat fluor, ist Kalk
mit einer ihm eigenen Säure durchdrungen, theils
farbenlos, theils aber auch unvergleichlich schön
buntfarbig, läßt sich gut poliren.
Von den Thonarten.
129. Die Thonerde, terre argilleuse,
schmelzt für sich nie, wird im Feuer steinhart,
wenn sie mit Wasser zum Teig gemacht worden,
und nicht den wichtigsten Theil der Erdoberfläche
aus.
130. Die reinste Thonerde ist eigentlich die
Alaunerde; man findet sie aber nirgend unver=
mischt.
131. Die Porcellanerde ist weißröthlich,
graulich; man glaubt, daß sie aus verwittertem
Feldspath entstanden sey.
132. Der gemeine, gewöhnliche Thon ist mehr
oder weniger mit Sand vermischt, von verschie=
denen Farben: röthlich, gelb, aschfarbig,
schieferfarbig u. s. w.
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133. Alle Erzeugungen des Thierreichs und
Pflanzenreichs gehen nach und nach in die Erdart
über, die an jedem Ort herrschend ist.
134. Wo also die wilde rohe Erde Sand ist,
da wird obige Erde Sand, wo sie Thon ist, Thon,
und wo sie Kalk ist, Kalk.
135. Wenn die thonartige Steine verwittern,
so werden sie wieder Thon, der Schiefer giebt
blauen Letten.
136. Die Pfeifenerde ist ein grauer Thon,
der im Feuer schneeweiß und hart wird.
137. Reiner Ton, mit etwas Sand vermischt,
dient zur Hafnerarbeit und zum Ziegelbrennen.
Hafner: Töpfer.
138. Aus der Pfeifenerde und Quarz
wird das Steingut, aus geschlämmtem Thon die
Fayence verfertigt.
139. Die Walker=Erde, Argile à foulon,
ist ein feiner gemischter Thon, gelblichgrau oder
grünlich, fettig, ohne Sand.
140. Die Siegelerde, der Bolus, der
Röthel sind feine Thonarten, die mit Eisenoker
vermischt sind.
141. Tripel, terre de Tripoli, ist ein sehr
feiner thonartiger Sand, der steinartig zusammen
gebacken ist.
142. Der Schieferstein findet sich in Tafeln
und auch in ungeformten Steinmasse, wie z. B.
der Wetzstein und der Probirstein.
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143. Die schreckliche Glut in den feuerspeyen=
den Bergen (Vulcanen) schmilzt allerhand Erd=
arten, woher dann verschiedne Steinarten ent=
stehen.
144. Der Basalt ist gewöhnlich in ungeheure
Säulen gestaltet, vermuthlich bey der Schöpfung
durch unterirdische Feuer geschmolzen, und dann
im Wasser crystallisirt worden.
145. Die Puzzolane und der Traß sind
auch vulkanische Steinarten; aus der ersten war
Pompeja [sic; Pompei] erbaut, und aus dem Traß werden
in Holland wasserdichte Behälter gemauert; er
kommt aus der Pfalz.
146. Der Bimstein, pierre ponce, ein
vulkanisches Produkt, ist schwammicht, und so
leicht, daß er auf dem Wasser schwimmt; dient
zum Polir n [sic; Polieren].
147. Die Lava entsteht, wenn im feuerspeyen=
den Berg viele Erd= und Steinarten schmelzen,
dann ausbrechen, und an der Luft zu Steinlagern
verhärten.
148. Der Glimmer ist nicht vulkanisch, son=
dern ein Bestandtheil der Ursteinarten. Ist gold=
und silberartig glänzend. Russisches Frauenglas.
149. Der Lasurstein, Lapis lazuli, der
Saphir der Alten, pierre d'azur, ist schön
himmelblau, undurchsichtig, bricht in Tibet, in
der Bucharey, und am Altai. Das Ultra=
marin wird daraus verfertigt.
150. Der Pechstein, pierre de Poix, ist
gewöhnlich pechfarbig, gewöhnlich halb durchsichtig,
geht theils in Opal, oder auch in Hornstein über,
ist nicht sehr hart.
151. Der Opal ist meist milchblau, spielt mit
Regenbogenfarben.
152. Das Weltauge, blaßgelb, nur am
Rand durchscheinend, ist weich, wird im Wasser
durchscheinend, und opalisirt, fr. piere [sic] Hydro-
phane.
Von der Schwer=Erde.
153. Der Schwerspath, Spat posant, ist
gewöhnlich ein weißer, sehr schwerer, blättrichter
Stein; er besteht aus Schwer=Erde, mit etwas
Schwefelsäure gesättigt.
154. Der Bologneser Stein ist rauch=
grau, sieht wie getrocknete Feigen aus; wenn er
den Tag über in der Sonne gelegen hat, so leuch=
tet er des Nachts.
155. Man findet die Schwer=Erde und den
Schwerspath am häufigsten in Bergwerken.
Von der Talk= oder Bittersalz=Erde.
156. Diese Erdart ist fein, und fühlt sich fettig
oder seifenartig an. Sie schmelzt nicht im Feuer,
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mit der Schwefelsäure bildet sie das Ebsomer
Bittersalz.
Epsom, Stadt in der engl. Grafschaft Surrey, 22 km südwestlich von London, war während des 17. Jahrhunderts als Badeort beliebt; seine Quelle enthält Bittersalz.
157. Der Meerschaum, Ecume de mer,
Wohl falsch nach Littré; der Mineraloge Werner führte den Begriff ein; nach pipe de Cummer, dem Erfinder der Pfeife.
ist weiß, sehr weich, und sehr leicht; daraus wer=
den die Pfeifenköpfe geschnitten, und aus den Ab=
schnitzeln geformt und gebacken. Man findet ihn
zu Kiltschick bey Ikonien in Kleinasien.
Kiltschik bei Konia.
158. Der Speckstein, pierre de lard, ist
meist weißlich; auch findet man ihn in allen blas=
sen Farben, ist fettig und weich. Spanische
Kreide.
159. Der Talg ist fettig=anzufühlen, silber=
weiß, weich und etwas biegsam. Katzensilber.
160. Der Topfstein, Lavezstein, pierre
sollaire, ist grünlich grau, und geschmeidig. Man
findet ihn häufig in Graubünden, wo Kessel
und Töpfe daraus gedreht werden.
161. Der Serpentinstein ist grünlicht in
mancherley Nüancen, nimmt eine schöne Politur
an; man verfertigt allerley kleine Geräthe daraus.
Von der Gebirgskunde.
162. Aus dem bisher abgehandelten Erdarten
besteht nun der ganze Erdkörper, so weit und so
tief als wir seine Oberfläche kennen, den Grund
des Meers nicht ausgenommen.
163. Die Oberfläche besteht aus Gebirgen
und Thälern, und dem Meer. Die Gebirge
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sind am höchsten, die Thäler niedriger, und das
Meer am niedrigsten.
164. Die wahrscheinlichste Vorstellung von der
gegenwärtigen Entstehung der Erde ist: daß sie
vor der Mosaischen Schöpfung einmal be=
wohnt gewesen, und durch ein allgemeines Gericht
verwüstet worden.
165. Die Erde dreht sich in 24 Stunden um
ihre Axe. [sic; Achse] Durch diesen Umschwung entfernen sich
die schwersten Theile am weitesten von ihrem Mit=
telpunkt, folglich ist die äußere Erdrinde hart,
vermuthlich ist unter derselben Wasser, noch tiefer
Luft, und im Mittelpunkt eine feurige trübe Sonne.
Viele halten dafür, daß dies die Hölle sey.
166. Die allerschwersten Materien entfernen
sich am weitesten vom Mittelpunkt, und bildeten
die hohen Urgebirge in allen Welttheilen; sie
sind unter allen die höchsten, und immer mit Schnee
bedeckt.
167. Die Urgebirge bestehen durchgehends aus
großen Granitmassen, welche gar nicht zu
verwittern scheinen, sondern gleiche Dauer mit
dem Erdkörper haben; sie enthalten keine Ver=
steinerungen.
168. Der Granit ist ein körnichtes Gemische,
dessen Körner aus Feldspath, Quarz und
Glimmer bestehen.
169. Vor der Mosaischen Schöpfung war die
Erde eine Schlammwasser=Kugel, im Mittelpunkt
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ruhten die schwersten Materien, so wie sie aber
anfing, sich um ihre Achse zu schwingen, so ent=
fernten sich die schwersten Materien am weitesten
vom Mittelpunkt, und bildeten die Urgebirge.
170. Sowie die Urgebirge emporstiegen, so
setzten sich die weniger schweren Massen niedriger
an den Bergseiten an, und bildeten die Mittel=
gebirge, die auch Gangebirge heißen.
Vgl. Jung-Stillings Rektoratsrede, hrsg. v. Düchting und Mindt.
171. Diese Mittelgebirge bestehen aus
allerhand festen Steinarten, die auch noch zum
Theil aus der Vorwelt herstammen. Nur selten
kommen Versteinerungen darinnen vor.
172. In diesen Mittelgebirgen findet man
die Metalle am häufigsten, und da diese gewöhn=
lich in langen Felsenklüften gefunden werden,
welche Gänge heißen, so nennt man sie auch
Ganggebirge.
173. Indem in der Schöpfung bey dem Auf=
steigen der Ur= und Mittelgebirge das Wasser ab=
wärts strömte, so flözte es das lockere Gemische
von Steinen und Erdarten mit sich fort, die nun
zu unterst die Flötzgebirge, die auch ange=
schwemmte heißen, bildeten.
174. In den Flötzgebirgen erzeugen sich
keine Metalle, und doch findet man ganze Flötze,
die daraus bestehen, die als mit der Erde dahin
angeflötzt worden.
175. Endlich giebt es auch Berge, die durch
das unterirdische Feuer entstanden sind, und also
2
26
feuerspeyende Berge oder Vulkane waren;
diese enthalten keine Metalle.
176. Es giebt wahre und falsche Vulkane:
die wahren sind gleichsam Camine des unterirdi=
schen Feuers; die falschen entstehen, wenn unter=
irdische brennbare Materien, z. B. Steinkoh=
len in Brand gerathen.
Von den Metallen.
177. Die Metalle werden eingetheilt in ganze
und halbe; die ganzen wieder in vollkomme=
ne und unvollkommene.
178. Die ganzen Metalle sind Gold, Sil=
ber, Platina, Eisen, Kupfer, Zinn und
Bley; Gold, Silber und Platina sind
vollkommen, die andern sind unvollkommen.
179. Die ganzen Metalle sind feuerbestän=
dig, und lassen sich schmieden; die halben ver=
fliegen im Feuer, und zerbröckeln unter dem
Hammer.
180. Die vollkommene Metalle verän=
dern sich im Schmelzen nicht; sie nehmen nicht
ab, sondern bleiben was sie sind, sie rosten nicht;
die unvollkommenen aber werden im Feuer endlich
zu Pulver, und verrosten.
181. Das Gold ist schön gelb, läßt sich in
feine Fäden ziehen; wird es lang gehämmert, so
wird es hart und elastisch; es lös't sich in einer
27
Mischung von Salzsäure und Salpeter=
säure, die man Königswasser heißt, auf.
182. Man findet das reine Gold hin und wie=
der im Sand der Flüsse, auch wohl in größern
und kleinern Körnern im trockenen Sand, und
dies Gold nennt man gediegen.
183. Am gewöhnlichsten aber findet man es
mit andern Metallen, oder halb Metallen, oder Erd=
arten, auch wohl mit Schwefel vermischt. Diese
Materie nennt man Gold=Erz. Es erzeugt sich
in Felsenklüften, die man auch Gänge heißt, in
den Ganggebirgen.
184. Das Silber ist schön weiß, nächst dem
Gold das geschmeidigste Metall, klingt sehr hell,
wird in Salpetersäure aufgelös't, und wenn
man nun Quecksilber dazu mischt, so wird das
Dianenbäumchen daraus.
Arbor Dianae; Silberbaum.
185. Man findet das Silber auch gediegen,
aber gewöhnlich mit andern Metallen vermischt;
oft in artige Bäumchen gebildet.
186. Am gewöhnlichsten wird das Silber
aus den Silbererzen gewonnen, in welchen es
bald mit Arsenik, bald mit Schwefelsäure
oder mit Salzsäure, auch mit Gold, Kupfer,
und Bley vermischt ist.
187. Die reine Platina ist silberweiß, sehr
dehnbar, zähe, und der schwerste Körper in der
Natur; sie lös't sich auch in Königswasser auf,
28
und wird nur dann vom Magnet angezogen, wenn
sie mit Eisen vermischt ist.
188. Das Kupfer ist roth, sehr hart und
elastisch, hat den stärksten Klang, schmelzt schwer,
und wird von allen Säuren aufgelöst; in diesem
Zustand wird es giftig und Menschen und Vieh
tödtlich.
189. Das Kupfer, wenn es vom Sauerstoff
in der Luft aufgelöst wird, das ist: wenn es
rostet, so wird es grün, mit Essig wird es zu
Grünspan, mit der Schwefelsäure wird
es zum blauen Vitriol.
190. Wenn man das Kupfer mit Zinn
vermischt, so entsteht die Bronze, das Glocken=
Metall, auch die Kanonen werden daraus
gegossen.
191. Kupfer mit Gallmey giebt Mes=
Galmei: bergmännischer Trivialname für Gemenge von Kieselzinkerz und Zinkspat. – S. u. § 214.
sing; mit Zink, und ein klein wenig Gold,
Semilor.
Mannheimer Gold, Legierung aus 7 Kupfer, 3 Messing, 1,5 Zinn oder aus 70 Kupfer. 30 Messing, 0,6 Zinn, ist goldgelb und dient zur Herstellung billiger Schmuckwaren. S. u. § 214.
192. Man findet auch das Kupfer gediegen,
aber mehr oder weniger mit andern Metallen ver=
mischt.
193. Am gewöhnlichsten wird das Kupfer in
Erzen gefunden, wo es in Gängen und Flötzen
bricht, und mit Schwefelsäure, bald auch mit
andern Metallen vermischt ist.
193. Das Eisen ist unter allen das nützlichste
Metall, und wird auch am häufigsten gefunden.
29
Es ist sehr hart, schmelzt schwer, und wird vom
Magnet angezogen, welcher selbst Eisenerz ist.
195. Man will in Rußland und im südli=
chen Amerika gediegen Eisen in einer großen
Masse gefunden haben; aber da das Eisen so schnell
rostet, so ist sehr zu bezweifeln, daß es wirklich
Eisen ist.
196. Es giebt zweyerley Eisen, nämlich ge=
wöhnliches Eisen; dieses ist biegsam, weicher, und
nicht so glänzend als das Stahl.
197. Es giebt zweyerley Stahl: nämlich na=
türliches und künstliches; das natürliche
entsteht aus einem weißgrauen spathaltigen Stein,
Eisenspath, auch Stahlstein genannt.
Vgl. dazu Jung-Stilling: Geschichte des Nassau=Siegenschen Stahl= und Eisengewerbes, 1777.
198. Das künstliche Stahl wird durch
Kunst aus gutem Eisen bereitet, aber es ist nicht
so dauerhaft und brauchbar als das natürliche.
199. Wenn der Eisenstein mit Schwefel
vermischt ist, so heißt er Schwefelkies, aus
welchem man Vitriol siedet.
200. Der Magnet ist auch ein eisenhaltiger
Stein; aller er wird nicht zu Eisen benutzt, dazu
ist er zu selten und zu kostbar. Seine wunderbare
Eigenschaft, das Eisen anzuziehen, und sich nach
Norden und Süden zu wenden, theilt er auch
dem Eisen und Stahl mit.
201. Es giebt vielerley Arten Eisenerze, oder
Eisenstein; die bekanntesten und auch reichsten an
30
Eisen sind der braune und rothe Eisenstein,
auch Glaskopf genannt.
202. Die Insel Elba ist seit zweytausend
Jahren durch ihre Eisenbergwerke berühmt. Auch
Schweden hat viele Eisenbergwerke, auch das
Fürstenthum Nassau=Siegen, der Harz
u. a. m.
203. Das Bley ist unter allen das schlechteste
und weichste Metall; es schmelzt ehe es glühend
wird, und verwandelt sich im Schmelzen am leich=
testen in Aschen.
201. Das Bley wird hin und wieder häufig,
besonders in erzgebirgichten Gegenden mit aller=
hand Materien vermischt gefunden.
205. Das Bley wird leicht von der Luftsäure
aufgelößs't, das ist, er rostet leicht; der Rost ist
weiß; in Essig aufgelös't entsteht das Bleyweiß;
wenn man das Bleiweiß im Feuer glüht, so wird
es roth, und heißt Mennig.
206. Das Zinn hat eine eigene, dem Silber
nah kommende Farbe; wenn man es nahe am Ohr
biegt, so hört man ein feines Knittern; es schmelzt
ehe es glühend wird.
207. Wenn das Zinn lang im Schmelzen
erhalten wird, so verwandelt es sich in Zinn=
asche, welche im Feuer zu einem weißen, un=
durchsichtigen Glas, nämlich zu Email wird. Das
Zinn lös't sich in Königswasser auf.
31
208. England, und vorzüglich Cornwal=
lis, ist seit Jahrtausenden wegen dem Zinn be=
rühmt, anderswo wird es nur selten gefunden.
Von den halben und unedlen Metallen.
209. Das Quecksilber, Mercure, vif ar=
gent, ist flüssig ohne zu netzen: es sieht aus wie
Silber, und ist ein Halbmetall, weil es im Feuer
verfliegt. Im 39sten Grad der Kälte wird es hart,
und läßt sich dann schmieden.
210. Das Quecksilber lös't Gold, Sil=
ber, Zinn und Bley auf, und wird mit ihnen
breyartig; diesen Brey nennt man Amalgama.
Es lös't sich vollständig in der Salpetersäure auf.
211. Man findet das Quecksilber in ver=
schiedenen Erzen mit allerhand Materien vermischt;
wenn es mit Schwefel vermischt ist, so ist es
natürliches Zinnober. Mann findet es häufig
im Zweybrückischen und in Idria.
Ydria; zwischen Krain und Görz im Tal liegender Ort, 5 Stunden von Laibach gelegen; Hüber: Zeitungslexikon S. 1072.
212. Wenn das Quecksilber aufgelös't wird,
so wirkt es, vorzüglich in großen Massen, schädlich
auf den menschlichen Körper.
213. Der Zink ist heller wie Bley, aber
dunkler als Zinn; er schmelzt auch ehe er glühend
wird; im offenen Feuer entzündet er sich mit einer
bläulich grünen Flamme; wenn er im Schmelzen
gehalten wird, so steigt ein weißer Dunst auf, so
daß nichts vom Zink zurückbleibt; wenn man die=
32
sen Dunst auffängt, so erhält man die Zink=
blumen.
214. Die Zink=Erze sind gewöhnlich mit
Schwefelsäure vermischt. Der Gallmay
enthält auch Zink und etwas Eisen.
215. Wenn man den Zink mit Kupfer ver=
mischt, so erhält man Tombak, Prinzmetall,
oder Similor, mit dem Gallmey aber Mes=
S. Semilor in § 191. – Galmei: S. § 191. – Tombak: weißer Tombak = Messing. – Weißkupfer; Argent haché, Pétong.
sing.
216. Der Wißmuth, Etain de glace, ist
silberweiß, sehr brüchig, schmelzt am leichtesten;
setzt man halb so viel Zinn und halb so viel
Bley dazu, so schmelzt es schon im kochenden
Wasser.
217. Wenn man den Wißmuth in Salpe=
tersäure auflös't, und dann Wasser dazu gießt,
so senkt sich ein Pulver nieder, welches Blanco
d'Espagne heißt.
218. Man findet den Wißmuth häufig ge=
diegen, so wie kleine Bäumchen im Jaspis und
Hornstein, dann aber auch in Erzen.
219. Das Antimonium oder Spiesglas
besteht aus Schwefel und einer metallischen
Substanz, welches Spiesglaskönig genannt
wird. Dies Halbmetall ist hart, spröde, brüchig,
und schmelzt schwer. Es sieht weißblaulich aus.
220. Das Spiesglas wird schwer in Säuern,
am leichtesten im Königswasser aufgelös't. Man
33
findet es als Erz in Ungarn; es erregt Er=
brechen.
221. Der Kobalt ist grau, von mattem Eisen=
glanz, sehr hart, brüchig, sehr streng flüssig; mit
Pottasche und Sand giebt er die blaue Smal=
Schmalte (Smalte, Kobaltglas, blaue Farbe, Blaufarbenglas, Kobaltblau)
te. Man findet ihn in verschiedenen Erzen.
222. Der Braunstein wird sehr häufig ver=
erzt gefunden; er lös't sich leicht in Säure auf;
man braucht ihn dem Glas seine schöne weiße Farbe
zu geben.
223. Wolfram, Wasserbley, Kupfer=
nickel, Uranit u. s. w. sind auch Arten von
Halbmetallen.
224. Der Arsenik ist auch ein merkwürdiges
Halbmetall; seine Farbe hält das Mittel zwischen
Zinn und Bley; es brennt im Feuer mit Knob=
lauchsgeruch. Der Dampf ist höchst gefährlich, er
schmeckt süßlich, und färbt das Kupfer weiß. Er
ist das stärkste Eisen.
225. Man findet den Arsenik gediegen im
Fliegenstein; dann auch in allerhand Erzen,
besonders auch im Kobalt.
226. Der Arsenik, mit Schwefel vermischt,
ist das Auripigment, orpiment; es färbt
goldgelb glänzend, ist aber sehr giftig.
34
Von den Erdharzen.
227. Die Erdharze lösen sich in Oel auf, bren=
nen mit Rauch und Flamme, und einige riechen
schon in ihrem natürlichen Zustand, andere ert
im Brennen.
228. Es giebt eigentliche wahre Erzharze,
und auch uneigentliche, die zwar einige Eigen=
schaften derselben, aber nicht alle haben.
229. Die eigentlichen Erzharze sind:
1stens die Naphtha, oder das Steinöl. Dies
ist flüssig, honiggelb, durchsichtig, und von durch=
dringendem Geruch. Man findet die Naphtha
häufig in Persien, am Caspischen Meer, und
in Medien.
230. 2tens das Bergtheer ist schmierig, wie
Theer, schwarzbraun, undurchsichtig und stark
riechend; man findet es im Hannöverischen,
und häufig in der Moldau.
231. 3tens das elastische Erdharz ist
braun, ohne Glanz, sehr elastisch, aber nicht dehn=
bar; findet sich jetzt nur in England.
232. 4tens das Erdpech ist schwarz, glänzend,
pechartig, und brennt wie schwarz Siegellack; man
findet es hin und wieder häufig, besonders in
Palästina am todten Meer.
233. Hieher gehört auch der Bergbalsam,
oder die mineralische Mumie; er ist schwarzbraun,
zäher als das Bergpech, riecht sehr angenehm,
5
und findet sich in Khorassan in Persien, am
Fuß des Caucasus an wenigen Orten, die aber
verschlossen sind, und nur einmal im Jahr geöffnet
werden, daher die Egyptischen Mumien.
234. 5tens die Steinkohle, charbon de
Terre, auch houille, ist schwarz, undurchsichtig,
mit einem mehr oder weniger glänzenden Bruch;
sie wird an vielen Orten statt des Holzes in Oefen,
in den Küchen, und statt der Holzkohlen ge=
braucht.
235. Man findet die Steinkohlen häufig
hin und wieder, am häufigsten zu Newcastle
in England, in der westphälischen Graf=
schaft Mark, im Lüttichschen u. s. w.
236. Ob der Ursprung der Steinkohlen vege=
tabilisch, oder mineralisch sey, das weiß man noch
nicht.
237. 6tens die mineralische Holzkohle
ist merkwürdig: man findet hin und wider eine
ganze Menge Baumstämme in der Erde, lager=
weis, die alle verkohlt und mineralisirt sind.
238. 7tens der Torf ist ein wurzlichter Rasen,
der nach und nach erdharzig geworden; man findet
ihn häufig in Sumpfboden, wo er in viereckigte
Stücke gestochen, getrocknet, und dann in Küchen
und Oefen zur Feuerung gebraucht wird.
239. 8ten der Ambra, Ambre gris, grau
oder blaßgelblich, sehr angenehm von Geruch; er
schmelzt wie Wachs. Man findet ihn bey den
36
Molukkischen Inseln, sonst auch hin und wie=
der in Ostindien, wo er aus der See gefischt,
oder auch am Ufer aufgelesen wird.
240. Seinen Ursprung weiß man nicht; ich
vermuthe aber, daß unter der Erde Lagen von
balsamischem Gehölze liegen, aus denen der Am=
bra quillt, der dann von der See weggespült,
und in derselben härter wird.
241. 9tens der Bernstein, Ambre jaune,
ist wahrscheinlich auch ein Harz, das aus unter=
irdischen Holzlagen quillt, was in der See ver=
härtet, und häufig an dem Ufer in Ostpreußen,
am Curischen und frischen Haf [sic; Haff], am schönsten aber
auf der Insel Madagaskar gefunden wird.
242. Uneigentliche Erdharze sind: 1tens der
Schwefel; dieser besteht aus Feuerstoff, und der
ihm eigenen Säure; man findet ihn häufig hin
und wieder in allerhand Erzen, aus denen er
durchs Feuer ausgezogen wird.
243. 2tens die Kohlenblende, unverbrenn=
liche Steinkohle, ist meist dunkel, eisenschwarz und
glänzend; sie ist spröde, ziemlich hart; sie wider=
steht dem Feuer lang. Sie wird hin und wieder
bey Gera häufig gefunden.
244. 3tens das Reißbley ist allgemein be=
kannt. Das feinste und schönste findet man zu
Keswick in Cumberland in England. Im
Keswick, am Fluß Non.
starken offenen Feuer verfliegt das Reißbley bey=
nahe ganz.
37
Von den mineralischen Salzen.
245. Die Salze lösen sich im Wasser auf,
haben einen scharfen Geschmack; aufgelös't und
verdunstet bilden sie mit etwas Wasser gewöhnlich
eine bestimmte Figur, die man Crystallen
heißt.
246. Alle Salze theilt man 1) in Säure,
2) in Alcalien, das ist: Laugensalze, und
3) in Mittelsalze.
247. Die Säuern schmecken sauer und fär=
ben die blauen Pflanzensäfte, z. B. den Veil=
chen=Syrup, roth; man findet sie im Mineral=
reich nirgend unvermischt.
248. Die Alkalien haben einen scharfen
brennenden Geschmack, und färben die blauen
Pflanzensäfte grün. Sie verbinden sich mit den
Säuern zu Mittelsalzen.
249. Man hat nur ein Alkali, das zum Mi=
neralreich gehört, das Natrum, welches aber
immer mit Luftsäure durchdrungen ist; wird es
davon befreyt, so ist es mit dem Sodesalz
Sode, Sohde: Salzsiederei.
eins.
250. Die Mittelsalze entstehen aus Säu=
ern und Alkalien, oder aus Säuern und en=
dern mineralischen Substanzen.
251. Hieher gehören nur die Mittelsalze,
welche die Natur ohne Mitwirkung der Menschen
hervorbringt.
38
252. 1tens Glauberisches Wundersalz,
Johann Rudolf Glauber, Arzt und Chemiker, geb. 1604 zu Karlstadt in Franken, lebte in Wien, Salzburg, Frankfurt a. M., Köln und etwa seit 1648 in Holland, wo er 1668 in Amsterdam starb. Er entdeckte mehrere Chlormetalle und das schwefelsaure Natron (Glaubersalz).
besteht aus Schwefelsäure und minerali=
schem Alkali; es schmeckt bitter, kühlend, und
dient zum Abführen. Man findet es gewöhnlich
bey den Salzsohlen und beym Steinsalz.
253. 2tens Bittersalz, besteht aus Schwe=
felsäure mit Talkerde; man findet es häufig
in den Schweizer und Savoyer Alpen; es schmeckt
sehr bitter und führt ab.
254. 3tens der Alaun besteht aus Schwe=
felsäure und feinem weißen Thon; er
schmeckt herbe, hernach etwas süßlich. Man fin=
det ihn häufig in den Schweizer Alpen, auch bey
dem Vesuv.
255. 4tens der Vitriol, besteht aus Schwe=
felsäure und einem Metallkalk. Die Schwe=
felsäure mit Eisen grünen= oder Eisenvitriol,
mit Kupfer blauen= oder Kupfervitriol
und mit Zink weißen Vitriol. Man findet
alle Arten häufig in erzreichen Gegenden.
256. 5tens der natürliche Salpeter besteht
aus Salpetersäure mit dem vegetabili=
schen Alkali; er hat einen salzigt kühlenden
Geschmack, und wird hin und wieder häufig, be=
sonders in alten kühlen Gewölben, Viehställen
u. s. w. gefunden.
257. 6tens das Steinsalz besteht aus Salz=
säure und dem mineralischen oder Meer=
salz=Alkali; es ist unser gewöhnliches Küchen=
39
salz; man findet es hin und wieder, vorzüglich
aber in Polen, zu Wieliczka.
Wieliczka (spr. wjelitschka), Stadt in Galizien, 242 m ü. M., am Westabhang einer Anhöhe, an der Staatsbahnlinie Krakau-W. gelegen, ist Sitz einer Bezirkshauptmannschaft und eines Bezirksgerichts, hat ein Schloß (Salinengebäude), Salinenmuseum, Solbadeanstalt, Bergschule, Minoritenkloster, Ziegelfabrik, Armen- und Waisenhaus, einen Stadtpark und (1900) 6293 poln. Einwohner. Unterhalb der Stadt befindet sich das berühmte Steinsalzbergwerk, das reichste der Österreichisch-Ungarischen Monarchie.
258. 7tens der Salmiak besteht aus der
Küchensalzsäure und dem flüchtigen Al=
kali; er hat einen stechenden, laugenhaften Ge=
schmack; man findet ihn hin und wieder, besonders
in vulkanischen Gegenden.
259. Der Borax besteht aus seiner eigenen,
nämlich der Boraxsäure mit dem Meersalz=
Alkali verbunden; er sieht grünlich grau aus,
schmeckt anfangs süßlich, hernach brennend; er
schmelzt nicht im Feuer, und befördert auch das
Schmelzen, daher wird er auch zum Löschen ge=
braucht. Er kommt aus Tibet.
Von den Versteinerungen.
260. Man findet oft Steine in der Erde,
welche die vollkommene Gestalt der Thiere oder
der Pflanzen haben; sie sind auch ehemals Thier
oder Pflanze gewesen, und dann in Stein
verwandelt worden.
261. Diese Verwandlung kann nicht anders als
im Wasser geschehen. Da nun auch in den
höchsten Gebirgen Versteinerungen gefunden wor=
den, so müssen sie ehemals mit Wasser bedeckt
gewesen seyn.
262. Ob die Versteinerungen bey der Schöpfung,
oder in der Sündfluth entstanden sind, das kann
40
man mit ziemlicher Gewißheit entscheiden; die
mehrsten Versteinerungen sind in der Sündfluth
entstanden; viele kommen aus der Vorwelt.
263. Es giebt fünferley Versteinerungen: 1)
Calcinirte, 2) wirklich versteinerte petrifi=
zirte, 3) vulkanisirte, 4) metallisirte,
und 5) verharzte.
264. Calcinirte Versteinerungen sind, wenn
Knochen, Horn, Muscheln, Schnecken u. dgl.
ihren Leim verlieren, und an dessen Stelle mit
einem trüben erdigten Wasser durchdrungen werden,
wo dann das Wasser verdünstet, und die Erdtheil=
chen stecken bleiben.
265. Die wirklichen Versteinerungen
sind, wenn man in festen Steinlagern thierische
oder Pflanzenprodukte findet, die wirklich zu Stein
geworden sind, und nur noch ihre organische Bil=
dung behalten haben.
266. Spurengesteine, Typolithen heißen
die, von welchen blos der Abdruck der äußern
Fläche übrig ist, wie bey den Kräuter, und
Fischschiefern.
267. Vulkanische Versteinerungen sind sel=
ten, weil das Feuer Pflanzen und Thiere ver=
brennt, aber es kann Veränderungen im feuer=
speyenden Berg veranlassen, wodurch ein Schlamm
entsteht, in welchen Seethiere eingefangen werden.
268. Metallisirte Versteinerungen sind,
wenn die versteinernde Materie metallisch ist.
41
269. Verharzte Versteinerungen sind, wenn
das Erdpech Körper durchdrängt, oder in sich ein=
schließt; so findet man Insekten im Bernstein,
Hier kann auch der lebendigen Kröten im Inwen=
digen der Steine gedacht werden.
Mittelwesen zwischen dem Steinreich,
dem Pflanzen= und Thierreich.
270. Es giebt Geschöpfe, welche Steinpflanzen
und Thier zugleich sind. Hierher gehören vorzüglich
die Corallen, welche Behälter von einem
Wurm und steinerne Bäume sind.
271. Man findet die Corallenbäume häufig
im Meer, und vorzüglich in den Südländern,
wo sie so groß werden, daß sie den Schiffern ge=
fährlich sind.
272. Oft wachsen die Corallen so dicht und
in so großer Menge bey einander, daß sie ordent=
liche große Felsenmassen bilden, woraus hernach
Inseln entstehen.
273. Die Corallen entstehen, wenn der erste
Corallenwurm eine steinerne Hülle um sich her an=
zieht, dann eine ganze Nachkommenschaft von
Würmern erzeugt, welche dann die Aeste bilden,
und endlich die ganze Baumfigur hervorbringen.
274. Alle Schaalen=Thiere, deren Schaa=
len kalkartiger Natur sind, sind zum Theil Thier,
42
zum Theil aus Stein; unter diesen ist unsre
Landschnecke das letzte Glied, das sich ans
Thierreich anschließt.
Wie sich die Bildungskraft der Natur auch
schon im Steinreich zum Pflanzenreich hinneigt,
das sieht man an den pflanzenähnlichen Bildun=
gen im Steinreich, wie z. B. am gediegenen
Gold und Silber.
Vom Pflanzenreich.
275. Die Pflanzen unterscheiden sich von
den Erzeugungen des Steinreichs dadurch, daß
sie sich in freyer Luft bilden, eine bestimmte äußere
Figur haben, daß der Nahrungssaft allen Theilen
zugeführt wird, daß sie also leben, doch ohne
eigentliche zu empfinden.
276. Das ganze Pflanzenreich ist also orga=
nisch, und jedes Geschlecht pflanzt sich durch be=
sondere dazu bestimmte Organe fort.
277. Das Pflanzenreich beginnt mit der Cryp=
togamischen, das ist: mit denen Gewächsen,
deren Fortpflanzungsart größtentheils unbekannt
ist.
278. Es giebt cryptogamische Gewächse.
die sich in der faulen Gährung erzeugen, z. B.
alle Arten Schwämme, auch der Schimmel
gehört hieher, die Moose u. dgl.
43
279. Alle diese aus der Fäulniß entstehende
Gewächse haben die Eigenschaft, daß sie die schäd=
lichen Ausdünstungen in sich aufnehmen, und die
Luft reinigen.
280. Wenn auch einige unter diesen Gewächsen
sind, die man zur Nahrung gebrauchen kann, wie
z. B. verschiedene Arten Schwämme, so
sind sie doch im Grund alle verdächtig.
281. Eine andere Art cryptogamischer Ge=
wächse entsteht auf harten Körpern, auf Steinen
und auf Bäumen; hieher gehören alle Arten von
Flechten, die auf Felsen, Schieferdächern
und an alten Bäumen wachsen.
282. Alle diese Arten von Pflanzen entstehen
auf eine uns unbekannte Art; an verschiedenen
Gräsern, wie z. B. an den Farrenkräutern
und Moosen, bemerkt man die Blüthe und den
Saamen.
283. Die Saamen dieser Pflanzenarten sind
größtentheils dem Auge unsichtbar; sie vermischen
sich mit der Luft bis zu den Wolken hinauf, daher
enststehen die Flechten auf den Dächern der
höchsten Thürme und Felsen.
284. Diese Flechten auf den harten Körpern
verwesen zur feinen Erde, in welcher sich größere
cryptogamische Saamen ansetzen, z. B. Moose,
die auch wieder verwesen, und die fruchtbare Erde
vermehren, bis allmählig auch Kräuter, Sträucher
und Bäume da wachsen können.
44
285. Es giebt aber auch noch cryptogami=
sche Gewächse, von deren Entstehung und Fort=
pflanzung man noch gar keine Kenntniß hat;
z. B. die fleischigten Schwammgewächse an alten
Bäumen und faulem Holz.
286. Alle Arten des Pflanzenreichs kommen
darinnen überein, daß sie kein bewegliches Leben
haben, sondern auf der Stelle, wo sie entstehen,
bleiben, und auch wider absterben.
287. Daher muß auch jede Pflanze an dem
Ort, wo sie lebt, durch ihr ganzes Leben durch
Nahrung finden.
288. Der Organismus aller Pflanzen hat zween
Zwecke: 1) sich zu nähren, und 2) sein Ge=
schlecht fortzupflanzen.
289. Die Wurzel ist das erste Nahrungs=
werkzeug; sie giebt nicht allein den Pflanzen einen
festen Stand, sondern sie zieht auch aus der frucht=
baren Dammerde die Nahrungstheilchen an, die
am leichtesten in die Natur der Pflanze verwandelt
werden können.
290. Die fruchtbare Damm= oder Faul=
Erde enthält allein die Pflanzennahrung; diese
entsteht aus denen durch die faule Gährung aufge=
lös'ten Pflanzen und Thieren. Die tiefer liegende
wilde oder rohe Erde nährt wohl cryptoga=
mische, aber keine größere Pflanzen.
291. Weil jede Pflanzenwurzel nur die Nah=
rungstheilchen einsaugt, die ihrer Natur am nächsten
45
sind, so können veredelte Früchte, wie die Ge=
treide= und Gartengewächse, nicht zweymal
nach einander auf dem nämlichen Platz gezogen
werden, sonden [sic; sondern] sie müssen mit andern abwechseln.
292. Die veredelten Pflanzen brauchen
auch mehr Nahrung, als ihnen die Natur dar=
bietet; daher muß die Erde gedüngt werden.
Der Dünger besteht vorzüglich aus den Excre=
menten der Thiere.
293. Der Dünger ist nach Graden verschie=
den; den geringsten geben die Schweine, einen
stärkern das Rindvieh; dieser ist am brauch=
barsten, noch stärkern die Schaafe noch stärkern
die Pferde, und den stärksten das Geflügel
und die Menschen.
294. Bey dem Düngen muß man auf zwey
Dinge Rücksicht nehmen: auf einen kalten
leimichten, und von der Sonne abgewandten
Boden, und auf einen warmen sandigten
oder an der Sonne liegenden Boden.
295. Dem kalten Boden dient vorzüglich
Schaaf= oder Pferdedünger; wo man den
nicht hat, da bedient man sich auch des Rind=
viehdüngers.
296. Aber auch die Pflanzen lieben einen Dün=
ger vor dem andern: fremde Gewächse aus den
heißen Himmelsstrichen erfordern die stärksten und
hitzigsten Dungarten, und im Gegentheil.
297. Es giebt aber auch künstliche Dungmittel,
Künstlicher Dünger.
46
welche die Pflanzen nicht selbst nähren, sondern
entweder die Fäulniß befördern, oder die Eigen=
schaft des Bodens verbessern, oder die Feuchtigkeit
der Luft anziehen, als da sind: der Kalk, der
Mergel, der Gyps, Asche u. dgl.
298. Auf dem warmen, an der Sonne liegen=
den Sand= oder Kalkboden dient auch der grüne
Dünger; wenn man nämlich fette Kräuter, wie
z. B. Wicken oder sonst ein starkes Kraut säet,
in der Blüthe abmäht, und unterpflügt.
299. Die zweiten Nahrunsgwerkzeuge der Pflan=
zen sind die Blätter an den Bäumen, und das
Kraut an den Pflanzen. Diese Werkzeuge
saugen mit der unteren Oberfläche die Kräfte aus
der Luft ein, und mit der obern dünsten sie aus.
300. Aber auch die ganze Oberfläche der Rinde
an Stamm und Aesten saugt ein, und dünstet aus,
denn die Bäume sind schon im Frühjahr bis in
den Gipfel voll Saft, wenn noch kein Blatt da ist.
301. Daß die Blätter und Rinde Nahrung
aus der Luft einsaugen, das beweisen die Sträucher
und Kräuter, die aus Mauern und Felsenritzen
herauswachsen.
302. Das Fortpflanzungsgeschäfte der Pflanzen
ist theils natürlich, theils künstlich; von dem
Ersten ist hier eigentlich die Rede.
303. Die allgemeinste natürliche Fortpflanzung
geschieht durch den Saamen, welcher entweder
nackt, oder in Hülsen, oder in eine fleischigte
47
Frucht, die entweder genießbar oder unge=
nießbar ist, eingeschlossen, oder sich selbst eine näh=
rende Frucht ist.
304. Der nackte Saamen ist entweder
fliegend oder fallend; letzterer wird auch oft
von Vögeln und andern Thieren in den Excremen=
ten an andre Oerter gebracht.
305. es giebt auch Pflanzen, deren Wurzeln
aus der Erde Schosse emportreiben, die besondere
Pflanzen werden, wie z. B. Pappeln, Wei=
den, Queckengras u. dgl.
306. Die Wurzeln anderer Gewächse bilden
Knollen mit Augen; wenn man diese pflanzt,
so bekommt man das Gewächse; hieher gehören
die Kartoffeln, die Erdmäuse u. dgl.
Erdnüsse: Erdmäuse, Erdmäuschen genannt, weil die Wurzeln an den Seiten ein Fäserchen haben, welches einem Mäuseschwanze nicht unähnlich ist.
307. Es giebt auch Gewächse, deren Zweige
bis zur Erde herabhängen, und deren Spitzen
dann wieder wurzeln, wie z. B. der Banian=
baum.
Banyan: Feigenbaum; nicht Banianenbaum.
308. Wenn man die Gipfel der Weiden bis
auf die Erde legt, so wurzeln sie auch, und bilden
einen Bogen mit zween Stämmen. Man kann
auch kleine, noch junge bäume mit der Krone in
die Erde pflanzen, die Wurzeln treiben, alsdann
in der Luft Blätter, Blüthen und Früchte,
309. Die natürlichste Fortpflanzung
geschieht durch den Saamen; jedes Saamenkorn
enthält den Keim zur künftigen Pflanze, welcher
in einem vertrockneten Schleim eingeschlossen ist.
48
310. Dieser Schleim besteht aus Oel, Pflan=
zensäure und einer sehr feinen Erde; wenn
das Saamenkorn in die feuchte Erde kommt, so
wird der Schleim zu flüssiger Milch, die den Keim
nährt, bis er mit seinen Würzelchen die Nahrung
aus der Erde einsaugen kann.
311. Das Saamenkorn mag in der Erde liegen,
wie es will, der Keim richtet sich immer gerade in
die Höhe; diese Richtung bekommt er, wenn er
noch klein und zart ist durch die Ausdünstung der
Erde.
312. Die Saamen einiger Pflanzen gehen in
der Erde nicht auf, sondern sie müssen auf die
Rinde der Bäume geklebt werden, in welcher sie
wurzeln, keimen, wachsen, blühen und Früchte
bringen; man nennt sie Schmarozerpflanzen.
313. Es giebt einjährige, zweyjährige,
und länger dauernde, perennirende Pflanzen.
perennierend: ausdauernd, überwinternd; bei Pflanzen, die länger als ein Jahr leben.
Die einjährigen streuen ihren Saamen im Herbst,
den Winter keimen sie, im Frühjahr wachsen sie,
um Sommer blühen sie, im Herbst bringen sie ihren
Saamen und sterben.
314. Viele Grasarten, viele Kräuter und Pflan=
zen sind einjährig. Die zweyjährigen bilden im
ersten Jahr die Wurzel und die Pflanze, im zwei=
ten die Blüthen und die Früchte.
315. Die perennirenden Pflanzen sind
entweder Kräuter oder Holzarten. Bey den
Kräutern sind die Wurzeln holzartig; diese
49
treiben jedes Jahr frisches Kraut mit Blüthe und
Saamen; im Herbst stirbt es ab, die Wurzel aber
bleibt.
316. Die Holzgeschlechter sind die vollkom=
mensten Pflanzen; an ihnen kann man die Pflan=
zen=Natur am besten kennen lernen; man theilt
sie in Stauden, Sträucher und Bäume.
317. Die Stauden sind kleine Sträucher,
deren Stämmchen und ältere Aeste holzigt, die
frischen jungen Aeste aber krautartig sind.
318. Die Sträucher sind durchaus Holz;
sie unterscheiden sich von den Bäumen nur darin=
nen, daß sie keinen eigentlichen Stamm haben,
sondern nahe an der Wurzel, oder aus derselben
schon Aeste treiben.
319. Es giebt auch Holzarten, welche beständig
Sträucher bleiben, und nicht zu Bäumen er=
wachsen; dagegen können aber auch die größten
Baumgeschlechter, wenn sie in der Jugend verletzt
werden, strauchartig werden.
320. Die Wurzeln der Holzgeschlechter bestehen
aus der Herzwurzel, der Pfalwurzel, und
den Seitenwurzeln; diese nähren die Pflanze.
321. Der Stamm und die Aeste machen
ihren Körper über der Erde in der Luft aus. Die
Blätter sind auch Nahrungs=Werkzeuge; die
Blüthen, Früchte und Saamen dienen zur
Fortpflanzung.
322. Die Bestandtheile aller dieser Organe sind:
3
50
1) das Mark, 2) das Holz, 3) der Splint,
4) die Rinde; diese aber hat wieder drey Theyle:
1) den Bast, 2) die eigentliche Rinde, und
3) das Oberhäutchen.
323. Das Mark ist eigentlich das Gehirn der
Pflanze; im Mark liegt die Bildungs= und die
Lebenskraft derselben; es hat seinen Sitz in der
Herzwurzel, von wannen es durch gewisse sub=
tile Röhrchen nach allen Richtungen treibt, und
den Wachsthum bewürkt.
324. Bey den einjährigen Pflanzen bil=
det sich eben so viel Mark als zur Bildung der
Pflanze, zum Blühen und Fruchttragen erfordert
wird; wenn also die Frucht oder der Saame reif
ist, so ist das Mark verzehrt, die Pflanze stirb.
325. Bey den zweyjährigen Pflanzen
bildet das Mark in der Herzwurzel im ersten
Jahr die Pflanze, und im zweiten Blüthen und
Früchte; dann ist das Mark erschöpft, die Pflanze
stirbt.
326. Bey den perennirenden Pflanzen
wird das Mark immer fort erzeugt, erhalten und
vermehrt, bis endlich der Organismus alt und steif
wird, so daß er das Mark aus dem Saft nicht
mehr absondern und bilden kann.
327. Das Mark ist der wesentliche Theil des
Pflanzensafts; wenn es eingeschlossen ist und trocken
wird, so ist es eine weiche blasigte Substanz, wie
man dies Alles an den Hollunderzweigen am besten
sehen kann.
51
328. Das Holz macht eigentlich den festen
Bestandtheil der Pflanzen aus; ney den Kräutern
ist es weich, fleischigt, bey den Hölzern aber hart,
doch in verschiedenen Graden.
329. Das Holz besteht aus lauter in einander
geflochtenen Fasern, deren jede sich in immer klei=
nere spalten läßt; es ist überall mit Mark= und
Saftröhren angefüllt. Die Hauptmarkröhre aber
ist immer in der Mitte des Stammes oder Astes.
330. Der Splint ist ein Mittelding zwischen
Rinde und Holz, und befindet sich auch zwischen
beiden. Er ist weich und schwammicht, und daher
nicht brauchbar.
331. Die Rinde umgiebt den ganzen Stamm
oder Ast; sie ist noch weicher und schwammichter
als der Splint, und besteht aus lauter Saft=
und Markröhren, die alle auch mit Saft und
Mark angefüllt sind.
332. Bey rückkehrender Wärme im Frühjahr
dehnt die Wärme die Mark= und Saftröhren
der Rinde aus; sie füllen sich mit Saft und
Mark an, die Rinde wird dicker, schwellt auf,
und drückt stark gegen den Splint an, dadurch
wird er dichter.
333. Durch diesen Druck gegen den Splint,
wird die innere Oberfläche der Rinde lederartig,
und heißt nun Bast; der Saft ergießt sich zwischen
den Bast und den Splint, so daß man die
Rinde abschälen kann.
52
334. Den Sommer durch bis in den Herbst
trocknet der Saft zwischen der Rinde und dem
Splint; er wird klebrigt und leimt den Bast
an den Splint den Winter durch fest an. Im
Frühjahr kann der Saft nicht wieder den vorigen
Bast abtrennen; er bildet also wieder neuen Bast.
335. Auf diese Weise entsteht also alle Jahre
rund um das Holz herum eine neue Lage; aus der
Rinde wird der Bast, aus dem Bast der
Splint, und aus dem Splint Holz. Da=
durch entstehen dann die Jahrringe.
336. Der Stamm wird also jedes Jahr um
etwas dicker; dieser Wachsthum dauert so lang,
bis endlich die Festigkeit des Holzes die Markröhren
verdrängt; jetzt wächst der Stamm nicht mehr
in die Dicke, aber oben in der Krone dauert der
Wachsthum fort, bis auch da das Mark verdrängt
wird; endlich umgiebt das Oberhäutchen die ganze
Rinde.
337. Es giebt eine große Menge Pflanzenge=
schlechter, die man nach Verschiedenheit der Blüthen
einzutheilen pflegt; denn eine und die nämliche
Pflanzenart blüht auch auf eine und die nämliche
Weise.
338. Jede Blüthe hat den Zweck Früchte
oder Saamen zu erzeugen; dazu werden zweyerley
Werkzeuge erfordert; nämlich Staubfäden und
der Staubweg; beide stehen in der Blume auf
dem Fruchtboden.
53
339. Die Staubfäden haben an der Spitze
den Staubbeutel; der Staubweg hat unten
den Fruchtknoten, und oben die Narbe. An
den weißen und gelben Lilien sieht man alle diese
Theile am besten.
340. Die Befruchtung geschieht, wenn die
Staubbeutel ihren Staub auf die Narbe
streuen, dadurch wird unten der Fruchtknoten
belebt, so daß er nun zu Frucht und Saamen er=
reift.
341. Die Verschiedenheit der Pflanzengeschlech=
ter wird durch die Anzahl der Staubfäden, die
Beschaffenheit des Staubweges, des Blumen=
kelchs u. dgl. bestimmt.
342. Wenn Staubfäden und der Staub=
weg in einer Blume beysammen sind, so nennt
man sie Zwitterblüthen; sind dieser Werkzeuge
in verschiedene Blumen getrennt, aber doch auf
einer Pflanze, so nennt man sie einhäusige
Blüthen; sind sie aber auf verschiedene Pflanzen
getrennt, so heißen sie zweyhäusige.
343. Es giebt auch Pflanzen, auf welchen
Zwitterblüthen, einhäusige und zwey=
häusige, beysammen stehen; wo die Befruchtungs=
theile getrennt sind, da streut der Wind den Blü=
thenstaub auf die Narbe.
344. Man hat aber auch eine künstliche Fort=
pflanzung der Gewächse, nämlich durch Steck=
reiser, durch Pfropfen und Okuliren, durch
54
Ableger, und durch Verpflanzung der Wurzeln
oder Zwiebeln.
345. Durch Steckreiser kann man nur ge=
wisse Pflanzenarten, z. B. die Weiden, fortpflan=
zen. Man schneidet nämlich Stäbchen ab, sticht
Löcher in die feuchte Erde mit einem Pfahle, fullt [sic: füllt]
sie mit Gartenerde und Wasser, spaltet das Stäb=
chen unten einen Zoll lang, klemmt eine Getreide=
körnchen dazwischen, und schiebt dann das Stäb=
chen in das Loch.
346. Auch der Weinstock wird durch Steckreiser
fortgepflanzt; man läßt aber Weinrebenstäbchen
erst Wurzelchen ziehen, ehe man sie in die Löcher
einsenkt.
347. Das Pfropfen geschieht, wenn man den
jungen Stamm eines Bäumchens oder einen Ast
abschneidet, dann einen halben Finger lang spaltet,
und dann ein kleines Aestchen von einem andern
Baum keilförmig zuspitzt, und in die Spalte so
hineinschiebt, daß die Linie zwischen der Rinde
und dem Holz mit der nämlichen Linie genau zu=
sammentrifft, und dann alles mit einem Kütt [sic; Kitt] ver=
bindet, damit keine Luft dabey kommt.
348. Wenn man ein junges Bäumchen nahe
am Boden abschneidet, und mehr als ein Reis
darauf pfropft, so bekommt man einen Strauch;
auf dieser Weise werden die Spaliere gezogen.
349. Das Okuliren geschieht, wenn man
ein Auge von einem edlen Baum mit einem drey=
55
eckigten Stücklein Rinde abschält, dann an einem
andern wilden Stämmchen einen Schnitt wie ein
T in die Rinde macht; obiges Schildchen mit
dem Auge dann unter die abgelös'te Ecken hinein=
schiebt, so daß es an die obere Linie genau an=
schließt.
350. Durch das Pfopfen und Okuliren
werden die Pflanzen veredelt und verbessert,
wenn man das Pfropfreis immer von einem edlern
Gewächs derselbigen Art nimmt.
351. Alle Arten des Kernobstes, des Stein=
obstes, des Nußobstes und der Beerengat=
tungen lassen sich aufeinander pfropfen, und so
vielfältige Gattungen von Obst hervorbringen.
352. Es findet auch eine Veredlung statt, wenn
man Gleiches auf Gleiches pfropft, und von den
angewachsenen Pfropfreisern wieder Pfropfreiser
nimmt, und die von Jahr zu Jahr fortsetzt.
353. Mit den Ablegern verfährt man folgen=
der Gestalt: An Sträuchern beugt man ein
wuchsiges Aestchen auf die Erde, man befestigt es
da mit einem Pfählchen, das einen Hacken [sic; Haken] hat,
dann bedeckt man den Ort, wo das Pfählchen steckt,
mit einem Haufen Gartenerde; in dieser Erde zeugt
der Ast Wurzeln, hinter diesen schneidet man den
Ast ab, und verpflanzt ihn.
354. Wenn man in der Höhe an einem Ast
einen Ableger ziehen will, so wählt man einen Ast,
der nicht zu dick ist, und noch eine platte, nicht
56
runzlichte Rinde hat; nun nimmt man ein Käst=
chen, das aus zweyen Hälften besteht, und Ein=
schnitte hat, die den Ast umschließen; füllt beyde
Hälften mit Gartenerde, und faßt nun den Ast
damit ein, und bindet beyde Hälften zusammen.
355. Wenn nach einigen Wochen, während
welchen man im trockenen Wetter begießen muß,
der Ast Wurzeln gezogen hat, so schneidet man
ihn hinter dem Kästchen ab, und verpflanzt ihn
dann mit der Erde an den bestimmten Ort.
356. Das Ablegermachen ist bey zarten
Gewächsen, die man nicht pfropfen und oku=
liren kann, und dann auch bey fremden Ge=
wächsen, wozu man keine Stämme zum Ein=
pfropfen hat, gebräuchlich.
357. In dem kalten und temperirten Erdstrichen
werden alle Pflanzen, die weiche Blätter ha=
ben, diese Blätter im Herbst ab, die harten,
lederartigen Blätter aber bleiben, bis frische
kommen, die die alten abstoßen.
358. In den warmen Erdstrichen bleiben aber
alle Blätter so lang bis sie den neuen weichen
müssen; daher sind sie immer grün. Die Pflanzen
werden auch grölßer, kräftiger, und ihr Geruch ist
stärker.
Von der Thierlehre.
359. Bey aller Verschiedenheit der Thiere kom=
men doch alle darinnen überein, daß sie eine ein=
57
zige Oeffnung an ihrem Körper haben, durch welche
sie die Nahrung zu sich nehmen; diese ist durch=
gehends organisch, entweder aus dem Pflan=
zen= oder aus dem Thierreich, oder aus bei=
den zusammen.
360. Hunger und Appetit sind die Leiden=
schaften, die die Thiere antreibt, Nahrung zu
sich zu nehmen. Die Kaltblütigen können
länger ohne Nahrung leben, als die Warmblü=
tigen; während der Verwandlung genießen die
Insekten nichts; viele Thiere schlafen im Winter
ohne etwas zu genießen.
361. Die Thiere, welche nur flüssige Nahrung
genießen, bedürfen nur einer einfachen Oeff=
nung, durch welche sie sie an und in den Leib
ziehen; welche aber harte Speisen genießen, haben
Werkzeuge im Mund, Zähne, Zunge, Käu=
muskeln und Schlingmuskeln, wodurch sie
die zermalmten Speisen hinunterschlucken.
362. Im Magen werden die Speisen zer=
rieben, im Zwölffingerdarm kommt die Galle
aus der Leber dazu, welche die wurmförmige
Bewegung der Gedärme befördert, und den
feinen Nahrungssaft von den groben Theilen ab=
sondert.
363. Hier giebt auch die Gekrösdrüße ihren
Saft hinzu, der die Speisen verdünnt, und noch
weiter auflös't. Dann gehen sie aus dem Zwölf=
finger=Darm in den langen dünnen Darm,
Vgl. auch Volkslehrer Bd. 2. – Viehrarzneikunde Bd. 1. – Mesenterialdrüsen: Glandulae mesentericae
58
die sie durch die Grimmdarmklappe in den
Grimmdarm übergehen.
364. Die ganze innere Oberfläche der Gedärme
ist mit lauter kleinen Saugröhrchen bedeckt;
diese saugen den feinen milchähnlichen Nahrungs=
saft ein, und führen ihn durch viele Milchadern
in den großen Milchkanal am Rückgrad, durch
welchen er sich in der linken Schulter=Blut=
ader in der Geblüt ergießt.
365. Durch die immerwährende Bewe=
gung des Herzens wird der Milchsaft ge=
nau mit dem Blut vermischt, und allmählig in
dasselbe verwandelt; woher die rothe Farbe des
Bluts kommt, das ist ungewiß.
366. Die Bewegung des Herzens ist
die Grundursache des Lebens im ganzen
Thierreich. Alle Thiere haben ein Herz oder
doch etwas ähnliches, ein Werkzeug, welches das
Geblüt durch den ganzen Körper bewegt.
367. Die Bewegung des Herzens und der
Kreislauf des Geblüts ist bey den Menschen und
vierfüßigen Landthieren am vollständigsten. Das
Herz besteht aus zweyen Kammern, die durch
eine Scheidewand getrennt sind, und aus zwey
Ohren, die auch eine Scheidewand zwischen sich
haben.
368. Das Geblüt kommt aus dem ganzen
Körper durch die Blutadern endlich in die große
Hohlader an der rechten Seite des Herzens, und
59
tritt ins rechte Herzohr; dies zieht sich zusam=
men, und drückt das Blut in die rechte Herz=
kammer; nun zieht sich diese zusammen, und
drückt das Blut durch die Lungen=Pulsader
in die Lunge; aus dieser kommt es durch die
Lungenblutadern wieder zurück zum linken
Herzohr; dies drückt es in die linke Herz=
kammer, und diese durch die große Pulsader
in den ganzen Körper.
369. Die Lunge besteht aus zweyen Flügeln
und aus lauter kleinen Bläschen, die man durch
die Luftröhre aufblasen kann; die Substanz der
Lunge selbst ist zwischen den Bläschen mit lauter
kleinen Aederchen durchwebt, durch welche das
Geblüt umläuft, und durch das Odenholen
abgekühlt und erfrischt wird.
370. Wenn das Odemholen gehindert wird,
so dehnt sich die Lunge nicht aus; das Blut kann
aus dem Herzen nicht hineindringen; es steht daher
still, und darauf folgt der Tod; man nennt dies
einen Steckfluß.
371. Wenn eine Ader in der Lunge zerbricht,
so fließt das Blut in die Luftbläschen, und es ent=
steht ein Bluthusten, und wenn die Ader nicht
wieder zuheilt, sondern ein Geschwür entsteht, so
folgt die Auszehrung oder Lungensucht.
372. Zerspringt aber eine große Ader in der
Lunge, so folgt ein Blutsturz, und wenn es
eine Pulsader ist, so ist der plötzliche Tod unver=
meidlich, und keine Rettung möglich.
60
373. Das Odemholen befördert den Kreis=
lauf des Geblüts: wenn man einathmet,
so strömt das Blut in die Lunge, und bey dem
Ausathmen wieder zum Herzen.
374. Bey dem Einathmen kühlt die Luft das
Geblüt ab, und theilt ihm auch Luft= und Lebens=
theilchen aus der Luft mit. Bey dem Ausathmen
nimmt die Luft viele unnütze Theile mit, die aus
dem Geblüt ausdünsten.
375. Die Bewegung des Herzens treibt durch
die große Pulsader, die sich in immer kleinere
Aeste, bis endlich in die allerkleinsten Zweige zer=
theilt, das Geblüt in alle Punkte des Körpers, wo
es die abgenutzten Theilchen ersetzt, und
sie dann in den Blutadern aufnimmt, die sie den
Absonderungswerkzeugen zuführen, die sie
dann aus dem Körper wegschaffen.
376. Das Blut besteht aus dreyerley Haupt=
bestandtheilen: 1) aus den rothen Blutkügel=
chen, 2) aus dem Blutwasser, und 3) aus
der Lymphe, die eine gallenartige Eigenschaft hat.
377. Mit den Blutkügelchen wird das
Fleisch und alles, was am Körper roth ist, genährt.
Die Lymphe enthält die Nachrung für alle nicht
rothe Theile, z. B. Knochen, Häute, Adern
u. s. w. Das Blutwasser ist zur Flüssigkeit
nöthig; dann nimmt es auch alle abgenutzten Theil=
chen auf.
378. Die abgenutzten Theilchen werden
61
auf verschiedene Weise aus dem Körper geschafft;
die feinsten gehen durch die Ausdünstung der
Lunge im Ausathmen, und durch die Aus=
dünstung des ganzen Körpers fort.
379. Wenn durch Verkältung die Ausdün=
stung gehindert wird, so bleiben diese feine
schädlichen Theile in der Brust oder unter der
Haut zurück; daher entstehen dann Verstopfungen
in den kleinen Gefäßen, mithin Entzündungen,
Rheumatismen u. dgl.
380. Die gröberen abgenutzten Theile
vermischen sich mit dem Blutwasser, und werden
in den Nieren vom Geblüt abgesondert in der
Urinblase aufbewahrt, und dann von Zeit zu Zeit
durch den gewöhnlichen Weg hinweggeschafft.
381. Was von den Speisen in den Eingeweiden
übrig bleibt, und nicht mehr zur Nahrung taugt,
wird durch den dicken Grimmdarm fortbe=
wegt, wo die kleinen Gefäßchen einen flüchtig
alkalischen Saft einsaugen, welcher dem Ge=
blüt in der Pfortader zugemischt, zur Leber
geführt wird, und da zur Zubereitung der Galle
dient.
382. Die Pfortader befindet sich im Unter=
leibe; viele kleine Aestchen nehmen das Geblüt aus
den kleinen Aestchen der Pulsadern auf, und füh=
ren es der Pfortader zu; diese bringt es in die
Leber, wo sie sich wieder in kleine Aestchen ver=
theilt; hier wird die Galle bereitete, und dann
62
das Blut der großen Hohlader übergeben,
die es zum Herzen führt.
383. Zur Zubereitung der Galle wird auch die
Milz erfordert; diese liegt in der linken Seite
unter dem Zwergfell, und führt der Leber
durch einen besondern Gang einen Saft zu, der
auch zur Zubereitung der Galle erforderlich ist.
364. Es befinden sich auch noch andere Werk=
zeuge im Körper, die man Drüßen [sic; Drüsen] heißt, und
welche entweder nützliche, oder auch unnütze Theil=
chen aus dem Geblüt absondern, z. B. das Euter
des Viehs sondert die Milch ab, die Speichel=
drüßen um den Mund den Speichel u. s. w.
385. Das Gehirn ist in dem thierischen Kör=
per höchst merkwürdig: denn es sondert aus dem
Geblüt die Lebensgeister ab, welche Verwandt=
schaft mit dem Geist haben, der durch die Gährung
entsteht; doch enthalten sie im Menschen noch eine
erhabener feine, geistige Materie, die vermuth=
lich mit der elektrischen und der Lichtmaterie einer=
ley ist.
386. Mit diesen Lebensgeistern ist in dem Men=
schen der denkende vernünftige Geist innig
und ewig verbunden, beide zusammen machen die
menschliche Seele aus; bey den Thieren aber
fehlt dieser Geist; die Lebensgeister und die Thier=
seele ist eins.
387. Wenn diese Lebensgeister im Gehirn an=
gesondert sind, so werden die Nerven,
63
welche wie dickere und schmälere Fäden, die mit
Gehirn angefüllt sind, und alle vom Gehirn aus=
gehen, sich in alle Theile des Körpers vertheilen,
und Empfindung und Bewegung dahin bringen,
wo sie nöthig sind.
388. Die Empfindung oder das Gefühl
ist der allgemeine Sonn, der allen Theilen des Kör=
pers, die Knochen und einige Häute oder Hö=
len ausgenommen, durch die Nerven mitge=
theilt wird. Die Thiere empfinden, der Mensch
weiß daß er empfindet.
389. Die Haut, welche den ganzen Körper
umgiebt, ist das eigentliche Organ des Gefühls;
die übrigen vier Sinne sind nur besondere Bestim=
mungen desselben; mit den Augen fühlt man
das Licht, und die beleuchtete Gegen=
stände; mit den Ohren fühlt man die verschie=
denen Grade des Zitterns der Luft; man nennt
sie Schall oder Töne. Mit der Nase fühlt
man gewisse Ausdünstungen der Körper,
mit der Zunge und dem Gaumen fühlt man
die Geschmacktheilchen der Körper.
390. Die vereinigte Folge aller Sinnen zusam=
men macht bey den Thieren der Instinkt aus,
der sie zu allen ihren Handlungen leitete, und den
Grund aller ihrer Handlungen enthält.
391. Bey den Menschen steht der Instinkt
unter dem Gesetz der Vernunft und der sinn=
lichen Lüste, bey dem wahren Christen
64
aber unter dem Gehorsam der göttlichen
Gesetze.
392. Die Empfindung und die Bewe=
gung zusammen nennt man das Leben; wer
nichts empfindet, und in dem sich nichts mehr
bewegt, der ist todt.
393. Die Lebensgeister bewirken in den
sinnlichen Werkzeugen und in allen fleischigten Thei=
len Empfindung, aber in letztern auch noch
über das die Bewegung; alles rothe Fleisch
ist Werkzeug der Bewegung.
394. Alles Fleisch besteht aus lauter Orga=
nen, die man Muskeln nennt; diese bestehen
aus lauter kleinen Fäserchen, die alle neben ein=
ander in gleicher Richtung liegen.
395. Alle Muskelfasern sind durch ein
lockeres, fadigtes Gewebe, welches auch alle
Häute bildet, mit einander verbunden, jeder
Muskel ist an beiden Enden durch eine Sehne
an den Theil angeheftet, der bewegt werden soll.
396. Wenn die Lebensgeister in einen Mus=
kel einströmen, so wird dadurch jedes kleinste Fä=
serchen gereitzt; es zieht sich zusammen, und wird
kürzer, folglich auch der ganze Muskel; dadurch
zieht er den Theil an, an welchen er angeheftet
ist, und so entsteht nun jede Bewegung im Kör=
per, keine ausgenommen.
397. Wenn der Körper durch Bewegung und
Empfindung ermüdet ist, das ist, wenn die
65
Lebensgeister erschöpft sind, und zu mangeln be=
ginnen, so wird man schläfrig. Während dem
Schlaf ruhen alle Sinnen, folglich bereitete das
Gehirn wieder einen Vorrath von Lebensgeister
auf die Zukunft.
398. Alle Bewegungen im Körper hängen von
dem einströmen der Lebensgeister in die Muskeln
ab. Es giebt viele Bewegungen, die von dem
Willen der Seele abhangen, so daß man sie
machen und auch unterlassen kann; dahin ge=
hört gehen, stehen, ruhen, Handarbeiten
u. dgl.
399. Andere Bewegungen hängen nicht von
dem Willen, sondern von der Natur und der
Einrichtung der Organe ab, wie z. B. die Be=
wegung des Herzens, die wurmförmige
Bewegung der Eingeweide und andere mehr.
400. Das Thierreich theilt sich in sechs Klas=
sen; es besteht 1) aus Würmern, 2) aus In=
sekten, 3) aus Fischen, 4) aus den Amphi=
bien, 5) aus den Vögeln, und 6) aus den
Säugethieren.
401. Die Würmer haben kaltes weißes
Blut und Fühlfäden; man ordnet sie auch in
sechs Klassen: 1) in nackte Pflanzenthiere
ohne Gehäuse; 2) in Pflanzenthiere oder Po=
lypen, die die Corallen und andere harte Kör=
per bilden und bewohnen; 3) in überkrustete
Würmer; 4) in Würmer, die in Muscheln
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wohnen; 6) in nackte weiche Würmer, mit
viele Gliedmaßen, und 6) in längliche Wür=
mer, ohne merkliche, sichtbare, äußere Gliedmaßen.
402. Vor allen diesen Würmern geht noch eine
Klasse Geschöpfe vorher, die man auch crypto=
gamische Thiere nennen kann, weil man nicht
wei0, wie oder wo sie entstehen. Hieher gehören
alle die zahllosen Gewürmarten, di in der Fäulniß
entstehen, von den Infusionsthierchen an
Infusorien (Infusionstierchen, Aufgußtierchen, Infusoria), entdeckt von Antony van Leeuwenhoek, Naturforscher, geb. Delft 24.10.1632, gest. ebd. 27.08.1723.
bis zu den nackten Pflanzenthierchen ohne
Gehäuse, das ist bis zur ersten Klasse der Wür=
mer.
403. Die Pflanzenthierchen ohne Ge=
häuse sind alle Polyparten, die im Wasser
leben und pflanzenähnliche Körper haben, auch
eben so wachsen; sie können sich auch mehrentheils
von einem Ort zum andern bewegen; dann nähren
sie sich auch wie die Thiere, nur haben sie weiche
Körper ohne Schaalen.
404. Die Pflanzenthiere in harten Schaa=
len sind die Corallen=Polypen; diese kön=
nen sich nicht von der Stelle bewegen, aber sie
wachsen in ungeheurer Menge und Größe aus dem
Grund des Meers bis zur Oberfläche empor, und
bilden Klippen, Felsen und ganze Inseln.
405. Die überkrusteten Würmer kennen
wir noch wenige; sie leben alle im Meer. Ihre
Haut ist eine harte Horn= oder steinartige Kruste.
Bey dem See=Igel ist sie mit beweglichen Sta=
67
cheln besetzt; bey dem Seestern ist die Bewe=
gung von einem Ort zum andern langsam.
406. Die Conchylien sind Würmer, welche
in Muscheln oder Schnecken wohnen; die
Muscheln sind einfache flache Behälter, die ge=
wöhnlich wie eine Dose sich öffnen und schließen;
die Schneckenhäuser sind aber Röhren, die
kreisförmig sich winden und immer enger werden.
407. Beiderley Gehäuse bestehen anfänglich
aus einer knorligten oder hornartigen Grundlage,
die ihre nachherige Festigkeit durch die allgemach
in sie abgesetzte Kalkerde erhält.
408. Die Conchylien befinden sich in unge=
heurer Menge im Meer; sehr viele prangen mit
den schönsten Farben und Zeichnungen. Die be=
kanntesten Muscheln sind die Fluß= oder Bach=
Muschel, die Auster und die Perlenmu=
schel. In Ostindien findet man eine Muschel=
art, unter dem Namen Gigas oder Riesen=
muschel, deren Schaale mehrere hundert Pfund
wiegt, und gegen 30 Pfund Fleisch enthält, wel=
ches gegessen wird.
409. Die Austern werden hin und wieder am
Meeres Ufer gefangen; die besten kommen aus
England, wo zu Colchester eine ordentliche
Hauptstadt von Essex, am Fluß Colne; Hübner: Zeitungslex 1777, Sp. 540 nennt diese Austernzucht.
Austernzucht unterhalten wird.
410. Die Perlenmuschel findet man hin
und wieder, doch selten, in kleinen Flüssen. Die
Hauptperlenfischerey aber ist in Ostindien in
68
der Meerenge zwischen Ceylon und dem festen
Land. Die innere Oberfläche dieser Muschel heißt
Perlenmutter.
411. Unsere gewöhnliche Landschnecken le=
ben auf dem Trockenen, und werden häufig gezo=
gen, und gegessen; man hat auch Landschnecken
ohne Gehäuse. Alle Conchylien und Schnek=
kenarten haben ein schleimigtes Fleisch. Die
eigentliche Gestalt dieser Thiere und ihr innerer
Organismus, so auch ihr Fortpflanzungsart ist
schwer zu entdecken.
412. Zu den nackten Würmern ohne Ge=
häuse, die aber bemerkbare Gliedmaßen haben,
gehört die so eben bemerkte Land= oder Weg=
schnecke, die ohne Gehäuse lebt. Die übrigen
Arten dieser Klasse leben im Meer; sie sind unbe=
kannt, weil sie zu Befriedigung menschlicher Be=
dürfnisse nicht gebraucht werden.
413. Der sonderbarste Wurm ohne Gehäuse ist
der sogenannte Tintenfisch; weil er so außer=
ordentlich ungewöhnlich organisirt ist, so paßt er
eigentlich zu keiner Klasse der bekannten Thiere.
Der schwarze Saft, den er ausläßt, wenn er ver=
folgt wird, und das os sepice machen ihn bekannt.
414. Die länglichen Würmer ohne merk=
liche sichtbare Gliedmaßen halten sich fast alle in
den Körpern und Eingeweiden der Menschen und
Thiere auf.
415. Der Nervenwurm befindet sich in den
69
heißen Erdstrichen, besonders an der Seeküste; er
wächst oft zwo Ellen lang, ist so dick wie ein
Zwirnsfaden, und kriecht unter die Haut der Men=
schen herum, wo er große Schmerzen verursacht,
und mit Vorsicht herausgewunden werden muß.
416. Die Askariden sind kleine Würmer,
die sich im Mastdarm der Menschen befinden, und
sehr beschwerlich sind; man vertreibt sie am leich=
testen mit Stulzäpfchen von faulem Käß,
Adelung: Der Stuhlzapfen, das Stuhlzäpfchen oder Stuhlzäpflein, Zäpfchen von Seife, Talg oder andern Dingen, welche man in den After steckt, den Stuhl oder Stuhlgang zu befördern; Stechpille, Nachtpille.
der sie anzieht; sie müssen oft wiederholt werden.
417. Der Regenwurm ist allgemein bekannt;
er wohnt beständig in der Erde, ist braun von Farbe,
und den jungen Küchengewächsen schädlich. Die
gewöhnlichen Würmer in den Eingeweiden unter=
scheiden sich nur von ihm durch die Farbe.
418. Der Band= oder Nestelwurm besteht
aus vielen Gliedern, wächst zu vielen Ellen in die
Länge, und ist sehr beschwerlich, und auch oft ge=
fährlich; sein gewöhnlicher Aufenthalt ist der ganze
Darmkanal.
419. Die Würmer in den Eingeweiden
können wunderbare Erscheinungen, seltsame Zufälle
und Wirkungen hervorbringen, die man in vorigen
Zeiten und jetzt noch unter dem gemeinen Volk für
Besitzungen von bösen Geistern oder für
Zauberey hält.
420. Der Blasenwurm ist ein sehr sonder=
bares Geschöpf; sein Kopf ist ungefähr dem Kopf
des Bandwurms ähnlich, der Hintertheil aber
70
ist eine bald größere, bald kleiner Wasserblase; er
erzeugt sich in allen Theilen des menschlichen und
thierischen Körpers. Hieher gehören die Finnen
der zahmen Schweine; die wilden bekommen keine
und das Drehen der Schaafe rührt von diesem
Blasenwurm her.
421. Der bekannte Blut=Igel [sic; Blutegel] ist ein sehr
einfacher Wurm, der im Wasser lebt. Er legt
nur ein Ey, aus welchem 8 bis 10 Junge heraus
kommen. Sollte er nicht vielleicht aus den Infu=
sionsthierchen entstehen?
Von den Insekten.
422. Die Insekten haben so wie die Würmer
weißes Blut, Fühlhörner, und nie weniger
als sechs, einige gar über hundert Füße. Auch
ist ihr Körperbau unendlich verschieden, so wie die
Mannigfaltigkeit ihrer Arten.
423. Die äußere Bedeckung des Körpers ist eben=
falls sehr mannigfaltig; sehr viele sind mit har=
ten Schaalen wie mit einem Harnisch ver=
sehen, wie z. B. der Krebs, um das zarte Fleisch
zu schützen, andere haben eine fein behaarte Haut,
wie die Bienen, Raupen u. dgl.
424. Die Insekten haben auch ihre Sinnen=
und Empfindungswerkzeuge, die aber von denen der
anderen Thiere höchst verschieden sind. Die Fühl=
hörner scheinen einen besondern Empfindungs=
zweck zu haben.
71
424. Die Augen sind bey den Insekten wun=
derbar beschaffen: einige haben sehr viele Augen,
andere haben hervorragende Augen, die sie
bewegen können, andre sind unbeweglich. Die
Fühlhörner scheinen sie besonders in der Nacht
zu gebrauchen.
426. Der innere Körperbau ist sehr von dem
aller andern Thiere verschieden; sie haben anstatt
des Herzens einen kleinen Kanal unter dem
Rücken; aber von Adern und vom Kreislauf des
Geblüts merkt man nichts.
427. Die Insekten sind mit einer unzählba=
ren Menge Luftröhren vom erstaunungswürdig=
sten feinsten Bau versehen. Die Luft und vor=
züglich die verdorbenste, scheint ihr Lebensgeist
zu seyn.
428. Die Insekten wohnen fast in allen Ele=
menten, und in und auf den Körpern anderer
Thiere; fast alle Thiere, selbst die Insekten, h aben
wieder kleine Insekten, die sich auf ihrem Körper
nähren und fortpflanzen.
429. Nur wenige Insekten leben in gesell=
schaftlicher Verbindung; die mehresten leben ein=
sam, und jedes geht für sich seinem Geschäfte nach.
Auch solche, die in großer Anzahl zusammen gebo=
ren werden, trennen sich hernach und leben einsam.
430. Die überaus künstliche Wohnungen
und Werkzeuge, wodurch sich viele Insekten
auszeichnen, sind äußerst merkwürdig. Viele ar=
72
beiten in diesem Fall einzeln für sich, wie die Raupen
und andere Insekten, wenn sie sich verwandeln wol=
len, andere in großer Gesellschaft wie die Bienen,
Ameisen u. a. m.
431. Bey der Ernährungsart der Insekten
sieht man deutlich, daß sie dazu bestimmt sind, viele
schädliche Körper und Säfte, die Menschen und
Thieren nachtheilig seyn würden, zu genießen, in
ihrem Körper wieder zu veredeln, und so unschäd=
lich zu machen.
432. Da die Insekten wieder andern Geschöpfen
zur Nahrung dienen, und überhaupt viele Feinde
haben, die ihnen nachstellen, so sind sie dagegen
entweder mit Vertheidigungs= oder auch mit
Angriffswaffen versehen. Viele haben auch
Schlupfwinkel, in welche sie sich verbergen können.
433. Die mehresten Insekten legen Eyer,
welche die Mutter immer an solche Oerter legt, wo
die auskriechenden Jungen also fort ihren Lebens=
unterhalt finden, und wo sie am sichersten sind.
434. Das merkwürdigste bey dieser Thierklasse
ist ihre Verwandlung. Die wenigsten Insekten
bleiben in ihrer ersten Gestalt; sie verwandeln sich
für gewisse Zeiten und bekommen einen ganz andern
Körpern, als sie vorher hatten.
435. In ihrem ersten Lebenszustand; wenn sie
aus ihrem Ey gekrochen sind, heißen sie Larven;
in diesem Zustand besteht ihre ganze Beschäftigung
darinnen, daß sie sich nähren, ihren Körper aus=
bilden, und viele häuten sich.
73
436. Wenn die Zeit ihrer Verwandlung da ist,
dann bildet sich jedes nach seiner Art ein Gehäuse,
in welchem es gleichsam in einen Schlaf übergeht,
während dem es verwandelt wird, und nun einen
ganz andern, gewöhnlich fliegenden Körper hat.
437. In diesem Zustand heißt man das Insekt
Nymphe. Verschiedene leben dann nur wenige
Stunden, und ihr ganzes Geschäft besteht blos
darin. daß sie sich paaren, Eyer legen und
sterben. Andere leben noch einen Zeitraum, näh=
ren und begatten sich, und dann sterben sie.
438. Die Insekten sind zum Theil dem
Menschennützlich, wie z. B. die Bienen durch
Honig und Wachs; andere sind genießbar wie der
Krebs, die morgenländische Heuschrecke u. a.
m. Der Seidenwurm wirkt die Seide, die
Cochillen, der Kermes, und der Lack dienen
zur Färberey, die Galläpfel zur Dinte, die
Spanischen Fliegen und die Kelleresel [sic; Kellerassel]
zur Arzney u. s. w.
439. Die Insekten sind zum Theil den Ge=
wächsen nachtheilig, indem sie sie verderben und
verzehren, im Ganzen aber reinigen sie die Natur
von vielen schädlichen Säften; viele sind auch durch
ihr Gift furchtbar.
440. Man theilt die Insekten in sieben Klassen:
1) in Käfer; 2) in Insekten mit einem
hornartigen Rüssel und pergamentarti=
gen Flügeln; 3) in Schmetterlinge; 4) in
4
74
Insekten mit 4 durchsichtigen netzförmi=
gen Flügeln; 5) mit 4 durchsichtigen gea=
derten Flügeln; 6) die Insekten mit zwey
unbedeckten Flügeln, und 7) die Insekten
ohne Flügel.
441. Die Käfer entstehen aus einem Ey; wenn
sie auskriechen, so hat die Larve Freßzangen,
und an der Brust sechs Füße. Sie verpuppt sich
gewöhnlich in einer Erdscholle, aus welcher dann
der Käfer hervorkriecht, und allmählig eine harte
Haut und Schaale bekommt.
442. Die verschiedenen arten von Mistkä=
fern bilden sich Kugeln von Mist, die sie unter
die Erde an Wurzeln vergraben, und ein Ey, darin
legen.
443. Der Maykäfer legt seine Eyer in die
Erde nahe an die Wurzeln der Pflanzen, aus denen
hernach ein Wurm hervorkriecht, der fünf Jahre
fortdauert, sich von den Wurzeln nährt, sich alle
Jahr häutet, und Engerling genannt wird;
dann verpuppt er sich, und kommt im sechsten Jahr
als Maykäfer hervor.
444. Die Engerlinge dienen den Schwei=
nen zur Mästung; sie schaden den Gewächsen,
desgleichen auch der Maykäfer, besonders auch
den Blättern der jungen Obstbäume. Man hat
die Maykäfer in neuern Zeiten gegen den
tollen Hundsbiß gebraucht.
Mittel gegen die Tollwut:Maikäfer.
445. Der schwarze Kornwurm ist ein
75
kleiner Käfer; er legt sein Ey in einen Kornkern; die
Larve nährt sich von dem Mehl in diesem Korn, dann
verwandelt er sich in einen Käfer, und fliegt davon.
446. Die Spanische Fliege hat grünlich
goldene Flügel; sie hält sich häufig im Heckenge=
sträuche auf, und dient in der Arzney zum Blasen=
ziehen.
447. Die Johanneswürmchen leuchten in
der Nacht; die Spanischen Frauenzimmer stecken
sie bey ihren nächtlichen Spaziergängen in ihre
Haare. Die Weibchen leuchten stärker als die
Männchen.
448. Die Insekten mit einem hornar=
tigen Rüssel und pergamentartigen Flü=
geln sind auch mannichfaltig; die merkwürdigsten
und bekanntesten sind die Heuschrecken; hieher
gehört die Feldgrille, die Hausgrille und die
große wandernde Heuschrecke.
449. Die Heuschrecken sind in ihrem Lar=
venzustand von der Gestalt der Heuschrecken=
Nymphe wenig verschieden; die Veränderung
besteht nur darin, daß sie Flügel bekommen.
450. Die wandernde Heuschrecke ist im
Orient und vorzüglich in der großen Tarta=
rey zu Haus. Sie legt im Herbst ihre Eyer, die
im folgenden Frühjahr von der Sonne ausgebrü=
tet werden; im Sommer bekommen sie Flügel,
und kommen dann oft mit dem Wind zu vielen
Millionen über hundert Meilen weit, auf welchem
76
Wege sie alles was grün ist verzehren. Sie kamen
auch ehmals, doch selten, nach Deutschland, oft
aber nach Spanien.
451. Die Schildlaus ist darum merkwürdig,
weil einige Arten von ihr zum rothfärben ge=
braucht werden. Eine Art giebt im südlichen Eu=
ropa durch ihre Eyernestchen den Kermes, wel=
Karmesin; Coccus ilicis; Scharlachlaus; Kermeseichenschildlaus
cher schön roth färbt. Die deutsche Cochenille
findet man in Polen und am Donfluß häufig;
sie besteht aus Eyernestchen an den Graswurzeln
und andern Pflanzen.
452. Die wahre Cochenille oder der Schar=
lachwurm kommt ursprünglich aus Mexiko; er
lebt auf den verschiedenen Arten des Cactus (In=
dianische Feigen), die deswegen häufig gepflanzt,
und von welchen die Würmer dreymal im Jahr
abgelesen werden.
453. Der Gummilackwurm lebt vorzüglich
in Indostan, auf beiden Seiten des Ganges;
von ihm kommt das Gummilack her, welches von
ihm wie von den Bienen das Wachs bereitet wird;
das Gummilack färbt schön roth.
45. Die Schmetterlinge sind so mannich=
faltig, daß ein eigenes Studium dazu erfordert
wird, wenn man sie alle kennen lernen will. Sie
entstehen alle aus eben so vielen Arten Raupen;
sie theilen sich in dreierley Arten: in Tagvögel,
Abendvögel und Nachtvögel.
455. Alle kommen darinnen überein, daß sie
77
aus dem Raupenzustand durch eine art von Schlaf,
den sie in einer Hülle zubringen, in den Schmet=
terlingstand verwandelt werden, n welchem sie
Flügel bekommen, und dann kürzer oder länger
leben, sich begatten und dann sterben.
456. Die Tagvögel kommen darinnen über=
ein, daß die Raupe mit Haaren oder Stacheln be=
setzt ist; sie häutet sich gewöhnlich viermal; sie
verpuppt sich in eine stachligte Hülle, hängt sich
mit dem Hintertheil irgend wo an; der Schmet=
lering bekommt vier große Flügel, und fliegt am
Tage allenthalben herum.
457. Die Abendvögel sind mehrentheils die
schönsten; sie fliegen in der Abenddämmerung; die
Raupe hat schöne Farben. Sie verpuppen sich
unter der Erde; der Schmetterling hat einen lang=
samen schweren Flug. Das Abendpfauenauge,
der Todtenkopf und die Weinraupen gehö=
ren hieher.
458. Die Nachtvögel sind das weitläuftigste
Geschlecht unter den Insekten. Die Raupen sind
mehrentheils haarigt, und verpuppen sich in ein
seidenartiges Gewebe, welches aus einem klebrigt
harzigten Stoff entsteht, den die Raupe durch eine
Oeffnung hinter dem Munde herauswindet.
459. Die Nachtvögel verrichten ihre Ge=
schäfte mehrentheils des Nachts; das Nach=
Pfauenauge ist schön; sein Gewebe ist wie ein
Beutel, dessen Oeffnung inwendig mit Stacheln
78
versehen ist, so daß kein Insekt hinein, wohl aber
der Schmetterling heraus kann.
460. Der Seidenwurm, unter allen die
nützlichste Raupe, kommt ursprünglich aus China
her; zur Zeit des Aristoteles wurde er zuerst in
Griechenland bekannt; seit Justinians Zei=
ten ist die Seidenzucht in Europa blühend ge=
worden.
461. Der Raupenzustand des Seiden=
wurms währt 6 bis 7 Wochen; während der Zeit
häutet er sich viermal, dann spinnt er sich ein in
einen Cocon, dessen Fäden bey 900 Fuß lang sind,
und der entweder weiß oder gelb ist; ein solcher
Cocon wiegt ungefähr 2 ½ Gerstenkorn schwer.
Der Faden ist so fein, daß 180 nebeneinander eine
Linie breit sind.
462. Drey Wochen nach dem einspinnen kriecht
der Schmetterling heraus; er fliegt nicht,
sondern flattert nur im Laufen mit den Flügeln.
Das Männchen paart sich und stirbt, das Weibchen
legt bey 500 Eyer, und stirbt dann auch.
463. Die Seidenraupe nährt sich vom fri=
schen Laub des weißen Maulbeerbaums;
wenn dies im Frühjahr hervorbricht, dann kriechen
die Würmchen aus den Eyern.
464. Die Libellen oder Wasserjungfern
haben vier zarte netzförmige oder gegitterte Flügel;
als Larve leben sie im Wasser, als Nymphe fliegen
sie an Bächen und Flüssen; sie haben einen selt=
79
samen nadelförmigen Körper, und schillern in schö=
nen grünlichten Farben.
465. Die Ephemeren leben einige Jahre als
Larven im Wasser an den Ufern, und dienen den
Fischen zur Speise, hernach kommen sie geflügelt
Millionenweis aus dem Wasser hervor; allein die=
ser Zustand währet oft nur einen halben Tag.
466. Der Ameisenlöwe (Fourmilion),
gräbt sich im Larvenzustand eine trichterförmige
Grube in seinen Sand; kommt nun eine Ameise
oder anderes kleines Insekt auf den Rand dieses
Trichters, so schleudert er unten aus der Spitze
desselben Sand hinauf; die Ameise rutscht herab,
er hascht und verzehrt sie. Er bekommt im Nym=
phenzustand Flügel und legt seine Eyer wieder in
den Sand.
467. Zu den Insekten mit vierhäutigen geader=
ten Flügeln gehören die Wespen, die Hornis=
se, die Biene, die Hummel, die Ameise
und die weisse Ameise.
Weiße Ameise = Termiten.
468. Die Wespen und Hornissen bauen
sehr kunstreiche beutelförmige Nester; sie leben vom
Raub des Bienenhonigs, vom süßen Saft des
Obstes, auch wohl vom rohen Fleisch; sie haben
Stacheln, deren Stich schmerzhaft, und oft ge=
fährlich ist.
469. Die Bienenfamilie besteht aus dreier=
ley Arten, aus der allgemeinen Bienenmutter,
oder Königin, aus den Drohnen oder männ=
80
lichen Bienen, und aus den Arbeitsbienen,
welche weder männlich noch weiblich sind. Die
Königin und die Arbeitsbienen haben Stacheln,
die Drohnen aber nicht.
470. Die Königin ist länglich, hat kurze
Flügel und einen behaarten Kopf; die Drohnen
sind kurz und dick, die Arbeitsbienen halten
das Mittel zwischen beiden. Die Königin und
die Drohnen fliegen nur bey dem Schwärmen aus,
hernach bleiben sie immer zu Haus.
471. Die Drohnen haben keine andere Be=
stimmung als sich mit der Königin zu paaren,
hernach sterben sie entweder oder sie verhungern,
oder erden umgebracht, und von den Arbeitsbie=
nen herausgeschafft. Man rechnet auf einen Stock
oder Familie ungefähr 1500 Drohnen, und 20 bis
25,000 Arbeitsbienen.
472. Die Königin legt ihre Eyer in gewisse
hiezu bestimmte Wachszellen; die Larven oder
Würmchen werden von den Arbeitsbienen gefüttert,
und nach drey Wochen verwandeln sie sich in Droh=
nen, Arbeitsbienen und eine Königin, alsdann
schwärmen sie, wenn sie in der Wohnung keinen
Raum mehr haben.
473. Ist aber noch Raum genug da, so wird
keine junge Königin gemacht, sondern die alte
Familie wird durch die junge vermehrt, daher ent=
stehen in der zahmen Bienenwirthschaft die Ma=
gazinstöcke und die Zuchtstöcke.
81
474. Wenn kein Raum mehr da ist, so treiben
die Alten die Jungen heraus; sie hangen dann in
einem großen Klumpen vor dem Flugloch so lang
bis auch ihre Königin herauskommt; diese fliegt
dann geradezu an den Ast eine Baums, oder sonst
an einen festen Körper, wo sich dann alle junge
Bienen versammeln.
475. Hier wird nun diese junge Familie in
einen Korb gefaßt, und an ihren Ort gestellt; ge=
schieht das nicht, so fliegt der Schwarm fort in
einen hohlen Baum, oder in eine Felskluft,
wo er dann seine Wohnung einrichtet.
476. Wenn die Königin zu einer Zeit stirbt,
wo die Bienen nicht eine Bruttafel haben, so ma=
chen sie eine neue; haben sie aber keine Bruttafel
mehr, so arbeiten sie nicht mehr, sondern sterben
alle nach und nach, wenn man sie nicht in einen
schwach bevölkerten Stock bringt.
477. Wenn man einen jungen Schwarm mit
Honig füttert, so gewöhnt er sich nicht, auf den
Blumen seine Nahrung zu suchen, sondern er
kommt leicht ans Rauben, indem er in fremde
Stöcke fliegt, dort kämpft, und mit Gewalt frem=
den Honig holt.
478. Die Arbeitsbienen holen ihren Honig
in den Blumen, wo sie auf dem Boden um den
Fruchtknoten her den süßen Saft einsaugen,
und den Blumenstaub um ihre Hinterfüße bal=
len. Zu Haus bauen sie ihre Rosen= und Wachs=
82
zellen aus diesem Blumenstaub, indem sie ihn
mit Honig vermischen; den Honig aber geben sie
in diesen von sich.
479. Die Bienen können während ihren Ar=
beiten das Licht nicht vertragen; wenn man daher
Glasfensterchen an ihre Stöcke macht, so überklei=
stern sie sie mit Wachs.
480. Die Bienen haben auch viele Feinde:
Vögel, Mäuse, Nachtvögel, Wespen,
Hornisse, Kröten u. a. m. Wenn Mehl
oder Mehlstaub in den Honig kommt, so gährt
er, und von dieser Gährung bekommen die Bienen
die Hörnerkrankheit; sie rasen sich todt.
Hörnerkrankheit, Büschelkrankheit: Pollen verkleben hier und fallen dann ab; Jung-Stilling ist hier falsch.
481. Die Hummel ist kurz und viel dicker
als die Biene; sie hat keinen Stachel, baut in
die Erde, und sammelt Honig aus den Blumen
wie die Bienen; ihre Familien sind nicht zahlreich.
482. Bey uns sind vorzüglich zwo Arten Amei=
sen bekannt; die große Roß=Ameise und die
kleine rothe Ameise, deren Biß schmerzhaft
ist. Beide Arten bilden große Ameisenhaufen aus
allerhand kleinem Gestübbe, die aber inwendig or=
dentliche Wohnungen enthalten.
483. In einem solchen Ameisenhaufen wohnen
mehrere Tausend beysammen. Wie aber ihre re=
publikanische Verfassung eigentlich eingerichtet ist,
davon wissen wir gar nichts; sie nähren sich von
allerhand süßen Säften, die sie manchmal Kara=
wanenweise in großer Entfernung in den höchsten
Gegenden der Häuser aufsuchen.
83
484. Alle Ameisen haben eine außerordent=
liche Liebe für ihre Puppen, die man mit Un=
recht Eyer nennt. Die Roß=Ameisen haben
etwas Gewürzhaftes, und man sagt, daß man in
ihren alten Haufen, besonders in Tannenwäldern,
Weihrauch finde.
485. Die Thermiden weißer Ameisen
Termitenbau.
befinden sich nur im heißen Erdgürtel, besonders
häufig in Guinea; sie bauen pyramidenförmige
Haufen, die im Alter so fest werden, daß Menschen
darauf stehen können; sie sind oft mit Gras be=
wachsen, und 10 bis 12 Schuh hoch.
486. Dieser Hügel sind oft so viel zusammen,
daß sie von weitem wie ein Dorf aussehen; inwen=
dig sind sie wunderbar mit labyrinthischen Höhlen
und weiten Gängen versehen. In jedem Hügel
ist nur ein König und eine Königin; sie woh=
nen in der Mitte, um sie herum wohnen die Ar=
beiter, um diese her sind die Eyerzellen, dann
die Magazine.
487. Diese Thiere sind in so großer Menge
beysammen, daß sie große Baumstämme, Häuser,
Geräthe, kurz alles, außer Erz und Steine, zer=
nagen und verderben; sie sind also sehr schädlich.
Die Königin legt binnen 24 Stunden 80,000 Eyer.
488. Die Insekten mit zwey Flügeln,
deren Larve auch ein Würmchen ist, das an faulen
unreinen Orten lebt, dann zusammen schrumpft
und zu einer cylinderartigen braunen Puppe ver=
84
härtet, aus welcher dann das Insekt herausfliegt,
enthalten die macherley Arten der Fliegen.
489. Die Bremse hat keinen Mund, aber
einen Saugrüssel, mit dem sie das Blut der
Thiere einsaugt. Das Weibchen legt seine Eyer in
die Haut der lebendigen Thiere wodurch eine Ge=
schwulst entsteht, in der sich das Würmchen nährt,
bis das Insekt herausfliegt. Man findet diese
Engerlinge häufig am Rothwildpret. Man hat
Ochsen= und Pferdbremsen.
490. Die Mücken oder Schnacken [sic; Schnaken] sind
äußerst dauerhafte Insekten, deren Larven im Was=
ser, sogar in Schwefelwasser leben, und wenn sie
ausgeschlupft sind, sich, wie de Luc behauptet, bis
auf 8000 Schuh hoch in die Luft erheben.
Jean André de Luc (1727-1817): Reisen nach den Eisgebürgen in Savoyen. Leipzig: Weidmann 1777. – Hier schreibt Merck S. 159: "Eine kleine Art Mücken war indessen da, auch einige Bienen, aber diese waren todt."
491. Der Heerwurm, der aus lauter Schnak=
kenlarven besteht, zieht oft zu vielen Tausenden
an feuchten dunklen Orten Caravanenweise herum;
er dient den Schweinen zur Erdmast, und verwan=
delt sich hernach in Mücken oder Schnacken.
492. Die überaus lästige Stubenfliege ist
in allen Theilen der Erde bekannt, das Weibchen
legt gegen 80 Eyer in Mist und faule Sub=
stanzen, in denen die Larve als Würmchen lebt,
und sich dann in das fliegende Insekt verwandelt.
493. Die blinde Fliege sticht schmerzhaft,
und zeigt sich besonders in schwüler Gewitterluft.
Die Moskiten sind große Schnacken, die sich
Moskitos, Schnaken.
besonders häufig in warmen feuchten Ländern be=
finden, und äußerst beschwerlich sind.
85
494. Endlich sind auch die unbeflügelten
Insekten sehr mannigfaltig. Die bekanntesten
sind: 1) Die Laus, die sich blos an unreinlichen
nachläßigen Menschen befindet; diese Insekten ver=
mehren sich in großer Menge.
495. Der Floh ist eben so bekannt; er be=
findet sich an vielen Thieren, und kann 6 Jahr alt
werden; in sehr kalten Ländern gibt es keine
Flöhe.
496. Die Milbe hat 8 Füße, 2 Augen auf
beiden Seiten des Kopfs und 2 Fühlhörner. Das
Milbengeschlecht ist sehr groß, und besteht aus
vielen Gattungen, die auf mancherley verwesenden
Körpern leben. Hieher gehört auch die Käß=
milbe; alle sind sehr klein und kaum sichtbar.
497. Die Spinne hat 8 Füße und 8 Augen;
aus ihrem dicken Hintertheil geht der harzigte
Schleim, womit sie ihre Gewebe spinnt; alle
nähren sich von Insekten, auch verzehren sie sich
wohl selbst unter einander.
498. Aus dem Gewebe der Kreuzspinnen
kann man ein seidenartiges Gewand machen. Aber
die Ernährung so vieler Kreuzspinnen ist ein ekel=
hafte und schweres Geschäfte.
499. Die Buschspinne, so groß wie ein
Hünerey [sic; Hühnerei], lebt im südlichen Amerika. Die Füße
schillern goldfarbig; sie tödtet die Colibri's,
saugt ihre Eyer aus, und ihr Biß ist auch den
Menschen gefährlich.
86
500. Die Tarantel, so groß wie ein Tau=
beney, braun und haarig, lebt in Apulien im
heißen Sand in Löchern; ihr Biß oder Stich ist
sehr gefährlich; man sagt, daß er durch Tanz und
Musik geheilt werden könne.
501. Der Scorpion hat 8 Füße, 2 Augen
auf dem Rücken, 2 Scheeren, wie der Krebs,
auch einen eben so artikulirten Schwanz, der
am Ende mit dem so gefährlichen Stachel ver=
sehen ist; er wirft auch so wie der Krebs seine
Schaale ab.
502. In Europa sind die Scorpione klein,
und ihr Stich ist nicht sehr gefährlich, aber im
heißen Klima sind sie weit größer; der Brand
kommt da zu ihrem Stich, folglich ist er tödtlich.
503. Der Krebs hat 8 Füße, 2 mit Schaalen
versehene Scheeren, 2 aus dem Kopf verlängerte
Augen, 2 mit Schaalen bedeckte Fühlhörner; der
Schwanz ist artikulirt, aber ohne Stachel.
504. Die erste Art von Krebsen nennt
man Krabben, sie sind mannchfaltig, leben in
der See, und dienen auch theils zur Speise, wie
zum Beispiel Meerspinnen, Hummern,
Granaten u. dgl.
505. Der gewöhnliche Flußkrebs ist sehr ge=
fräßig; erkann 20 Jahre alt und sehr groß wer=
den; er wirft alle Jahr seine Schaale ab, wo auch
seine drey Zähne und sein Magen erneuert werden;
wenn er eine Scheere oder Fuß verliert, so wachsen
ihm wieder neue.
87
506. Der Keller=Esel, Tausendfuß, lebt
an kühlen feuchten Orten, und wird noch immer
präparirt in der Medizin gebraucht.
Von den Fischen.
507. Die Fische leben im Wasser, sie bewe=
gen sich vermittelst der Floßfedern, und holen
Kiemen; Flossen.
Odem durch die Kiefern; sie haben rothes
kaltes Blut.
508. Die Kiefern oder Fischohren sind
so eingerichtet, daß sie die im Wasser enthaltene
Luft einsaugen, und wenn diese ihre Wirkung im
Körper gethan hat, wieder von sich geben.
509. Die Floßfedern werden durch starke
Muskeln nach dem Willen des Thiers bewegt.
Die Fische haben auch eine Schwimmblase,
die mit Luft angefüllt ist; wenn sie sie ausdehnen,
so werden sie leichter und steigen in die Höhe;
wollen sie aber in die Tiefe fallen, so leeren sie die
Luft aus, und werden schwerer.
510. Man theilt auch die Fische in Seefische
und Strom= oder Süßwasserfische; die
Seefische verrichten ihre Geschäfte des Nachts, am
Tage fahren sie in die Tiefe.
511. Es giebt auch viele Zugfische in der
See; z. B. die Häringe [sic; Heringe] ziehen millionenweise
im Frühjahr von Norden gegen Süden. An=
dere, z. B. der Lachs steigen aus dem Meer in
die Ströme, laichen daselbst, und kehren dann
wieder zurück in das Meer.
88
512. Die Fische sind mehrentheils fleisch=
fressende Thiere, und da sie keine Füße haben,
womit sie ihren Raub halten können, so sind sie
dazu mit den Werkzeugen ihres Mauls eingerichtet.
513. Die Fische haben einen scharfen Ge=
ruch, Gesicht und Gehört. Von ihren See=
lenkräften weiß man wenig. Die Forellen las=
sen sich zahm machen; auch die Karpfen, die
aber sehr listig sind,
514. In wiefern die Fische schlafen, das weiß
man nicht genau; doch scheinen viele den Winter
durch zu schlafen.
515. Die Aale und Aalraupen gebähren
lebendige Jungen, die übrigen Fische aber paaren
sich nicht, sondern das Weibchen legt den Roggen [sic; Rogen]
ab, und das Männchen gießt seine Milch dar=
über her.
516. Die Vermehrung der Fische geht ins Un=
glaubliche; der Hering enthält über 20,000, der
Karpfe gegen 200,000, und andere noch mehrere
Eyer in sich.
517. Die Fische können sehr alt werden; man
hat Beyspiele, daß Karpfen und Hechte 150
Jahre alt geworden sind; andere kleine Fische leben
nur wenige Jahre. Von den Seefischen hat man
hierüber keine Nachricht.
518. Die Fische sind zur Befriedung mensch=
licher Bedürfnisse sehr nützlich; man braucht ihr
Fleisch, ihren Roggen [sic; Rogen] und andere Theile zur
89
Speise; dann auch die Schuppen des Silber=
Silberfisch: Argentina sphyraena L.
fisches zu Glas und Wachsperlen. Die Fisch=
haut von Rochen und Hayfischen, [sic; Hai] die Gedärme
des Hausen, Stör zu Hausblasen, u. s. w.
Hausen = Kabeljau; siehe Adelung.
519. Die schädlichen Raubfische sind im Meer
die Hayfische, und in Flüssen, Seen und
Bächen die Hechte. Einige Seefische sind auch
sehr giftig.
520. Die merkwürdigsten Fische sind nun fol=
gende. Die Lamprete steigt auch in die Flüsse
Neunauge (Lamprete, Pricke, Bricke, Petromyzon Art.) – Petromyzon Marinus L. – Nach Adelung auch Muräne, Moräne.
hinauf, desgleichen die Neunauge oder
Pricke; beide können sich mit dem Maul an die
Felsen festsetzen. Der Prickensalat ist bekannt.
521. Der Roche [sic; Rochen] sieht sonderbar aus; er legt
nur En Ey und vermehrt sich doch unglaublich. Der
Zitterroche lebt im mittelländischen Meer; er
giebt in der Berührung einen elektrischen Schlag,
womit er auch seinen Raub fängt.
522. Der Hayfisch ist ein ungeheures, blut=
dürstiges und gefräßiges Thier; es kann 10,000
Pfund schwer werden, und man hat ganze Men=
schen und Pferde in seinem Magen gefunden. Der
Hay hat oben und unten drey Reihen Zähne, die
mit Gelenken an die Kinnladen angeheftet sind.
523. Der Schwertfisch hat eine knochen=
fest, zweyfach gezähnte Säge geradeaus vor dem
Kopf, womit er sich wehrt, oder seinen Raub
fängt und tödtet.
90
524. Der Hausen oder Stör kann gegen
1000 Pfund schwer werden; er findet sich in den
mehresten grossen Flüssen, besonders häufig aber in
der Wolga und dem Caspischen Meer; sein
Roggen ist der Kaviar, und aus seinen Einge=
weiden macht man die Hausenblasen.
525. Der Sterlet ist ein sehr schmackhafter
Sterlet = Stör.
Fisch; er wird selten über 20 Pfund schwer; man
findet ihn ebenfalls häufig in der Wolga und im
Caspischen Meer.
526. Der Seeteufel hat eine fürchterliche
Gestalt; der Kopf ist größer als der übrige Leib,
um das Maul herum hat er schlangenförmige
Angelfaden.
527. Der Tetrodon lebt im Senegal=
Tetrodon = Kugelfisch.
strom; nahe am Meer ist er sehr giftig, aber oben
im Strom ein gesundes Essen.
528. Der Aal lebt in Strömen und Bächen;
er geht zuweilen in die Wiesen und Getreidefelder;
er hat ein sehr zähes Leben, und gebiert lebendige
Jungen.
529. Der Zitter=Aal findet sich häufig in
Amerika; er ist noch elektrischer als der Roche,
denn sein Schlag ist betäubend; er giebt im Be=
rühren auch Funken. Er wird ungefähr 5 bis 6
Schuh lang.
530. Der Schellfisch lebt im ganzen nörd=
lichen Ocean, besonders an den Englischen und
Schottischen Küsten; er ist besonders angenehm
91
zu essen. Eine Art davon ist der Cabliau; klei=
Kabeljau.
nere zartere werden eingesalzen, und heißen La=
Laberdan: Labberdan: Schellfisch.
berdan, andere werden an der Sonne getrocknet,
und heißen dann Stockfisch.
531. Die Aalraupe lebt in den Schweizer=
Adelung; Gadus lopa L.
Seen; sie gehört unter die wohlschmeckendsten Fi=
sche, die wir haben. Der Saugefisch kann sich
so fest an die Schiffe ankleben, daß ihn keine Ge=
walt losreißen kann, daher die Fabel, er könne
ein ganzes Schiff in seinem Lauf aufhalten.
532. Die Butte oder Scholle hat beide
Augen auf einer Seite; dieser Fisch lebt in den
nördlichen Meeren und wird etliche hundert Pfund
schwer. Der Bersch [sic; Barsch] ist in unsern Flüssen und
Bächen ein schmackhafter Fisch.
533. Die Makrele und der Thunfisch sind
in der Nordsee und im mittelländischen Meer sehr
wohlschmeckende Fische; letzterer wird mannslang,
und etliche Centner schwer.
534. Es giebt auch fliegende Fische; ihre
Floßfedern sind so groß, daß sie sich in die Luft
erheben, aber nicht lang darinnen aushalten kön=
nen; man findet sie häufig im warmen Klima; sie
haben im Meer ihre Feinde und auch in der Luft.
535. Die Schmerle, Grundling oder
Bierchen, ist ein sehr kleiner, aber sehr schmack=
hafter Fisch, der sich besonders in klaren Bächen
aufhält; man siedet sie blau, und speis't sie mit
Essig und Baumöl.
92
536. Der Wels ist der größte Fisch in dem
süßen Wasser; er wiegt wohl 3 Centner, hat einen
großen unförmlichen Kopf und lange Bartfäden;
er ist dem Badenden gefährlich.
537. Der Salm oder Lachs befindet sich in
den nordischen Meeren und Flüssen; im Sommer
steigt er die Flüsse hinauf, und im Herbst kehrt er
wieder in die See zurück. Er gehört zu den schmack=
haftesten Fischen,
538. Die Lachsforelle lebt im süßen wassere,
besonders häufig im Bodensee; sie hat ein röth=
liches, dem Lachs ähnliches Fleisch; sie bleibt
Sommer und Winter im süßen Wasser, wird 8
bis 10 Pfund schwer.
539. Die Bachforelle lebt in hellen, klaren,
beschatteten Bächen auf einem kießigten Grund und
wird gewöhnlich nicht über 2 Pfund schwer.
540. Der Häring vermehrt sich in unbegreif=
licher Menge; er kommt aus der Nordsee, und
zieht gegen Süden. Er wird im deutschen Meere
zwischen Schottland und Norwegen gefan=
gen. Die Holländer salzen ihn am besten. Der
erste Erfinder des Einsalzens war Wilhelm
Beutelssohn von Bierfliet in Flandern,
Bökel (richtiger Beukelsz), Willem, ein Fischer zu Biervliet in Flandern, verbesserte das Einsalzen der Heringe und starb 1397 (?) in Biervliet. Von seinem Namen leiten manche das Wort bökeln (pökeln) her. Camberlyu feierte Bökels Erfindung in einem lateinischen Gedichte: »De Bukelingi genio« (Gent 1827). – Pökeln: Adelung: Gemeiniglich leitet man dieses Wort von einem gewissen Wilhelm Bökel oder Beukelszoon von Biervliet her, der die Kunst, Fleisch und Häringe einzusalzen, um das Jahr 1337, oder nach andern 1394 erfunden haben soll. – Hübner: Zeitungslex Sp. 293.
im Jahr 1416.
541. Die Karpfen und Barben leben in
unsern Flüssen und Teichen, und sind allgemein
bekannt. Das chinesische und japanesische
Goldfischchen ist allgemein bekannt; es gehört
auch zum Karpfengeschlecht.
93
542. Der Weißfisch oder Silberkarpfe
ist allgemein bekannt; seine Schuppen dienen zu
Glasperlen. Der Bley oder Brachsen ist
Brasse; Brachsen (Blei, A. Brama L.).
wegen seiner starken Vermehrung und schmackhaften
Fleisches einer der wichtigsten Fische.
Von den Amphibien.
643. Die Amphibien oder beidlebige
Thiere sind so eingerichtet, daß sie im Wasser
und auf dem Land leben können. Sie bestehen
aus zweyen Klasse; aus vierfüßigen Thie=
ren und Schlangen.
644. Die Amphibien unterscheiden sich von
den säugenden Thieren und von den Vögeln
dadurch, daß sie weniger und auch kaltes Blut
haben; von den Fischen aber, daß sie Lungen
haben, und Odem holen können, wenn sie außer
dem Wasser sind.
646. Manche gehen willkürlich in beiden Ele=
menten ihren Geschäften und ihrer Nahrung nach.
Andere hingegen bringen nur eine gewisse Zeit in
einem von beiden zu. Endlich sind auch manche
blos für das Land bestimmt; diese halten sich in
sumpfigten Gegenden auf, andere blos für das Wasser.
646. Manche Amphibien, besonders unter den
Schildkröten und Schlangen, leben von
mannichfaltiger Nahrung, andere leben blos von
gewissen Gattungen der Insekten, andere können
lang ohne Speise ausdauern.
94
547. Die Amphibien haben ungemein viel
Lebens= und Wiedererstattungskraft; diese Kräfte
beruhen auf ihren starken Nerven, die weniger
vom Gehirn abhängen als bey anderen Thieren.
Frösche hüpfen ohne Herz noch umher, und
Schildkröten leben ohne Gehirn noch Mo=
nate lang fort.
548. Die Amphibien können sehr lang und
verschiedene sogar ohne Luft und Nahrung leben,
wie z. B. Kröten in Steinen, Baumstämmen,
u. s. w.
549. Zu Vertheidigungsmitteln dienen den Am=
phibien ihr Gift, ihr Geruch oder ihre be=
täubende Ausdünstung; ihre Sinnen sind
nicht sonderlich lebhaft, Kunsttriebe haben sie
auch nicht; den täglichen Erholungsschlaf haben
einige nicht, dagegen schlafen sei den ganzen Winter.
550. Die Amphibien sind eyerlegende Thiere.
Die Frösche und Eidechsen, die im Wasser
leben, kommen nicht gleich in ihrer vollkommenen
Gestalt in die Welt, sondern erhalten sie erst nach
und nach.
551. Die Amphibien leben lang, und wach=
sen auch sehr langsam. Die Frösche werden 12
bis 16 Jahr, und die Schildkröten über 100
Jahr alt.
552. Die Benutzung der Amphibien ist ziem=
lich einfach, aber in manchen Gegenden sehr wich=
tig: Froschschenkel und Schildkröten sind
95
ein gesundes essen. Aus der Schaale der Schild=
kröten werden allerhand Schmuckwaaren verfertigt,
und aus Eidechsen und Vipern Arzney.
553. Die Amphibien bestehen aus zwey Klassen,
nämlich: 1) aus kriechenden vierfüßigen.
und 2) aus Schlangen.
554. Die Amphibien der ersten Klasse haben
alle, wenn sie ausgebildet sind, vier Füße, die
nach dem verschiedenen Aufenthalt dieser Thiere ent=
weder ohne, oder mit einer Schwimmhaut
versehene Zehen haben.
555. Die mehresten Schildkröten sind mit
einer breiten sehr festen Schaale bedeckt, die aus
breiten hornigten, oft sehr schon gefärbten Schup=
pen besteht, woraus allerley Kunstsachen verfertigt
werden.
556. Der Bauch ist auch mit einer Schaale
bedeckt, die Einschnitte für Kopf, Füße und
Schwanz hat; die Seeschildkröten enthal=
ten ein gesundes, wohlschmeckendes Fleisch.
557. Die merkwürdigste Schildkröte ist die
grüne Riesen=Schildkröte, die bis zu acht=
hundert Pfund scher wird, schwere Lasten fort=
tragen kann, dunkel grünes, sehr gesundes und
wohlschmeckendes Fleisch hat, und sich in West=
indien im stillen Ocean u. s. w. aufhält; sie legt
ihre Eyer im Junius auf unbewohnte Inseln.
558. In den südlichen Gegenden von Europa
giebt es auch kleine Schildkröten, die in
96
Flüssen leben, und zuweilen auf das Land kommen.
In Carolina in Amerika giebt es Land=
schildkröten in großer Menge, die des Nachts
beysammen liegen, so daß man auf ihnen herum
spazieren kann.
559. Die geometrische Schildkröte in Ost=
indien ist eine Hand groß; ihr schwarz und gel=
bes Rückenschild besteht aus lauter regelmäßigen
Figuren, ist hochgewölbt und sehr schön.
560. Die Frösche und Kröten sind Amphi=
bien, die uns am bekanntesten sind; sie haben einen
kürzern Körper und einen breitern Kopf als die
Eidechsen; nur eine einzige Art ist mit einem
Schwanz versehen.
561. Die Pipa oder Tedo ist ein Frosch
Wabenkröte = Pipa americana Laur.
in den Gewässern von Gujana in Amerika.
Guayana.
Dieser hat das Sonderbare, daß dem Weibchen die
Eyer auf dem Rücken in der Haut wachsen, wo
dann die jungen Fröschchen herauskriechen, wenn
sie ihre vier Füße haben.
562. Der Tutenfrosch in Virginien hat
ungeheuer große Augen, und die oberen Augenlieder
stehen wie Papiertuten in die Höhe. Der Bull=
frosch in Nordamerika ist beynahe so groß wie
ein Kaninchen, und ist wegen seiner starken
Stimme bekannt.
563. Der paradoxe Frosch im südlichen
Wahrscheinlich der Caramuru oder Schuppenmolch (Lepidosiren paradoxa)
Amerika hat einen auf den Seiten plattgedrückten
Schwanz; er wird auch eine Spanne lang, und
97
häutet sich ein paarmal, ehe er seine vollkommene
Gestalt bekommt.
564. Die Kröte ist nicht giftig, wie man lange
geglaubt hat; sie soll nur einen scharfen ätzenden
Saft ausspritzen, wenn sie gereitzt wird.
565. Die Hausunke ist eine Kröte, die sich
selten sehen läßt; sie wohnt in feuchten Kel=
lern, vorzüglich aber in den Uferhöhlen der
Teiche und Flüsse, wo sie einen dumpfen pfei=
fenden Ton von sich giebt.
566. Der braune Grasfrosch ist derjenige,
der uns allen bekannt ist, in den Wiesen und Ge=
büschen lebt, dessen Schenkel gegessen werden, und
aus dessen Laich das Froschlaichpflaster gemacht
Bleiweißpflaster (Froschlaichpflaster, Empl. cerussae) wird aus 12 Teilen Bleipflaster mit 2 Olivenöl, 7 Teilen Bleiweiß und etwas Wasser gekocht, ist weiß, schwer, hart, sehr zäh. – Bleipflaster (Bleiglättepflaster, Emplastrum lithargyri, plumbi, Diachylon simplex).
wird.
567. Der grüne Wasserfrosch oder Re= [Reling]
ling lebt in Teichen und Sümpfen; man hört
sein lautes Knarren im Frühling und Sommer bey
schönem Wetter; er lebt von Mäusen, Sperlingen,
Der grüne Wasserfrosch (Teichfrosch, Rana esculenta L.) Alter Meyer: Er lebt von Kerbtieren, Spinnen, Schnecken, jagt aber auch junge Fische und F. und soll selbst junge Mäuse u. Sperlinge verschlingen.
jungen Enten, Forellen u. dgl., bezwingt auch wohl
große Hechte.
568. Der Laubfrosch ist mit einem klebrigen
Schleim überzogen, womit er sich an das Laub
anhängt. Man bedient sich seiner zum Barometer;
man bewahrt ihn in einer Flasche mit Wasser, wo
er durch auf= und absteigen die Veränderung des
Wetters anzeigt.
569. Die Eidechsen haben vier Füße, sind
schmäler, länger und geschwinder als der Frosch,
5
98
ihr Leib verlängert sich in einen spitz auslaufenden
Schwanz.
570. Die fliegende Eidechse lebt in Ost=
indien und Afrika; auf beiden Seiten des Lei=
bes hat sie einen Flügel, mit dem sie wohl einen
Sprung durch die Luft machen, aber nicht eigent=
lich fliegen kann; man nennt sie auch fliegende
Drachen.
571. Man lies't in alten Geschichten, auch in
der Bibel, vieles von Drachen, die entweder
fliegende große Schlangen oder Eidech=
sen gewesen seyn sollen. Heut zu Tage findet man
keine mehr, und eben so wenig Riesen; damit
ist aber noch nicht bewiesen,d aß es nie keine ge=
geben hat.
572. Der Nilkrokodil ist das größte Thier
im süßen Wasser; es wird wohl 50 Fuß lang, und
lebt vorzüglich im Nil in Egypten. Er ist
Menschen und Thieren gefährlich. Junge Kroko=
dile lassen sich zahm machen und abrichten.
573. Das Weibchen legt gegen 100 Eyer in
den Sand und verscharrt sie; sie haben die Größe
eines Gänse=Eys, und werden von der Sonne
ausgebrütet. Der Krokodil ist mit harten Schup=
pen bedeckt, hat furchtbare Zähne und bey dem
Fressen bewegt er die Oberkinnlade.
574. Der Kaiman in Amerika ist kleiner,
furchtsam und unschädlich; der Monitor ist in
beyden Indien; er ist schön schwarz und weiß
99
regelmäßig gezeichnet; er hält sich bey den Kroko=
dilen auf, und warnt für ihnen durch seinen pfei=
fenden Ton. Er ist etwa 3 Schuh lang.
575. Der Leguan in Westindien hat ein
überaus schmackhaftes Fleisch und Eyer, ist aber
für solche, die sich durch Ausschweifungen geschwächt
haben, ungesund.
576. Das berühmte Chamäleon ist auch eine
Eidechse von stahlgrauer Farbe; es lebt in war=
men Ländern; es verändert seine Farbe bald in
gelb, in schwarz, bunt u. s. w., besonders wenn
es gereitzt wird; es kann jedes Auge nach Belieben
bewegen, ist sehr langsam; es beschleicht die In=
sekten, und fängt sie mit seiner langen klebrigten
Zunge.
577. Der Geko [sic; Gecko, Gekko] lebt in Ostindien, in
Egypten und andern warmen Ländern; er hält
sich viel in Häusern auf, wo er oft über Speisen
hinläuft, und durch seine giftigen Füße gefährliche
Koliken verursacht.
578. Unsere gewöhnliche Eidechse, die eine
Hand lang, grau von Farbe, und sehr schnell im
Laufen ist, hält sich im alten Gemäuer und warmen
Plätzen im Gebüsch auf. Sie dient in gewissen
Krankheiten zur Arzney.
579. Der Wassermolch ist schwarzgrün; er
lebt im Wasser, und ist ein ekelhaftes Thier. Der
Salamander ist der bekannte schwarz und gelb
gefleckte Molch; er ist nicht giftig, und kann
100
eine kurze Zeit in einem gelinden Kohlfeuer ohne
Schaden leben.
580. Die Schlangen haben keine äußere
Gliedmaßen, sondern sie bestehen blos aus einem
langen walzenförmigen Körper; verschiedene leben
im Wasser, andere auf Bäumen, und andere auf
der Erde; einige Arten sind giftig, andere nicht.
581. Die Klapperschlange lebt im wärmeren
Nordamerika, wird gegen 6 Fuß lang, und ist
dann armsdick; sie klappert mit dem Schwanz, und
warnt dadurch; sie lockt aber auch dadurch kleine
Thiere und Vögel zu ihrer Nahrung herbey, die
sie dann durch ihre Ausdünstung betäubt und verzehrt.
582. Die Klapperschlange hat zwey beweg=
liche Hauzähne, in denen das schreckliche Gift steckt,
welches nach Befinden in 24 Stunden tödtet; sie
liegt rund in einer Schneckenlinie, den Kopf auf=
gereckt in der Mitte, so schießt sie auf den Gegen=
stand los, den sie stechen will. Die Schweine
fressen sie ohne Schaden; sie lassen sich ganz zahm
machen.
583. Die Boa oder Riesenschlange lebt
in Ostindien, in Afrika und in Amerika in Brasi=
lien; sie wird 40 bis 50 Fuß lang, und nach Ver=
hältniß dick; sie ist schön gezeichnet, sie windet sich
an einem Baum hinauf, und schießt dann auf
Menschen und Thiere herab, die sie begeifert und
dann auffrißt.
584. Die gehörnte Schlange ist giftig; sie
Hornviper (Hornschlange, Cerastes aegyptiacus Dum. et Bibr.).
101
lebt in Egypten am oberen Nil, und in Afrika
überhaupt. Die italienische Viper wurde ehemals
als Arzney zu Suppen gebraucht.
585. Die Natter ist stahlfarbig mit weißen
Flecken; sie wird gegen 10 Fuß lang; man findet
sie auch in Europa hin und wieder. Die Car=
mosinschlange ist ungemein schön gezeichnet; die
Mädchen in Florida tragen sie zum Putz in die
Haare geflochten.
586. Die Brillenschlange ist sehr giftig
ihr Kopf ist mit einer brillenähnlichen Figur ge=
zeichnet; sie läßt sich zu allerhand Künsten abrich=
ten. Unsere Blindschleichen sind allgemein
bekannt; sie sind nicht giftig.
Von den Vögeln.
587. Alle Vögel kommen darinnen überein,
daß sie zwey Füße, zwey Flügel, einen hornigten
Schnabel und einen mit Federn bedeckten Körper
haben. Das Vogelreich schließt sich in den flie=
genden Insekten an diese Klasse, im Was=
sergeflügel an die Amphibien, in den flie=
genden Fischen an die Fische, und in den
Fledermäusen an die vierfüßigen Thiere an.
588. Der ganze Körperbau der Vögel ist zum
Fliegen eingerichtet; alles ist leicht an ihnen und
ihre Federn, besonders die Flügelfedern, sind
die Werkzeuge, womit sie sich in die Luft schwingen;
der Schwanz ist ihr Steuerruder.
102
589. Die Farben der Vögel sind überall schön;
an vielen, besonders in den warmen Ländern,
werthvoll; es ist merkwürdig, daß der Gesang der
Vögel in umgekehrten Verhältniß mit ihrer Schön=
heit steht; im kältern Klima sind die Vögel nicht
so schön wie im warmen, aber ihr Gesang ist an=
genehmer.
590. Die Vögel haben sehr viele Höhlungen
im Körper und in den Federn, die sie alle vermit=
telst der Lunge mit Luft anfüllen können; dies ge
schieht, wenn sie in die Höhe steigen wollen; im
Niedersinken pressen sie sie wieder aus.
591. Der Aufenthalt der Vögel ist verschie=
den; die mehresten wohnen auf den Bäumen,
viele auf dem Wasser, viele auf der Erde, aber
kein einziger unter der Erde, alle aber, einige wenige
ausgenommen, erheben sich, und fliegen in der Luft.
592. Sehr viele Vögel verändern ihre Woh=
nung zu gewissen Jahreszeiten; die mehresten ziehen
nicht weit, und kehren bald wieder zurück; vielen
aber, die weder große Kälte, noch große Hitze
aushalten können, ziehen im Winter ins warme
und im Sommer ins kalte Klima.
593. Das Nahrungsgeschäfte der Vögel hat
auch viel eigenes; sie haben keine Zähne, entweder
müssen sie ihre Speisen mit dem Schnabel zerbeis=
sen, oder ganz schlucken, die letzteren haben zu dem
Ende einen Kropf, worinnen die Speisen zur
Verdauung im Magen vorbereitet werden.
103
594. Der Magen der Vögel hat eine unge=
heure Stärke; er verdaut Haselnüsse mit der Schaa=
le, und Olivenkerne. Sogar Münzen werden in
ihm abgeschliffen, vermuthlich kommt das aber von
kleinem Kiessand her, den sie auch zu verschlucken
pflegen.
595. Besonders ist das Gesicht und bey vie=
len Vögeln auch das Gehör von einer ganz be=
sondern Stärke, daher auch diese sinnlichen Werk=
zeuge, besonders die Augen, eine merkwürdige Ein=
richtung haben.
596. In Ansehung der Stimme sind die Vögel
sehr verschieden; die Raubvögel, Wasservö=
gel und die Fasanen oder Hünerarten geben
meistens einen unangenehmen Ton von sich; bey
den Singvögeln ist die Einrichtung des Kehlen
kopfs wunderbar.
597. Die Papageyen, Raben, Staare,
Dompfaffen u. dgl. hat man Worte aussprechen
und künstliche Melodieen singen gehört; sogar hat
man verschiedene Dompfaffen abgerichtet, daß
sie sich untereinander accompagniren und ein kleines
Konzert gesungen haben.
598. Die mehresten Vögel paaren sich und bauen
ihre Nester im Frühjahr; verschiedene aber, be=
sonders der Kreuzschnabel baut sein Nest und
legt seine Eyer in der kühlsten Jahreszeit. Das
häusliche Federvieh bindet sich an keine Jahreszeit.
599. Viele Vögel, wie z. B. die Tauben
104
halten sich lebenslang paarweis zusammen; andere
bleiben nur während der Brutzeit beysammen.
Bey den Singvögeln hilft das Männchen das Nest
bauen, es ernährt auch während der Brutzeit das
Weibchen.
600. Die Auswahl der Orts, an dem jede
Gattung ihr Nest anlegt, ist ihren Bedürfnissen
und ihrer ganzen Lebensart aufs genaueste ange=
messen, und eben so sorgfältig wählt auch jede
Gattung die Baumaterialien zu ihrem Nest.
601. Die Nester sind auch ihrer Form nach
sehr verschieden; im warmen Klima nehmen die
Vögel wenig Rücksicht auf die Bäume, im kalten
aber füllen sie viele mit weichen Pflaumfedern aus,
um sich das Brüten zu erleichtern.
602. Wenn das Nest vollendet ist, so legen
die Vögel ihre Eyer; viele Wasservögel legen nur
ein Ey, die Tauben gewöhnlich zwey, u. s. w. Die
Hühner legen dagegen viele.
603. Die Säugethiere gebähren lebendige
Junge; in den Eyern aber ist nur ein todter Keim
zu einem lebendigen Thier, der durch einen gewis=
sen bestimmten Wärmegrad belebt werden muß;
dies geschieht durch das Brüten, welches gewöhn=
lich die Mutter verrichtet; bey Tauben, Schwal=
ben und Rothschwänzen helfen die Männchen
brüthen, bey andern aber nicht.
604. Während dem Brüten bildet sich allmählig
das Küchlein; es nährt sich erst vom Dotter,
105
dann vom Eyweiß, und wenn die Schaale leer
ist, so ist das Thierchen ausgebildet, und es pickt
sich durch die Schaale durch.
605. Die jungen Vögel werden eine Zeitlang
von der Mutter, bey denen, die paarweise leben,
auch vom Vater ernährt. Die von Körnern leben
füttern aus dem Kropfe, bis die Jungen fliegen
und ihre Nahrung selbst suchen können.
606. Die Vögel erreichen nach Verhältniß ihrer
körperlichen Größe und in Vergleichung mit den
Säugethieren ein hohes Alter. Adler und Pa=
pageyen werden über 100, Stieglitze über
Der Stieglitz, des -es, plur. die -e, eine Art kleiner buntfärbiger Sangvögel; Fringilla Carduelis Linn. Fringilla Iouis Klein. Distelfink.
25 Jahr alt.
607. Die Vögel sind für die Haushaltung der
Natur im Ganzen ungemeinwichtige Geschöpfe,
ungeachtet sie den Menschen nicht so nützlich sind,
als die Säugethiere. Sie verbreiten Leben und
Munterkeit durch die Schöpfung, verzehren die
schädlichen Insekten, vertilgen das Unkraut u. s. w.
608. Die Vögel befördern die Fortpflanzung der
Gewächse, indem sie den Saamen an fremde Oerter
bringen; auch die wilden Gänse bringen Fisch=
rogen in fremde Teiche; die Tauben pflanzen
auf den Gewürzinseln die Muskatnüsse fort; die
Seevögel düngen mit ihrem Mist Felsen und Klip=
pen, wo hernach heilsame Gewächse wachsen.
Schreibfedern, Eyderdaunen, Bettfedern und Fe=
dern zum Schmuck kommen von den Vögeln.
609. Der Schaden, welchen die Vögel anrichten,
106
besteht fast ganz darin, daß sie auch nützliche Thiere
und Gewächse verzehren; auch können sie Unkraut
fortpflanzen; giftige Thiere werden im Reich der
Vögel nicht gefunden.
610. Das Vögelreich zerfällt in zwey Klassen:
1) in Landvögel, und 2) in Wasservögel.
Die Wasservögel sind entweder Sumpfvögel mit
langen Füßen, Hals und Schnabel, oder Schwimm=
vögel.
611. Unter den Landvögeln nehmen die
Raubvögel mit krummen starken Schnäbeln, mit
kurzen starken knorrigten Füßen, und großen ge=
bogenen scharfen Klauen, den ersten Raum ein;
folgende sind die vornehmsten:
612. Der Condor oder Greifgeyer lebt
im westlichen südlichen Südamerika; er ist der
größte unter allen fliegenden Vögeln; seine ausge=
breiteten Flügel nehmen einen Raum von 15 Fuß
ein; seine Schwanzfedern sind fingersdick, seine
Farbe ist schwarz und weiß; er nistet in hohen Ge=
birgen und felsigten Ufern, und lebt von Viehheer=
den und Fischen, die die See auswirft.
613. Der Geyerkönig wohnt in Westindien
und Südamerika; er ist so groß wie ein welches
Huhn, am Kopf schön gelb, roth und schwarz ge=
zeichnet; sein Hals ist nackt, er zieht ihn zwischen
die dicht befiederten Schultern ein, und lebt von
Schlangen und andern Amphibien.
614. Der Lämmer= oder Bartgeyer wohnt
107
in den Tyroler und Schweizer Alpen, auch in
Sibirien; er ist der größte Vogel in Europa, seine
ausgebreiteten Flügel messen 10 Fuß; er hat einen
starkhaarigten Bart und federreichen Kopf; sein
Nest hat noch nie ein Mensch gesehen. Er nährt
sich von Gemsen, Ziegen und wilden Katzen.
615. Der Aasgeyer im südlichen Europa,
vorzüglich im gelobten Land und in Egypten; er
lebt von Feldmäusen, und in Egypten von der
Menge Amphibien und Insekten, die der Nil
nach seiner Ueberschwemmung zurückläßt; daher
er auch von den alten Egyptern für heilig gehal=
ten wurde.
616. Zu den Falkenarten gehören folgende
Vögel: Der Sekretär, wohnt im südlichen
Afrika und auf den philippinischen Inseln; er hat
lange Beine und lebt von Schlangen und Eidechsen.
617. Der schwarzbraune Adler und der
Gold= oder Steinadler wohnen im gebirgigten
Europa, und leben von kleinen Säugethieren und
Vögeln. Der Goldadler hat eine fürchterliche
Stimme; er nistet auf hohen Felsen und nährt
seine Jungen mit dem besten Wildpret.
618. Der Fischadler oder Fischaar wohnt
an den Europäischen Küsten, in Nordamerika und
auf der Südsee; er wird so groß wie der Gold=
adler. Er genießt durchaus nichts als Fische und
hungert lieber.
Der Entenstößer wird oft mit dem Fisch=
Aar verwechselt; er wohnt an den Flüssen.
108
619. Der Weihe oder Gabelgeyer ist in
Europa und der allgemeinen alten Welt der ge=
wöhnlichste Raubvogel; er ist zwar dem Hausge=
flügel gefährlich, aber er verzehrt auch vieles, das
Menschen und Vieh nachtheilig ist.
620. Der Edelfalke wohnt in den nördlichen
Gegenden der Erde; er wird so wie die Hunde zur
Jagd abgerichtet und zum Fang kleinen Wildprets,
besonders aber der Vögel und Reiher gebraucht.
621. Der Habicht und der Sperber sind
bey uns einheimisch, und besonders dem Hausge=
flügel sehr gefährlich.
622. Die Eulen bestehen in verschiedenen Ae=
sten, unter denen Schuhu der größe, stärkste
und merkwürdigste ist. Die Köpfe der Eulen haben
alle etwas ähnliches mit den Katzen; sie leben auch
vorzüglich von Mäusen, und von allerhand Un=
geziefer, und sehen auch eben so des Nachts besser
als am Tage.
623. Die zweite Gattung der Landvögel wohnt
blos in den wärmsten Erdstrichen; man nennt sie
Leichtschnäbel: denn ob sie gleich große, dicke
und krumme Schnäbel haben, so sind sie zwar hart,
aber doch seht leicht.
624. Die mancherley Papageyen=Geschlech=
ter machen die merkwürdigste Art dieser Gattung
aus; einige Geschlechter haben das eigene, daß
sie zwar auf einer Insel wohnen, auf einer andern
nicht fortkommen; alle aber haben viel ähnliches
109
mit den Affen; sie brauchen ihre Füße wie Hände,
mit ihnen und dem krummen Schnabel klettern sie
auf den Bäumen umher, weil sie zum Fliegen
nicht sonderlich geschickt sind.
625. Die Papageyen können nießen, sich
räuspern, gähnen und mit ihrer dicken fleischigten
Zunge, bey ihrer großen Gelehrigkeit vernehmlich
und deutlich reden. Fast alle sind außerordentlich
schön von Farbe. Die vornehmsten sind folgende:
626. Der Aras oder Ara ist der größte und
schönste; er ist roth, grün, hat einen langen,
schönen Schweif, ist sehr bös, und hat den Namen
von seinem Geschrey, indem er immer Ara ruft.
Er wohnt in Südamerika.
627. Der Alexander=Papagey ist der ge=
wöhnliche grüne; Alexander der Große brachte
ihn aus Ostindien zuerst nach Europa. Der Cacadu,
von seinem Ruf also genannt, ist grau und hat
einen Kamm auf dem Kopf; er lebt in Ostindien
und ist sehr böse. Alle Papageyen leben von Baum=
früchten und allerhand Speisen.
628. Der Pfefferfraß hat einen ungeheuer
großen, aber sehr leichten Schnabel, der an den
Rändern gezähnt ist. Seine Zunge ist einer Hand
lang, sieht aus wie Fischbein, und ist vorn gezasert.
Die Farbe des Gefieders ist nicht immer gleich.
Süd=Amerika.
629. Der Nashornvogel ist dem Pfef=
ferfraß ähnlich, nur daß der große Schnabel ge=
110
gen die Stirn zu einen Hügel hat. Alle diese groß=
schnabeligte Vögel nähren sich von faulem Fleisch.
630. Die Spechtarten haben kurze Füße,
und gewöhnlich einen geraden, nicht dicken Schna=
bel von mittelmäßiger Länge. Sehr viele Vogel=
geschlechter gehören in diese Klasse; die mehresten
leben von Insekten.
631. Der gewöhnliche Specht hat eine son=
derbare Zunge; sie ist fadenförmig, und schießt wie
ein Pfeil aus dem Schnabel, wenn er ein Insekt
fangen will. Mit dem spitzen harten Schnabel
bohrt er die Rinde der Bäume auf, theils um In=
sekten zu fangen, theils auch um ein Loch zu ent=
decken, wohin er sein Nest bauen kann.
632. Die verschiedenen Arten der Spechte, die
nach den Farben schwarz, grün, roth und
blau benennt werden, kommen alle darinnen über=
ein, daß sie von Insekten leben. Der Grün=
specht ist den Bienen sehr gefährlich. Der Dreh=
hals dreht den Kopf rund herum.
= Wendehals (Iynx L.), einzige Gattung aus der Familie der Wendehälse (Iyngidae) und der Ordnung der Klettervögel, – Wiedehopf; s. u.
633. Der Eisvogel lebt fast in der ganzen
alten Welt; er hält sich sowohl an der See als
an Flüssen und Teichen auf. er nährt sich von
Fischen, und bricht nach der Mahlzeit die Gräten
wieder von sich.
634. Der Bienenwolf ist ein sehr schöner
Vogel; er lebt im südlichen Europa, und nährt sich
von Heuschrecken, Insekten, vorzüglich von Bienen;
er kommt selten nach Deutschland.
111
635. Der Wiedehopf ist ein sehr schöner
Vogel, mit einer Krone auf dem Kopf. Er lebt
in Europa und Ostindien, und nährt sich von Mist=
käfern und allerhand Insekten, die er aus den
garstigsten Materien herauslies't, die er auch zu
seinem Nest braucht, das er in hohle Bäume baut.
Der Gestank ist sein Element, das wahre Bild ei=
nes lasterhaften, ästhetischen Wollüstlings.
moralische Einordnung.
636. Der Colibri ist der schönste und kleinste
Vogel in der Welt. Kein Maler kann seine Far=
ben nachbilden; sie ähneln dem gefärbten Gold;
in der Sonne ist die Wirkung unaussprechlich. Sie
können nur durch Bespritzen mit Wasser gefangen
werden. Sie nähren sich vom Honig der Blumen,
den sie mit dem röhrenförmigen Schnabel einsau=
gen, und wohnen im südlichen und nördlichen
Amerika.
637. Der kleinste Colibri wiegt etwa 30 Ger=
stenkörner, ist so groß wie eine welsche Nuß; sein
Nest ist von Baumwolle, seine Eyer so groß wie
eine kleine Erbse. Der Juwelen=Colibri ist
am schönsten; seine Stirn und Scheitel gleicht einem
Rubin, und seine Kehle glänzt wie ein glühendes Gold.
638. Die Rabengeschlechter haben einen
starken erhobenen Schnabel und kurze Füße. Sie
leben theils von Getreide und allerhand Saamen=
körnern, theils von Insekten. Ihr Fleisch ist wil=
dernd und unangenehm.
112
639. Die westindischen Raben leben in
gesellschaftlicher Verbindung; mehrere Weibchen
haben gemeinschaftlich ihr Nest, brüten gemein=
schaftlich, nähren ihre Jungen gemeinschaftlich &.
640. Der gewöhnliche schwarze Rabe lebt
überall in beiden Welten; er hat einen überaus
scharfen Geruch, ist ein schädliches Thier, raubt
Fische, Krebse, junge Enten, junge Hasen, stiehlt
auch glänzende Sachen, die er nicht genießen kann.
641. Die Saatkrähe ist allgemein bekannt;
sie ist überaus nützlich, denn sie verzehrt eine Menge
Feldmäuse und allerhand Ungeziefer; die Nebel=
krähe ist grauschwarz und eben so nützlich.
642. Die Dohle ist etwas größer als der
Rabe, glänzend schwarz, ist eben so diebisch und
sehr schlau. Sie nährt sich wie die Krähenarten.
643. Der Markolph ist ein schöner Vogel,
Markolf: Holzhäher; Adelung: in einigen Gegenden so genannt.
der leicht zu zähmen ist. Die Elster ist durch
ihrer hüpfende Geschwätzigkeit bekannt; sie ist dem
jungen zahmen Geflügel sehr gefährlich. Der ost=
indische Rabe hat einen schönen Gesang, und
lernt auch Sprechen.
644. Der Maisdieb wohnt in Amerika; er
la pie de la Jamaïque = Maisdieb = Elster.
lebt vom Welschkorn, aber verdient auch diese Nah=
Welschkorn = türkischer Weizen = Mais.
rung durch die Vertilgung schädlicher Insekten. Es
war also unüberlegt, daß man ihn in Pensylvanien
vertilgen wollte.
645. Der Paradiesvogel wird wegen seinen
unvergleichlich schönen Federn sehr geschätzt. Er lebt
113
blos in Südindien; daß er keine Füße habe, ist
eine Fabel. Sie werden ihm abgeschnitten, wenn
er der Federn wegen verkauft wird.
646. Der Kukuk ist ein sehr bekannter Vogel.
Er ist nur im Frühjahr sichtbar und hörbar; er lebt
in der alten Welt. Er legt viele Eyer, die er in
viele Nester vertheilt, wo sie von den Vögeln aus=
gebrütet werden. Der junge Kukuk wächst sehr
schnell, und dann wirft er seine Kamerädchen aus
dem Nest; wo er den Winter über ist, das weiß
man nicht.
647. Der Honigkukuk lebt im südlichen
Afrika, und nährt sich vom wilden Honig, daher
sich die Hottentotten seiner bedienen, um die
Bienenstöcke aufzusuchen; sie ahmen seine Stimme
nach, die er beantwortete, und ihnen so den Weg
zeigt.
648. Die Golddrossel, ist ein sehr schöner Vo=
gel, lebt hin und wieder in der alten Welt. Das
Männchen ist goldgelb und schwarz, das Weibchen
olivengrün; sein Nest knüpft es sehr fest und dauer=
haft zwischen zwey Aestchen an.
649. Die Sperlingarten sind klein, haben
kurze schlanke Füße, einen kegelförmigen, sehr
spitzigen Schnabel. Sie leben paarweis, Männ=
chen und Weibchen, für sich allein, nähren sich
von Insekten und Pflanzensaamen; sie haben ein
zartes schmackhaftes Fleisch, und die mehresten von
ihnen singen.
114
650. Die Lerche wohnt in der ganzen alten
Welt, besonders in Getreideländern, wo sie
sehr fett wird, und zum Essen angenehm ist. Ihr
Gesang während dem Fliegen ist schön; sie badet
sich gern im Sand.
651. Der Staar ist ebenfalls bey uns einhei=
misch; dadurch, daß er unzählige Insekten ver=
zehrt, wird er sehr nützlich; er lernt leicht sprechen.
Die Misteldrossel nährt sich von Mistelbeeren,
wodurch sie auch die Schmarotzer=Gewächse fort=
pflanzt.
652. Der Krammetsvogel lebt in den nörd=
lichen Ländern Europas, streicht aber im Herbst
in großer Menge gegen Süden und Westen; er
nährt sich vorzüglich von Wachholderbeeren. Er
wird häufig gefangen und gegessen.
653. Die Amsel, schwarze Drossel, ist
bey uns einheimisch; sie lebt einsam, nährt sich
auch von Wachholderbeeren; sie behält, was sie ein=
mal pfeifen gelernt hat, lebenslang.
654. Der Kreuzschnabel baut im Winter
sein Nest. Der Kirschknäpper beißt Kirschkerne
auf. Der Dompfaff oder Blutfink lernt
schön singen. Unter den Ammern ist der grie=
chische Ortolan auf den Tafeln beliebt, und die
Der schwarzköpfige Ammer (Ortolankönig, Pracht- oder Kappenammer, E. melanocephala Scop.).
Finken singen schön.
655. Der Kanarienvogel ist im sechzehnten
Jahrhundert nach Europa gekommen; seit der Zeit
sind mancherley Arten entstanden; ihr Gesang ist
115
schön und lieblich. In den Canarien=Inseln wohnt
dieser Vogel in den kältsten Gegenden.
656. Das Rothkehlchen ist schön, aber bis=
sig. Der Zaunkönig, der kleinste Vogel, zer=
stört die Raupennester, und bleibt den Winter bey
uns. Der Schneidervogel in Indien macht
sein Nest aus zwey Laubblättern.
657. Die Meise ist ein munteres Vögelchen,
sehr heimlich, aber bös; es pickt andern Vögeln
die Köpfe auf, auch wohl den Kindern nach den
Augen. Es giebt mehrere Arten.
658. Die Schwalben sind uns sehr bekannte
Vögel; sie gehen fast nie, sondern thun alles im
Flug, oder sitzend. Sie bauen ihr Nest aus Straßen=
koth, sehr fest, an Oerter, wohin kein Regen kommt.
Die Schwalbennester aus Tunquin werden
Salangane (Collocalia Gray), Gattung der Segler,
gegessen. Wo die Schwalben den Winter blei=
ben, das weiß man nicht. Unsere Schwalben
nähren sich von Insekten.
659. Die Nachtschwalben lassen sich am
Tage nie sehen; sie schnurren des Nachts herum.
Sie leben von Nachtfaltern. Sollten sie nicht zur
Fabel vom wilden Jäger Anlaß geben?
660. Die Hühnergeschlechter sind sehr
mannigfaltig. Die Tauben, zahme und wilde,
sind uns alle bekannt; die zahmen brüten 9 bis
10mal im Jahr; die wilden zweymal. Die Post=
taube in der Levante ist merkwürdig. Die Tur=
Brieftaube.
teltauben und Lachtauben haben den Namen
von ihrer Stimme.
116
661. Die Wachtel ist in der ganzen alten
Welt einheimisch; sie lebt von Getreidesaamen.
Die Wachteln ziehen im Herbst in großer Menge
nach Süden, wo sie auf den Inseln des mittellän=
dischen Meers überwintern.
662. Das Feldhuhn, das Haselhuhn,
das Schneehuhn, der Birkhahn und der
Auerhahn sind den Jägern bekannt, und beliebte
Vögel. Die Auerhahnfalz dient zum Vergnü=
Falzen = Balzen. – Der Auerhahn wird zur hohen Jagd gerechnet.
gen großer Herrn.
663. Unsere Haushühner sind in der ganzen
Welt das gewöhnliche und sehr nützliche Geflügel;
sie gehören zu Fasanenarten, sind aber doch
auf vielfältige Weise in Ansehung der Gestalt und
Farbe verschiedene. Die Hähne geben des Nachts
durch ihr Krähen Hausuhren ab.
664. Der Fasan hat den Namen vom Fluß
Phasis in Mingrelien, von wannen ihn schon
Phasis: Fazo, Rione. – Mingrelien (Mingreul, "Land der tausend Quellen"), ehemals selbständiges Fürstentum in Kaukasien. – Hüber: Zeitungslex dto. als Fasanenland.
die Argonauten nach Europa gebracht haben. Der
Goldfasan und der Silberfasan sind aus
China zu uns gekommen.
665. Der Truthahn oder welsche Hahn
ist in Amerika zu Haus, wo er zu hunderten auf
den höchsten Bäumen lebt. Er kam Anno 1530
zuerst zu uns, und wird wegen seines vortrefflichen
Fleisches hochgeschätzt.
666. Der Pfau ist in Ostindien einheimisch,
woher ihn auch der große Alexander gebracht
hat. Seinen schönen Schweif und seine Krone
117
bekommt er erst im dritten Jahr. Es giebt auch
weisse Pfauen.
667. Die Trappe ist der größte einheimische
Vogel. Das Männchen wird gegen 30 Pfund
schwer; man findet ihn in gemäßigten Erdstrichen.
Er hat einen verborgenen Sack vorn im Hals, der
sich unter der Zunge öffnet.
668. Der Strausarten sind drey; der ei=
gentliche Straus ist der größte Vogel. Er wird
8 bis 10 Fuß hoch, wiegt gegen drey Centner. Er
kann nicht fliegen, aber er läuft unglaublich schnell;
er läßt sich zum Reiten abrichten.
In Straßburg hatte Jung-Stilling während seines Studiums Gelegenheit, solche Strauße zu sehen.
669. Der Casuar lebt in Ostindien. Er hat
eine große Stärke in seinen Klauen, womit er
daumendicke Bretter durchtreten kann. Seine Fe=
dern sind hornartig.
670. Der Dudu wohnte ehemals auf der
Dodo = Dronte (Didus L.), Gattung der Taubenvögel aus der Familie der Dronten (Dididae).
Isle de France und auf der Insel Bourbon,
aber man findet ihn nicht mehr; er scheint ausge=
rottet zu seyn. Er war schwerleibigt, langsam und
zu nichts zu gebrauchen.
Von den Wasservögeln.
Zuerst von den Sumpfvögeln.
671. Der Flamingo lebt in den warmen Erd=
strichen, wird bey einem mächtig großen Körper und
sehr langen Hals und Beinen mannshoch. Er ist
über und über schön Carmosinroth.
118
672. Der Kranich hat einen langen Hals und
lange Beine, wie der Storch; er lebt im Som=
mer im Norden, im Winter im Süden. Er zieht
in großen Schaaren. Man nennt diese Vögel auch
Hagelgänse oder wilde Gänse.
673. Der Storch wohnt in den mildern Ge=
genden der alten Welt; er nährt sich nicht blos
von Amphibien, sondern er frißt auch junge Vögel;
oft stiehlt er auch Leinwand und Wollengarn, um
sein Nest damit auszufüttern.
674. Der Reiher wohnt in beiden Welten;
ere ist den Fischen gefährlich. Er baut sein Nest
auf den höchsten Eichen; nur seine Federn werden
gebraucht. Der morgenländischen kostbaren Reiher=
federn kommen aus Persien.
675. Der Rohrdommel wohnt in den mil=
dern Gegenden der nördlichen Erde; er ist ein
langsames träges Thier. Es hat eine rauhe starke
Stimme, die es gewöhnlich vor und bey dem Re=
genwetter von sich hören läßt.
676. Der Ibis der alten Egxpter wurde we=
gen seiner Nutzbarkeit göttlich verehrt, so wie
menschliche Leichen kostbar einbalsamirt. Er hat
Aehnlichkeit mit dem Storch.
677. Die Schnepfe ist ein allgemein bekann=
ter und beliebter Vogel, weil er ein wohlschmecken=
des Fleisch hat. Der Schnepfenstrich ist für die
Jäger ein angenehmes Vergnügen.
678. Der Kübiz lebt von Regenwürmern und
Kibitz.
119
Insekten, und hält sich gern in sumpfigten Gegen=
den auf; seine Eyer sind ein niedliches Essen.
679. Die zweite Gattung der Wasservögel be=
steht aus den Schwimmvögeln, deren Füße
mit einer Schwimmhaut versehen sind. Sie sind
den Menschen auf mancherley Weise nützlich.
680. Die Möve lebt in ungeheurer Menge,
so daß sie den Tag verdunkeln, an den Ufern der
nördlichen Meere; sie düngen die unfruchtbaren
Felsen, so daß heilsame Kräuter darauf wachsen.
681. Der Trapikvogel lebt auf dem großen
Weltmeer zwischen den beiden Wendezirkeln; er
nährt sich meist von fliegenden Fischen. Die Schiffer
bemerken an seiner Erscheinung, daß sie im heißen
Erdgürtel sind.
682. Der Sturmvogel lebt auf dem südli=
Adelung: Procellaria Linn. – Evtl. Lumme, Mallemuck.
chen und nördlichen Ocean; er hält sich fern vom
festen Land, gewöhnlich auf einsamen Klippen
auf; wenn er sich nach den Schiffen flüchtet, so
hält man das für ein Zeichen eines nahen Sturms.
Er ist sehr fett; man zieht einen Docht durch seinen
Körper, so dient er zur Lampe.
683. Der Albatoos [sic] ist von der Größe eines
Albatros (Diomedea L.),
Schwans, hat sehr große Flügel, kann sich 500
deutsche Meilen vom festen Land entfernen, fliegt
nicht höher über der Meeresfläche als 10 – 20 Fuß
und nährt sich mehrentheils von fliegenden Fischen.
684. Der Pelikan oder die Kropfgans
lebt in warmen Gegenden; sie hat einen ungeheuren
120
blutrothen Beutel unter dem Schnabel am Hals
hängen, worinnen sie 20 bis 30 Pfund Wasser nach
Haus und ihren Jungen zutragen kann.
685. Der Bassan lebt im Norden von Europa
Bassan-Pelikan, Bassan-Gans; lebt besonders auf den schottischen Inseln, und hier auf der Insel Baß. Weißer Tölpel, großer Gannet.
und Amerika in großer Anzahl von Häringen und
andern kleinen Fischen; er vermehrt sich in großer
Menge. Die jungen Vögel und die Eyer werden
mit Lebensgefahr in den Klippen aufgesucht und
häufig genossen.
686. Der Schwan ist ein bekannter schöner
Vogel. Man hat zwey Spielarten, eine mit einer
gelben Haut um die Schnabelwurzel, und diese
nennt man die wilde; sie singt angenehm, aber
selten. Der zahme Schwan hat eine schwarze
Haut an der Schnabelwurzel: er närt sich von
Fröschen, Waserpflanzen u. dgl.
687. Die Gans ist fast in allen Welttheilen
wild und auch zahm anzutreffen. Die zahme ist
ein sehr nützlicher Vogel; ihr Fleisch, ihre Federn,
sowohl zum Schreiben als zu Betten, ist eine an=
genehme Waare.
688. Der Eidervogel lebt im Norden, be=
sonders in Island und in Grönland. Sein Fleisch
und seine Eyer sind sehr schmackhaft; mit seiner
Haut füttert man Kleider, und die Eiderdunen [sic; Eiderdaunen]
werden aus den Nestern gesammelt.
689. Die Ente findet man auch allenthalben
wild und zahm; ihr eigentlicher Nutzen besteht blos
in ihrem Fleisch.
121
690. Der Pinguin hat ein glattes, glänzen=
des Gefieder, nackte, stumpfe, kleine Flügel, einen
geraden aufrechten Gang, und lebt zur Brützeit in
großen Schaaren auf den einsamen Inseln der
Südsee, vorzüglich um das Feuerland herum. Der
Pinguin ist sehr fett.
Von den Säugethieren.
691. Die Säugethiere machen bey weitem
die wichtigste, mannichfaltigste und vornehmste Thier=
klasse aus. Sie unterscheiden sich vorzüglich da=
durch von allen andern Klassen, daß sie nicht
allein lebendige Junge gebähren, sondern sie auch
an ihren Eutern ernähren.
692. Die Säugethiere sind mit Haaren be=
ddeckt. Diese sind bald borstenartig, bald stachel=
artig, bald wollartig, bald kurz, bald lang; alle
Haare sind hohle Röhrchen und Zwiebelgewächse.
693. Der Aufenthalt der Säugethiere ist
sehr verschieden; die mehresten leben auf der Erde,
viele auf den Bäumen, einige in der Erde, andere
bald auf dem Land, bald im Wasser, und noch
andere ganz im Wasser.
694. Nur wenige ausgenommen sind alle Säuge=
thiere mit Zähnen versehen. Unter den grasfres=
senden Thieren giebt es viele, die wiederkäuen;
die wiederkäuende Thiere haben einen vierfachen
Magen.
695. Die allermehresten Säugethiere haben
6
122
eine Stimme; einige lassen sie nur dann hören,
wenn sie in Gefahr oder zornig sind, oder auch
sich zur Paarung zu locken. Der Mensch unter=
scheidet sich von allen durch die Sprache.
696. Viele Säugethiere sind mit Hörnern
bewaffnet; bey einigen Geschlechtern tragen nur
die Männchen Hörner. Bey den Schaafen
ist es Spiel der Natur, wenn die Weibchen Hör=
ner haben.
697. Die mehresten Säugethiere haben zur
Bedeckung des Afters einen Schwanz, der bey ei=
nigen ganz kurz, bey andern blos haarig, bey an=
dern sehr lang, wieder bey andern buschigt ist.
698. Es giebt Geschlechter, die mit Beuteln
versehen sind: bey einigen finden sich Backenta=
schen, in denen sie ihren Raub nach Haus schlep=
pen; andere haben Beutel im Hals zur Verstärkung
ihrer Stimme.
699. Der Nutzen der Säugethiere läßt sich
am besten bey jeder Gattung oder Art bemerken.
Für die Menschen ist er sehr groß; er kann ohne diese
Thiergattung nicht leben. Viele Nationen leben
fast ganz allein von einer Art.
700. Viele, besonders aus dem Katzenge=
schlecht, sind schädlich, weil sie Menschen und
Thiere tödten; andere sind nur Thieren schädlich,
und wieder andere den Gewächsen.
701. Die Eintheilung der Säugethiere nach
Blumenbach ist die natürlichste. Er theilt
Johann Friedrich Blumenbachs (1752-1840) Handbuch der Naturgeschichte. Göttingen 1779, 4., sehr verb. Aufl.- Mit Kupfern. Göttingen: J. C. Dieterich 1791; XII, 704 S. : 3 Taf. ; 8°. – Oder: Beyträge zur Naturgeschichte. Göttingen Bd. 1-2, 1790-1811. – Blumenbach wurde als der Magister Germaniae von den Freunden der Naturkunde gefeiert. Er erhob die Zoologie in Deutschland zuerst zu wissenschaftlicher Bedeutung.
123
sie in 12 Ordnungen: 1) Zweyhändige; 2)
vierhändige; 3) Krallenthiere; 4) unbe=
haarte Thiere; 5) geflügelte; 6) mausar=
tige Thiere; 7) reißende Thiere; 8) unge=
spaltene Klauen; 9) gespaltene Klauen;
10) Ungeheuer; 11) Säuge=Amphibien;
12 Wallfische. [sic; Wale, Wal]
Die zweyhändige Ordnung.
702. In dieser steht der Mensch allein; er
Siehe Theorie der Geisterkunde!
unterscheidet sich von allen Thieren durch seine
unsterbliche Seele, die ihn mit dem Geister=
reich verbindet, und durch deren Vernunft er über
alle Thiere herrscht, und durch seine Sprache seinen
Mitmenschen Begriffe mittheilen kann, deren kein
Thier fähig ist.
703. Der Mensch ist unter allen Thieren von
Natur das wehrloseste und hülfloseste Geschöpf; kein
Instinkt und kein Kunsttrieb unterstützt ihn, alles
was er zum Schutz und zum Leben braucht, muß
er sich durch seine eigene und seiner Mitmenschen
Vernunft erfinden und erschaffen, daher muß er in
Gesellschaft leben.
Zoon politicon; ist, wie Aristoteles sagt, von Natur aus ein soziales Wesen. Zoon politikón, ein "geselliges Wesen", nennt Aristoteles in seiner "Politik" (1,2 und 3,6) den Menschen.
704. Es giebt eigentlich nur ein Menschenge=
schlecht; alle stammen von einem Menschenpaar
Adam und Eva her; alle Verschiedenheiten der
Völker haben ihre natürlichen Ursachen, alle haben
Vernunft, Religion und Sprache.
705. Man kann die Menschheit in 5 Gattungen
124
eintheilen: 1) die Europäer und Westasiaten,
die schönste Gattung; 2) die Ostasiaten und
nordwestlichen Amerikaner, gelbbraun;
3) die Afrikaner, schwarz; 4) die östlichen
und südlichen Amerikaner, kupferfarbig, und
5) die Südindier, schwarzbraun.
Vierhändige Thiere.
706. Die Affen haben anstatt der Füße vier
Hände, um desto besser auf en Bäumen fortkom=
men zu können. Ungeachtet ihrer Menschenähn=
lichkeit sind sie doch von innen und außen himmel=
weit von den Menschen verschieden. Sie leben
zwischen den Wendezirkeln.
707. Der Troglodyte, der afrikanische Wald=
Troglodyten (griech., Höhlenbewohner), allgemeine Bezeichnung auf einer niedrigen Kulturstufe stehender Völker, die in bloßen Erdhütten oder Höhlen wohnten. Troglodytenland (Troglodytica) hieß insbes. die Küste des heutigen Abessinien von Berenike nach S. zu.
mensch, lebt im inneren Afrika und in Angola,
Congo u. s. w. Er ist menschenähnlicher als der
Orang utang, fünf Fuß hoch, unbändig stark,
wild, den Menschen gefährlich; siel eben gesell=
schaftlich.
708. Der ostindische Waldmensch, Orang-
utang oder Satyr, lebt vorzüglich in Ostindien
auf der Insel Borneo, wird ungefähr 4 Fuß hoch,
hat einen kleinern Kopf und schlankern wuchs als
der afrikanische Waldmensch.
709. Der Gibbon oder Golock wohnt in
Malacca, Coromandel und in den Molukkischen
Inseln. Sein Gesicht ist sehr menschenähnlich, aber
seine Arme sind unmenschlich lang.
125
710. Der gemeine türkische Affe lebt schaa=
renweis in Nordafrika und Ostindien; er pflanzt
sich auch in Europa fort. Er ist leicht zu zähmen,
sehr gelehrig und possirlich.
711. Unter den geschwänzten Affen ist der
Pavian am bekanntesten; den schönen blau und
roth gestreiften Kopf ausgenommen, sind sie häß=
liche und abscheuliche Thiere.
712. Die Meerkatzen leben in Südamerika;
sie haben einen sehr langen Schweif. Eine Art
derselben wird Beelzebub genannt; sie sollen
Brüllaffe (Heulaffe, Mycetes Illig.), Gattung der Breitnasen (Platyrrhini).
sich mit den Schweifen aneinander hängen, und
von einem Baum sich über einen Fluß schaukeln
können.
713. Es giebt noch einige Arten sehr kleiner
Affen; ein brauner in Brasilien, der in einer
Cocosnußschaale Raum hat, er heißt Uistiti; der
Seidenaffe (Pinselaffe, Hapale Ill.). – Uistiti (Marmoset, Saguin, Springaffe, H. Jacchus L.), 22–27 cm lang, mit 30–35 cm langem, geringeltem Schwanz.
Loris in Ceylon ist so groß wie ein Eichhörn=
Lori (Faulaffe, Stenops Illig.), Gattung der Halbaffen aus der Familie der Lemuriden (Lemuridae),
chen, und der Mongus in Madagaskar, der
im Sitzen seinen langen Schweif um den Hals
wickelt.
714. Die Krallenthiere haben alle einen
trägen, langsamen Gang; ihre Krallen brauchen sie
zum Klettern auf die Bäume. Sie haben einen
starken dicken Pelz, und darunter sehr breite und
viele Rippen.
715. Das Faulthier geht sehr langsam, hebt
immer nur einen Fuß auf, und schreit Ai, dann
ruht es, und nun auch den andern, und so nach
126
und nach alle vier, und doch wehrt es sich gegen
den Tieger [sic; Tiger]. Es lebt in Guiana in Amerika von
Laub; es trinkt gar nicht, und hat ein zähes Lebem.
716. Der Ameisenbär wohnt in Südame=
rika; er ist so groß wie ein Eichhörnchen, hat ein
schmal langes Maul, und eine schmal lange klebrigte
Zunge, die er in den Ameisenhaufen steckt, und
wenn sie mit Ameisen bedeckt ist, so zieht er sie
heraus und verschlingt sie; mit den Krallen kratzt
er die Haufen auf. Er hat keine Zähne.
717. Die unbehaarten Thiere sind entweder
mit Schuppen oder Stacheln bedeckt. Wenn sie
Gefahr sehen, so ballen sie sich zusammen, so daß
man ihnen nicht beykommen kann.
718. Das Formosanische Teufelchen ist
Formosanische Teufelchen = Baumzibetkatze (Helictis)?
dem Ameisenbären sehr ähnlich, ganz mit kastanien=
braunen Schuppen bedeckt; sie haben den Namen
von der Insel Formosa.
719. Der Armadill wohnt in Südamerika
Gürteltier.
unter der Erde, läßt sich leicht zähmen. Der Igel
wohnt in der ganzen alten Welt, frißt allerley Un=
geziefer, ist überall mit scharfen Stacheln bedeckt.
Das Stachelschwein lebt im warmen Klima;
seine Stacheln sind lang.
Die fliegenden Säugethiere.
720. Die Fledermäuse haben Vorderfüße,
welche mit einem sehr dünnen ausgebreiteten Häut=
chen versehen sind. Der Vampir, so groß wie
127
wie ein Eichhörnchen, wohnt in Südamerika; er saugt
Menschen und Thieren das Blut aus.
721. Der fliegende Hund ist größer, wohnt
in Ostindien, und lebt von Baumfrüchten. Die
großohrigte Fledermaus wohnt in wärmern
Gegenden der alten Welt, und unsere gewöhnliche
Fledermaus hängt sich zu ihrem Winterschlaf
in Höhlen und alten Gewölben mit den vordern
Krallen auf.
Die mausartigen Thiere.
722. Dies Klase der Säugethiere hat viele
Zehen; sie gehen fast immer auf dem ganzen Hin=
terfuß, und mehrentheils im Gallopp. Meist sind
sie kleine lebhafte Geschöpfe.
723. Das fliegende Eichhörnchen wohnt
in den nördlichen Gegenden der Erde; das ge=
meine Eichhörnchen allenthalben, und immer
auf den Bäumen.
724. Die Siebenschläfer=Ratte wohnt
in den gemäßigten Strichen der alten Welt; sie
wurde als Leckerbissen gespeis't. Die Hasel=
maus wohnt in den Wäldern, wo sie ihren Win=
terschlaf hält.
725. Die Marmote oder das Murmel=
thier wohnt in den höchsten Eis= und Schneege=
birgen in unterirdischen Höhlen, und nährt sich von
Pflanzen und Wurzeln; es schläft den ganzen Winter.
Das Erdzeiselchen in Ungarn, Polen und Si=
Zieselmaus (Ziesel, Spermophilus Cuv.), Nagetiergattung aus der Familie der Eichhörnchen (Sciuridae).
128
birien ist ihm ähnlich, nur kleiner und hat Backen=
taschen.
726. Der Hamster wohnt hin und wieder,
besonders in Getreidefeldern, und lebt vorzüglich
vom Getreide, das er in seinen Backentaschen holt
und herbey schleppt; er wohnt in Höhlen.
727. Der Lemming wohnt in Lappland, Sa=
mojeden und Sibirien; er zieht legionenweis in
gerader Linie aus einer Gegend in die andere. Die
blinde Maus wohnt im südlichen Rußland unter
der Erde; sie hat ihre Augen unter der Haut.
728. Die Wurzelmaus wohnt in Sibirien,
bis nach Kamtschatka; sie zieht legionenweis, lebt
von Wurzeln, die sie in großen Höhlen unter der
Erde verbirgt.
729. Die Waldmaus, die Feldmaus und
die Hausmaus haben ihren Namen von ihrem
Aufenthalt; alle sind für uns schädliche Thiere.
730. Die Ratten sind höchst schädliche Thieren;
sie wohnen überall, wo Menschen sind. Sie schützen
ihre Jungen mit eigener Lebensgefahr, und nähren
ihre unvermögenden Alten.
731. Die Spitzmaus lebt in altem Gemäuern,
Ställen, Mistgruben u. s. w. Die Wasserspitz=
maus lebt an kleinen Gewässern. Der Maul=
wurf lebt immer unter der Erde. Der Surinam=
Äneasratte (Didelphys dorsigera L.)
sche Aenas, der seine Jungen mit seinem
Schwanz rettet, und die Beutelratte, die sie
in ihren Beutel aufnimmt, sind merkwürdig.
129
732. Unter den Hasenarten ist der Känguruh
besonders merkwürdig. Er wohnt auf der Ostküste
von Neuholland, wiegt gegen 150 Pfund, ist aber
doch so flink, daß er unglaublich hohe und weite
Sprünge thun kann.
733. Der Springhase liegt des Tags in
seinen Höhlen. Die Vorderfüße sind sehr klein,
die Hinterfüße außerordentlich lang; er springt 7
bis 8 Fuß weit.
734. Der Hase ist allenthalben bekannt. Es
giebt schwarze und weiße, zu Zeiten auch gehörnte
Hasen. Das Caninchen gräbt sich Höhlen; man
hat wilde und zahme, sie vermehren sich unglaublich
735. Das Meerschweinchen wohnt in Bra=
silien, kommt auch bey uns fort, und wird zahm.
Das Ferkelcaninchen wohnt auch daselbst, es
ist aber viel größer.
Die Wieselartigen.
736. Der Baum= oder Goldmarder mit
einem gelben Fleck unter dem Hals, lebt von klei=
nen Säugethieren in den Wäldern. Der Stein=
marder mit weißer Kehle frißt nur Federvieh.
737. Der Iltis stinkt, geht den Hünern,
Tauben und ihren Eyern nach; er frißt auch Fische.
Sein Pelz ist schön, aber übelriechend, Der Iltis
hält sich am liebsten in verborgenen Löchern nahe
bey den Wohnungen auf, und geht des Nachts auf
den Raub.
130
738. Der Zobel wohnt in den einsamen Wäl=
dern der nördlichen Erde, vorzüglich in Sibirien;
sein Pelz ist der kostbarste unter allen. Sein Fang
geschieht vom November bis zum Februar.
739. Das große Wiesel oder Hermelin
wohnt vorzüglich in Sibirien; im Sommer ist es
bräunlich, im Winter aber schneeweiß mit einem
buschigten schwarzen Schwanz.
740. Das gemeine Wiesel hält sich auch in
den nördlichen Gegenden von Europa und Asien
auf. Es ist auf dem Rücken braun röthlich, unter
dem Bauch weiß, lebt mehrentheils von Eyern und
Geflügel; es trägt seine Jungen oft im Maul.
741. Die Zibethkatze hat einen fuchsartigen
Zibetkatze (Zibettier, Schleichkatze, Viverra L.), Bisamratte (Zibetratte, Zibetbiber, Ondatra, Fiber zibethicus Cuv.
Kopf; der ganze Körper grau mit querlaufenden
schwarzen Streifen. Zwischen den Hinterfüßen hat
dies Thier eine Höhle, die den Zibeth, eine
schmierige, starkriechende, Substanz enthält.
742. Das Stinkthier lebt im nördlichen
Amerika; es giebt einen Gestank von sich, der
schlechterdings unerträglich ist, wenn es gereizt wird.
743. Der Ichneumon, Pharaonsmaus,
Mungo, lebt in Ostindien, vorzüglich in Egyp=
ten, wo es nach der Ueberschwemmung alles Unge=
ziefer wegfrißt, auch die Crocodillen=Eyer verzehrt.
744. Der Vielfraß wohnt vorzüglich in den
großen Waldungen Sibiriens; er ist so stark, daß
er Rennthiere bezwingen kann. Sein Pelz ist
kostbar.
131
745. Der Honigdachs lebt am Cap vom
Honig und Wachs der wilden Bienen. Am Abend
beobachtet er den Flug der heimeilenden Bienen,
folgt ihnen und frißt ihre Rosen; seine Haut
hängt locker um ihn.
Honigdachs (Mellivora Storr.), Raubtiergattung aus der Familie der Marder (Mustelidae).
746. Der Dachs in Europa und Asien bis in
China; er lebt von kleinen Thieren, Rüben und
Wurzeln, Eicheln u. s. w. Er baut unter der Erde
eine weite Höhle mit verschiedenen Zugängen, in
welcher er die mehreste Zeit seines Lebens und den
ganzen Winter schläft.
747. Der Rakun, Waschbär, im nordöstli=
chen wärmern Amerika, frißt mancherley, vorzüg=
lich Fische und Eyer, wäscht alles, was er habhaft
werden kann, im Wasser, bedient sich der Vorder=
pfoten sehr geschickt, läßt sich leicht zähmen.
Die reißenden Thiere.
748, Der Bär wohnt in großen Wäldern, in
den Alpgegenden, auch in Ostindien. Er braucht
zum Kämpfen und Fangen seine Vordertatzen mehr
als seine Zähne; er klettert auf Bäume, fällt aber
wieder herunter. In der Jugend nährt er sich von
Gewächsen, später aber von Thieren; er ruht im
Winter, und genießt fast gar nichts.
749. Der Polarbär, Eisbär, ist sehr groß,
weiß, lebt im äußersten Norden von Fischen,
Seehunden, todten Wallfischen; er greift auch
die Menschen an.
132
750. Die Hunde=Racen sind so mannich=
faltig, daß man nicht wohl glauben kann, sie seyn
alle von einem einzigen Paar in der Schöpfung
entstanden. Indessen läßt es sich doch erklären,
wie es wohl möglich seyn kann.
751. Der Wolf ist in der ganzen alten Welt
einheimisch, aber an vielen Orten, besonders in
Großbritannien und Irland, ganz ausgerottet. Er
ist stark, wild und grausam; kein Mensch und kein
Thier ist sicher vor ihm.
752. Der Fuchs lebt in der ganzen alten Welt
von Wildpret, Geflügel, Mäusen, Fröschen u. d. gl.
Er liebt besonders die Weintrauben.
753. Der schwarze Fuchs ist größer; er
wohnt in dem äußersten Norden. Der Eisbär geht
im Sommer seine Nahrung nach; dieser Fuchs
im Winter. Sein Pelz ist sehr kostbar.
Der Polarfuchs ist weiß; sein Fleisch ist
wohlschmeckend, der Pelz kostbar.
754. Der Schakal wohnt in Asien und nörd=
lichen Afrika; er hält das Mittel zwischen dem
wolf und dem Fuchs. Die Schakalen laufen
in der Nacht schaarenweis umher, und fressen
Thiere und Kinder.
755. Die Hyäne wohnt auch im Vaterland
des Schakals, vorzüglich häufig in Abyssinien;
sie ist grimmig, feindselig, schrecklich und unbändig,
von fürchterlichem Ansehen. Sie lebt in Höhlen.
756. Unter den Katzenarten nimmt der
133
Löwe den ersten Platz ein. Er lebt in heißen
Ländern, kommt aber auch in gemäßigten fort. Er
genießt nur was er selber fängt, schont kleiner
Thiere, und läßt sich leicht zähmen.
757. Der Tiger ist blos in Asien zu Haus;
eins der prächtigsten Thiere in der Natur, aber
fürchterlich, grimmig, sogar daß Männchen und
Weibchen gegen einander wüthen. Alle Thiere und
Menschen greift er an; nur der Elephant ist
sein Meister.
758. Der Leopard in Afrika; seine Haut ist
goldgelb mit einem kleinen schwarzen Fleken, unvergleich=
lich schön. Der Pardel, Panther, eben daselbst;
seine Flecken sind größer. Der kleine Panther
ist viel kleiner; alle sind tigermäßig grausam.
759. Der amerikanische Löwe in Peru ist
klein, ohne Mähne, hat einen kleinen Kopf und
+ist sehr grausam. Der amerikanische Tiger
verdient den Namen nicht, er ist furchtsam.
760. Der Luchs wohnt in großen und dichten
Wäldern hin und wieder. Er hat ein sehr scharfes
Gesicht, und ein schreckliches Gebiß; er lauert auf
den Bäumen, und stürzt sich auf das vorbeygehende
Wildpret herab.
761. Die Hauskatze ist uns allen bekannt;
es giebt auch noch wilde Katzen, die von den
zahmen nur der Farbe nach verschieden sind.
134
Thiere mit ungespaltenen Hufen.
762. Hier nimmt das Pferd den ersten Raum
ein. Ursprünglich wilde Pferde giebts nicht mehr;
sie sind durch die Kultur sehr veredelt worden. Die
arabischen Pferde sind die besten.
763. Der Esel ist ein sehr nützliches, genügsa=
mes Hausthier. Die wilden Esel sind in der Tar=
tarey zu Haus; sie ziehen im Herbst in großen
Heerden nach Indien und Persien; sie sind außer=
ordentlich schnell i Laufen. Die Maulesel ent=
stehen durch die Paarung von Pferden mit Eseln.
764. Der Zebra oder südafrikanische
Esel ist wegen seiner regelmäßig, braun und weiß
gestreiften Haut unvergleichlich schön, aber sehr wild
und unbändig, sehr schnell, und schwer zu zähmen.
Thiere mit gespaltenen Klauen.
765. Diese Klasse enthält die wichtigsten und
nützlichsten Hausthiere. In dem ganzen südlichen
Asien und nördlichen Afrika ist das Kameel das
nützlichste und unentbehrlichste Hausthier. es trägt
1000 Pfund, nährt sich von den schlechtesten Ge=
wächsen, hungert und dürstet lang, und geht 12
Meilen in einem Tag.
766. Das Kameel mit zwey Buckeln, Dro=
medar, oder Trampelthier, lebt im mittleren
Asien, hin und wieder in großen Heerden; man
braucht es wegen seinem schnellen Lauf und natürli=
chem Sattel mehrentheils nur zum Reiten.
135
767. Das Blacma, Kameelziege, Gua=
naco, ist vorzüglich in Peru ein sehr nützliches
Hausthier. Es ist kleiner als das Kameel, auch
ohne Buckel, trägt 150 Pfund, und ähnelt der
Ziege; es wird zum Fortbringen der Waaren
gebraucht. Das Pacos ist ihm ähnlich.
768. Die Vicunna, Vicogne, das Schaaf,
Kameel in Peru, ist wild, und läßt sich nicht
zähmen; es hält sich in großer Menge in den Ge=
brigen auf, und wurd durch mühsames Treibjagen
um seiner schönen rothbraunen Wolle willen ge=
fangen.
769. Das Schaaf ist nirgend mehr wild zu
finden, und überhaupt das zahmste Thier unter
allen. Die Schaafe in Thibet haben unter allen
die feinste Wolle, woraus die kostbarsten Shawls
Tibet; Schal.
gemacht werde.
770. Die marocanischen, spanischen und engli=
schen Schaafe haben sehr feine Wolle; auch due
Isländische, welche vier bis acht Hörner haben.
Das Hörner tragen scheint bey den Schaafen Spiel
der Natur zu seyn. Die Widder haben aber
immer krumm gebogene Hörner.
771. Die Ziege ist in unfruchtbaren Gegenden
eins ehr nützliches Hausthier, weil sie bey magerer
Weide viel Milch giebt. Das wilde Stammge=
schlecht scheint der im Caucasischen Gebirge sich auf=
haltende Bezoarbock zu seyn.
Paseng, Hirschziegenantilope.
772. Man soll Schaafe und Ziegen nicht
mit einander auf die Weide treiben, weil sie sich
zuweilen paaren, wodurch die Wolle schlechter wird.
Die Ziegen haben nach der Regel immer Hörner.
773. Die Angorische Ziege unterscheidet
sich durch ihr schneeweißes seidenartiges Haar, das
bis auf den Boden hängt, und die Kameelhaare
giebt. Der Bock hat außerordentlich große Hörner.
136
774. Der Steinbock, größer als die Ziege,
wohnt höher als die Gemsen, auf den unzugäng=
lichsten Felsenhörnern. Er hat einen Bart wie die
Ziegen, und große knotigte Hörner; er springt von
einem Felsen auf den andern über Abgründe weg.
775. Die Gemse lebt ebenfalls in den hohen
Alpen, doch nicht so unzugänglich wie der Stein=
bock. Zahm gemachte Gemsen sollen sich mit
den Ziegen paaren. Ihr Fleisch ist ein wohl=
schmeckendes Wildpret, und ihre sämischgegerbte
Haut zart, geschmeidig und fest.
Adelung: Eine Art sehr weichen und geschmeidigen Leders, welches sich wie ein gewebter Zeug behandeln läßt
776. Die Gazelle ist ein schönes, kleines,
schlankes Thierchen, mit muntern schwarzen Augen,
das im Orient allenthalben und in Nordafrika zu
Haus ist. Die Dichter brauchen es als Bild einer
weiblichen Schönheit.
777. Der Gnu, ein sehr sonderbares Thier in
Südafrika; er ist so groß wie ein kleines Pferd.
Die Hörner stehen vorwärts, hat Bart und Mähnen
und eine auffallende Bildung, die zwischen den
Antilopen und Ochsen das Mittel hält.
778. Das Rindvieh stammt ursprünglich vom
Auerochsen her, der noch in Polen, Lithauen
und Sibirien gefunden wird; es ist durch die ganze
bekannte Welt ausgebreitet, und bey der Landwirth=
scahft unentbehrlich.
779. Der Grad der Güte und des Nutzens des
Rindviehs hängt vorzüglich von der Güte des Fut=
ters und der Weiden ab. Die Schweiz, Friesland,
Ungarn und Polen, haben auf dem festen Land das
beste Rindvieh; England und vorzüglich Irland
desgleichen.
780. Wo man gesunde süße Weiden und Wiesen
hat, da gedeiht das Rindvieh am besten. Die
Stallfütterung ist da nur anwendbar, wo es an
Weiden und Wiesen fehlt.
137
781. Der Buckelochse ist das größte Land=
Bison.
thier in Amerika; seine Hörner stehen sperrigt
auseinander; er hat einen starken Buckel und sehr
lange Mähnen; er lebt heerdenweise in sumpfigten
Wäldern im gemäßigten Nordamerika. Im Winter
ist er behaart, im Sommer nackt; sein Fleisch
ist sehr gut.
782. Der Büffel ist ursprünglich in Thibet
zu Haus, aber nun weit verbreitet. er ist un=
fläthig und unbändig; er muß mit einem Ring
in der Nase geleitet werden. Er ist sehr stark, schwarz
und dünn behaart, die Haut sehr fest. Milch, Butter,
Käß und Fleisch ist besser als vom Rindvieh.
783. Der Ziegenochse ist ebenfalls in Thibet
zu Haus; wird aber auch in Indien als Hausthier
gehalten; er ist kleiner als unser Rindvieh, hat
Ziegenhaare, eine grunzende Stimme, und einen
schönen langhaarigten Schwanz, der in Indien
hochgeschätzt wird.
784. Der Giraffe lebt im innern Afrika; er
hat einen langen Hals, kleine Hörner mit Haut
überzogen, einen kurzen Leib, sehr lange Vorder=
und kleine Hinterfüße, 16 Fuß hoch, eine schön
gefleckte Haut; er lebt von dem Laub der Bäume,
das er mit seiner langen aalförmigen Zunge herab holt.
785. Es giebt verschiedene Hirscharten, die
man an ihren ästigten Hörnern oder Geweihe er=
kennt; sie haben nur einen kurzen Schwanz, und
laufen sehr schnell. Hieher gehört das Elenn=
Elch.
thier, der Damhirsch, das Rennthier, der
gewöhnliche Hirsch und das Reh.
786. Das Elenn oder Elennthier hat ein
schaufelförmiges ästiges Geweih, ist fast so groß
wie ein Pferd; es wohnt auf der ganzen nördlichen
Erde. Es wiegt über 1200 Pfund, und sein Gehörn
zwischen 50 und 60 Pfund; es läßt sich zähmen,
138
und heerdenweis auf die Weide treiben, Die Haut
ist sehr stark, und das Fleisch schmackhaft.
787. Der Damhirsch ist klein; er ist verän=
derlich in der Farbe. Man hat braungefleckte und
auch ganz weisse Damhirsche.
788. Das Rennthier lebt nur in den nörd=
lichsten Gegenden der Erde, wo es aber auch so
nützlich ist, daß kein anderes Thier damit verglichen
werden kann. Es nährt sic Sommer und Winter
selbst, und nährt die Menschen mit Milch und Fleisch.
Alle Theile seines Körpers werden benutzt.
789. Unser gewöhnlicher Hirsch wirft gern
das Frühjahr sein Geweih ab, und bekommt in
einem Vierteljahr ein neues mit mehr Enden. Er
wird gegen 30 Jahr als; sein Nutzen ist uns bekannt.
790. Der Rehbock und das Reh sind viel
kleiner, schnellfüßig und schön von Gestalt. Der
Bock hat auch ein Geweih mit Enden, das er abwirft.
791. Das Bisamthier wohnt in den Gebir=
gen von Thibet; es ist sehr scheu, wild und flüchtig.
Das Männchen enthält am Hintertheil seines Leibes
eine Höhle oder Beutel, in welchem das kostbare
wohlriechende Arzneymittel, der Moschus, enthal=
ten ist.
792. Das Schwein ist über die ganze Erde
verbreitet, und allenthalben ein Hausthier; nur
wo Mahomedaner wohnen wird es nicht geduldet.
Islam; Mohammedaner.
Seine Eigenschaften sind allgemein bekannt.
793. Ob sich gleich das wilde Schwein mit
dem zahmen paart, so scheints doch, daß die wilden
und zahmen ursprünglich verschieden sind.
794. Das Emgalo im Innern von Südafrika
Emgalo = Emgallo = Warzenschwein.
und auf Madagaskar, das Bisamschwein in
Nabelschwein = Moschusschwein, D. labiatus Cuv.
Südamerika, und der Schweinhirsch auf den
Adelung: Babirussa (Babirussa alfurus); Hirscheber
Molukkischen Inseln sind merkwürdige Schwein=
arten.
139
Die ungeheuern Thiere.
795. Diese sind große dem Ansehen nach plumpe
Fleischmassen, meist mit dicken Füßen, starkem aber
dünn behaartem Fell, wenige Geschlechter, und
jedes nur von einer oder ein paar Gattungen.
796. Der Tapir in Südamerika ist dort das
größte Landthier, von der Größe eines Ochsen;
er hat viel Aehnliches mit den Schweinen, einen
kurzen Elephanten=Rüssel, ist sehr furchtsam, lebt
des Tags in sumpfigten Wäldern.
797. Der Elephant wohnt in Asien und
Afrika, vorzüglich auf der Insel Ceylon;
er ist unter allen das größte Landthier, wird gegen
15 Schuh hoch, läßt sich leicht zähmen, und kommt
in Ansehung des Verstands dem Menschen am
nächsten. Mit seinem Rüssel kann er erstaunliche
Dinge verrichten.
793. Der Elephant bekommt im dritten und
vierten Jahr die großen Eckzähne, die mehrere Fuß
lang gerade aus dem Maul gabelförmig hervorragen;
sie sind das Elfenbein.
799. Das asiatische Nashorn wohnt in Ost=
indien; es hat auf der Oberlippe ein Horn, wel=
ches nur mit der Haut verwachsen ist, und womit
es allerhand verrichten kann. Es ist dumm und
ungelehrig, hat eine Haut voller Falten und Run=
zeln. In Afrika findet man diese Thiere mit zwey
Nashörnern übereinander.
800. Das Fluß= oder Nilpferd ist ein scheuß=
liches wahrhaft ungeheures Thier; sein Kopf ist
äußerst groß und unförmlich, der Rachen schrecklich;
es ist dickleibig, kurzbeinig, wiegt viertehalb tausend
Pfund, liegt im Schilf, nährt sich von Gewächsen
und Fischen; sein Fleisch ist genießbar.
140
Säugethiere mit Schwimmfüßen.
801. Der Biber wohnt im Norden, besonders
häufig im nördlichen Canada, an Landseen und großen
Flüssen, in großen Gesellschaften zu mehreren Hun=
derten beysammen. Der Bau ihrer Wohnungen ist
wunderbar, und ihre Lebensart unbegreiflich; seine
Haare und das Bibergeil sind wichtige Waaren.
802. Die Fischotter hat mit dem Biber
einerley Heimat; sie gräbt sich ihre Wohnungen in
die Ufer, der Eingang ist unter Wasser, oben
ist ein Luftloch. Jung läßt er sich zähmen und zum
Fischfang abrichten; ihr Pelz ist schön, ihr Fleisch
kaum eßbar.
803. Die Meerotter wohnt nahe am Meer
in süßen Wassern, besonders um Kamtschatka her=
um. Ihr schwarzes und silbergraues Fell ist der
schönste Pelz unter allen; eins kostet gegen 150
schwere Thaler.
804. Der Seehund wohnt in nördlichen
Meeren, und lebt von Seetang, Fischen und Hä=
ringen. Er ist ein wahres Amphibium, denn er
lebt im Wasser und auf dem Trockenen. Seine Haut
wird zum Ueberziehen der Koffer und andern Be=
kleidungen häufig gebraucht.
805. Der Seehund ist für die Grönländer,
Esquimaux, Kamtschadalen u. s. w. ein außeror=
Eskimos.
dentlich nützliches Thier. Was den Lappländern
das Rennthier ist, das ist der Seehund den
Grönländern, den sie mit wunderbarer Geschicklich=
keit zu fangen wissen.
806. Der Seebär wohnt im Sommer heer=
Bärenrobbe, Ohrenrobbe, Otaria Péron.
denweise auf den Inseln bey Kamtschatka, zieht
aber im Winter südlich. Der Seelöwe hat Mäh=
ren; er ist häufig im stillen Meer zu finden. Von
beiden Thierarten wissen wir wenig.
141
807. Das Wallroß lebt in sehr großer Menge im
Eismeer; es hat zwey Zähne, die wie große Hacken
aus dem Rachen abwärts gehen. Es nährt sich
von Seetang und Schaalthieren; es hat einen
plumpen schweren Körper.
808. Die Seekuh lebt in den wärmeren Meer=
gegenden; sie hat etwas Aehnliches mit dem Ober=
theil des Menschen, ist auch gleichsam mit Händen
versehen. Ihr Fleisch ist genießbar.
809. Die bisher beschriebenen Thiere mit
Schwimmfüßen sind eigentliche Amphibien, weil
sie im Wasser und auf dem Trockenen leben. Die
folgenden aber halten sich beständig im Wasser auf.
810. Das See=Einhorn oder der Narhwal
hat lange, gedrehte, spießförmige Zähne, so sein, wie
Helfenbein, die aus dem Oberkiefer gerade ausge=
Elfenbein.
hen, und so lang wie er selbst, das ist gegen 18 Fuß,
lang werden. Er lebt im Nordmeer.
811. Der Wallfisch ist das größte Thier, das
wir kennen; er kann 1000 Centner schwer werden.
Er wohnt gegen den Nordpol zu, kommt aber auch
oft ins Atlantische und besonders häufig ins stille
Meer.
812. Wenn der Wallfisch sein gehöriges Alter
erreicht, so kann er 120 Schuh lang werden. Jetzt
da man diesen Thieren so häufig nachstellt, werden
sie selten über 60 bis 70 Fuß lang. Sie sind sehr
dick, und der ungeheure Kopf macht fast die Hälfte
des Thiers aus.
813. Der Wallfisch hat eine schwarze oder
schwarz und weiß gesprenkelte daumendicke Haut.
Die Kamtschatalischen und nordwestlich=amerika=
nischen Insulaner haben am Wallfisch alles, was
sie brauchen.
814. Die Europäer fangen den Wallfisch in den
nördlichen Meeren im May, wo man ihrer oft
142
viele beysammen findet. Der Thran und das Fisch=
bein geben dem Wallfisch einen Werth von unge=
fähr 10,800 Gulden.
815. Man kann zwischen 3 bis 400 Schiffe
rechnen, die jährlich auf den Wallfischfang auslau=
fen. Das Speck giebt den Thran und die Barden
im Rochen das Fischbein; man schießt ihn mit
Harpunen.
816. Der Finnfisch ist schmäler als der Wall=
fisch, sonst von der nämlichen Größe. Er wohnt
auch im Norden, vorzüglich aber auch in der Südsee.
817. Der Caschelott oder Pottfisch, bey=
nahe so groß wie der Wallfisch, hat einen unge=
heuren Rachen, und kann klafterlange Hayfische
verschlingen. Man fängt ihn des feinen und an=
genehmen Wallraths, sperma ceti, wegen, das
Walrat (Cetaceum, Sperma ceti), fettartige Substanz, die sich im flüssigen Zustand in Hohlräumen unter der Haut des Pottwals findet und nach dem Tode des Tieres kristallisiert.
sich hin und wieder in seinem Körper, besonders
im Kopf befindet. Seine Exkremente enthalten oft
den wohlriechenden Ambra.
818. Der Delphin oder das Meerschwein
wohnt in den Europäischen Meeren, wird gegen
9 bis 10 Schuh lang; er lebt in Gesellschaft, und
nähert sich den Schiffen, wenn ein Sturm bevorsteht.
819. Der Nordkaper wohnt im nördlichen
Weltmeer, auch wohl im mittelländischen, wird
20 Fuß lang, und nährt sich im Norden von Häringen.
820. Die Mammuthsknochen findet man
zu Zeiten im nördlichen Rußland und in Nordame=
rika in der Erde. Sie sind von ungeheurer Größe,
und gehören einem Thier an, das jetzt nicht mehr
gefunden wird.
---
S. [143:]
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Einleitung. §. 1 – 15.
Vom Elementar=Reich. §. 16 – 113.
Von der Kalkerde. §. 114 – 128.
Von den Thonarten. §. 129 – 152.
Von der Schwer=Erde. §. 153 – 155.
Von der Talg= oder Bittersalz=Erde. §. 156 – 161.
Von der Gebirgkunde. §. 162 – 176.
Von den Metallen. §. 177 – 208.
Von den halben oder unedlen Metallen. §. 209 – 226.
Von den Erdharzen. §. 227 – 244.
Von den mineralischen Salzen. §. 245 – 259.
Von den Versteinerungen. §. 260 – 269.
Mittelwesen zwischen dem Steinreich, dem Pflanzen=
und Thierreich. §. 270 – 275.
Vom Pflanzenreich. §. 276 – 359.
Von der Thierlehre. §. 360 – 422.
Von den Insekten. §. 423 – 507.
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Von den Fischen. §. 508 – 542.
Von den Amphibien. §. 543 – 586.
Von den Vögeln. §. 587 – 670.
Von den Wasservögeln. §. 671 – 690.
Von den Säugethieren. §. 697 – 701.
Die zweyhändige Ordnung. §. 702 – 705.
Vierhändige Thiere. §. 706 – 719.
Die fliegenden Säugethiere. §. 720. 721.
Die mausartigen Thiere. §. 722 – 735.
Die Wieselarten. §. 736- 747.
Die reissenden Thiere. §. 748 – 761.
Thiere mit ungespaltenen Hufen. §. 762 – 764.
- - gespaltenen Klauen. §. 765 – 794.
Die ungeheuren Thiere. §. 795 – 800.
Säugethiere mit Schwimmfüßen. §. 801 – 820.
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S. 145 f. vakat.